Hohenkammer. Appell an Lindener und die FDP: Ein parteiübergreifendes Spontanbündnis der 16 Länderwirtschaftsminister setzt sich für einen Industriestrompreis ein.
Die 16 Bundesländer fordern vom Bund einstimmig die schnelle Einführung eines günstigen Industriestrompreises. Parteipolitische Unterschiede habe es bei dem Treffen der Wirtschaftsminister und -ministerinnen nicht gegeben, berichtete die Hamburger Ressortchefin Melanie Leonhard nach der Konferenz im oberbayerischen Hohenkammer. „Der Transformationsstrompreis muss zeitnah eingeführt werden und sollte einfach, ohne hohen bürokratischen Aufwand zugänglich und umsetzbar sein“, heißt es in der vorläufigen Fassung des Beschlusses.
Der Appell richtet sich in erster Linie an Finanzminister Christian Lindner und seine FDP, die Zuschüsse zu den Stromrechnungen der Unternehmen ablehnen. Um nicht in Konflikt mit beihilferechtlichen EU-Vorschriften zu geraten, soll der Industriestrompreis nach dem Beschluss der Länderminister nur für Industrieunternehmen gedacht sein und nicht für das Handwerk - obwohl viele Minister das befürworteten. „Wir haben hier schweren Herzens einen Schwerpunkt gesetzt“, sagte die SPD-Politikerin Leonhard.
Europarechtlich würde der Industriestrompreis demnach als „besonderer Ausgleichsmechanismus“ definiert. Einen solchen habe die EU bereits einmal akzeptiert, sagte Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). „Wir werden den Bäcker und Metzger nicht in diese Liste hineinbringen, weil die EU sonst sagt, ich akzeptiere überhaupt nichts.“ Für kleine Betriebe wollen die Minister nach Aiwangers Worten andere Hilfsmöglichkeiten finden.
„Die Einigung muss auf Ebene der Bundesregierung erfolgen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) über die Diskussionen mit der FDP. „Da sind wir noch nicht. Aber die Haushaltsberatungen und das parlamentarische Verfahren beginnen jetzt erst.“ Auch Kanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich im Mai skeptisch über einen subventionierten Industriestrompreis geäußert.
Der Fraktionsvorsitzende der FDP im Bundestag, Christian Dürr, sagte der dpa, alle Unternehmen litten unter den hohen Energiekosten. „Der Industriestrompreis würde wettbewerbsverzerrend zugunsten der Industrie wirken. Das hielte ich für falsch. Für kleine Betriebe, private Haushalte und mittelständische Unternehmen würde der Strompreis nicht um einen einzigen Cent sinken - sondern sie würden das Ganze finanziell stemmen müssen.“
Die Energiekosten müssten dauerhaft für alle sinken. Das gehe nur durch Diversifizierung und eine Bandbreite an Technologien. „Dazu würde ich mir kluge Vorschläge von den Ländern wünschen, anstelle von Forderungen nach immer neuen Subventionen.“
Minister gegen Kürzung bei Wirtschaftsförderung
Parteiübergreifend einig gegen Lindner präsentierten sich die 16 Länderminister auch im Protest gegen geplante Kürzungen der Zuschüsse für Luft- und Raumfahrt und die regionale Wirtschaftsförderung. Bei letzterer will Lindner nach Länderangaben die Zuschüsse des Bundes für die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur - kurz GRW-Mittel - auf 300 Millionen Euro halbieren.
„Wir haben den Bund aufgefordert, die GRW-Mittel nicht zu kürzen“, sagte Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen. Bund und Länder zahlen dabei anteilig die Hälfte der Fördermittel. Ein Euro vom Bund und ein Euro vom Land zögen jeweils acht Euro private Investitionen nach sich, sagte der CDU-Politiker. Eine Kürzung wäre das falsche Signal.
Das sieht Habeck ebenso. „Wir haben eine Phase von wirtschaftlicher Schwäche.“ Die GRW-Mittel gingen zielgerichtet in strukturschwache Regionen. „Dies in dieser Situation zu rasieren, halte ich für falsch und die Wirtschaftsministerkonferenz auch.“