Hamburg. Dorian Lipaj hat mit dem Start-up Mr Wipe einen digitalen Schuhservice gegründet. Jetzt erweitert er sein Geschäftsmodell.

Klar, dass Dorian Lipaj Sneaker trägt. Nicht irgendwelche, sondern ein Modell von der angesagten britischen Marke Represent. Natürlich weiß. Dass die Schuhe aussehen wie neu, ist so was wie seine Visitenkarte. Vereinfacht gesagt ist Dorian Lipaj Schuhputzer. Vor zwei Jahren hat er Mr Wipe gegründet, einen digitalen Service rund um Schuhe. Der Hamburger übernimmt nicht nur die – lästige – Reinigung für andere, sondern erledigt auch Pflege und Reparaturen. „Mr Wipe ist eine Plattform zur Erhaltung von Schuhen“, beschreibt der Jungunternehmer sein Geschäftsmodell.

An diesem Vormittag steht der 24-Jährige im Ladengeschäft von Meister Josuweit im Levantehaus. Der Anbieter von maßgefertigten Schuhen für Herren ist eine Abgabestelle für Lipajs Service. In einem Regal stehen mehrere Paar Sneaker, die meisten von Premiummarken wie Gucci, Chanel oder Louis Vuitton. Alle haben mal mehrere Hundert Euro gekostet. Jetzt sehen sie ziemlich mitgenommen aus. „Hier löst sich die Laufsohle“, sagt Lipaj und zeigt auf ein limitiertes Modell des Nike-Basketballstiefels Air Jordan. Andere haben Flecken oder sind schlicht dreckig. „Die Kunden bringen mir oft ihre Schuhe, die sie gerne weitertragen wollen. Aber es geht auch um Werterhalt“, sagt der Mann, der Mr Wipe ist.

Limitierte Sneaker-Modelle sind auch eine Wertanlage

Schuhe von Luxus-Modemarken und limitierte Modelle sind oft Sammlerstücke. Ungetragen und im Originalkarton können sie schon mal mehr als ein Auto kosten, werden auf dem Online-Marktplatz StockX gehandelt oder bei Sotheby’s versteigert. Aber auch getragene Sneakers können Liebhaberstücke sein, mit denen sich auf den Secondhand-Plattformen Kasse machen lässt. Genau auf diese Kunden setzt der Sneakerputzer.

Angefangen hatte er schon vor zwei Jahren während seines Studiums. Dorian Lipaj ist selbst großer Sneaker-Fan und hat diverse teure Paare zu Hause in Langenhorn im Schrank. Weil er bei der Suche nach einem Reinigungs- und Aufbereitungsservice für die guten Teile nicht fündig wurde, machte er sich schließlich selbst an die Arbeit. „Ich hatte mir vorher einige YouTube-Videos angeschaut“, erinnert er sich. So entstand die Idee, seinen Service über Freunde, Bekannte und soziale Medien auch anderen anzubieten. Sein erster offizieller Auftrag war ein Paar Schuhe der italienischen Luxusmarke Balenciaga, Modell Arena. Neupreis: ab 750 Euro.

Auch HSV-Profi Moritz Heyer lässt hier Sneaker putzen

„Das lief gut“, sagt er. Weitere Kunden brachten ihm ihre Schuhe. 2021 nahm Lipaj, der eine Ausbildung im Designbereich und an einer privaten Hochschule ein Bachelorstudium in Markenentwicklung absolviert hat, einen Gründerkredit über mehr als 40.000 Euro auf und machte sich mit Mr Wipe selbstständig. Der Name ist Programm – „to wipe“ heißt aus dem Englischen übersetzt wischen. Nach dem anfänglichen Erfolg kam schon nach sechs Monaten die erste Ernüchterung. Auch darüber spricht der Langenhorner offen. Im vergangenen Frühjahr und Sommer pausierte er mit seinem Service, machte Schulungen und entwickelte einen neuen Businessplan.

Jetzt ist Mr Wipe wieder da. Alles rund um Sneaker macht er in seiner Werkstatt in Norderstedt – per Hand. Neben der Abgabestelle in der Hamburger Innenstadt bietet er innerhalb Hamburgs einen Kurierservice an, über den die Schuhe beim Kunden abgeholt werden. Deutschlandweit arbeitet er mit einem Paketdienst zusammen. Bevor er einen Auftrag annimmt, prüft er über Fotos den Aufwand und macht einen Kostenvoranschlag. „Dadurch kann ich die Arbeit besser planen.“ Der Grundpreis liegt bei 34 Euro. In der Regel kostet es bei ihm 120 bis 130 Euro, um ein Paar Schuhe aufbereiten zu lassen. Etwa 600 Kunden hat er inzwischen in der Kartei, dazu gehören unter anderem die Fußballprofis Moritz Heyer und Valon Zumberi vom HSV sowie Kwasi Okyere Wriedt von Holstein Kiel.

Dass das Geschäft mit der Sneakerreinigung läuft, habe auch damit zu tun, dass traditionelle Schuhmacher mit dem Thema wenig oder gar nichts am Hut haben, sagt Jungunternehmer Dorian Lipaj. Ganz neu ist die Idee allerdings nicht. Schon seit 2016 bietet Danilo Klette in Hamburg unter dem Namen Sneakercleaner einen ähnlichen Service an. Vor einigen Jahren war die Welle aus den USA nach Europa geschwappt, auch in Berlin, Köln und Stuttgart gibt es Anbieter.

Mr Wipe: Zusammenarbeit mit Hamburger Schuhmachern

Dorian Lipaj hat sein Geschäftsfeld inzwischen deutlich ausgebaut. Auch Lederschuhe kann man über ihn reparieren lassen. „Dafür arbeite ich mit mehreren Schuhmachern in Hamburg zusammen“, sagt er. Gerade hat er mit einem Partner aus der Branche auch eine eigene Serie mit Mr-Wipe-Pflegeprodukten entwickelt. In dem Set für 44 Euro sind Reinigungsmittel, Imprägnier- und Duftsprays sowie drei Bürsten enthalten. Ein weiteres Standbein soll eine eigene Plattform für den An- und Verkauf von – zuvor auf Echtheit geprüften – Luxus-Secondhand-Sneakern werden. Dabei übernimmt Mr Wipe bei Bedarf auch die Aufbereitung vor dem Verkauf.

„Mit richtiger Pflege leben Schuhe länger. Das ist nachhaltig, weil es verhindert, dass sie im Müll landen und umweltschädigende Emissionen verursachen“, sagt der Gründer. Um dafür mehr Menschen zu begeistern, verhandelt er gerade mit einem großen Einzelhändler in Hamburg. „Die Idee ist, dass ich im Laden einen Arbeitsplatz habe, wo ich zu bestimmten Zeiten Schuhe annehmen und gleich bearbeiten kann.“