Hamburg. Gasheizungen mit Biogas oder Wasserstoff zu betreiben könnte eine Option sein. Hamburg plant ein erstes Pilotprojekt. Was Experten sagen.

  • Wärmepumpen sollen in Zukunft die Lösing beim Heizen sein. Doch es gibt noch andere Alternativen.
  • So soll durch Gasheizungen künftig auch Wasserstoff fließen. Doch sind die gängigen Modelle dafür überhaupt ausgelegt?

Alle reden von der Wärmepumpe. Doch es soll auch Alternativen geben. Mit Biogas oder grünem Wasserstoff könnten künftig Gasheizungen betrieben werden. Technologieoffenheit wird von der Politik versprochen. Doch wie sieht es damit praktisch aus? Verträgt Hamburgs Gasnetz Wasserstoff? Wie kann das Angebot an Biogas gesteigert werden? Welche Übergangsfristen lässt Habecks Heizungsgesetz zu? Das Abendblatt sprach mit Experten und beantwortet die wichtigsten Fragen zu Alternativen der Wärmepumpe.

Gasnetz Hamburg: Kann dadurch auch Wasserstoff strömen?

Die im deutschen Gasnetz verbauten Stahlrohrleitungen sind für den Transport von Wasserstoff geeignet, hat eine Studie des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfachs (DVGW) ergeben. Nur einzelne Einbauteile müssten ertüchtigt oder ausgetauscht werden. Gasnetz Hamburg bestätigt diese Einschätzung für das knapp 8000 Kilometer lange Hamburger Netz. „Wir rechnen mit überschaubaren Modifikationen für einen möglichen Wasserstoffbetrieb“, sagt Bernd Eilitz, Sprecher von Gasnetz Hamburg. Allerdings müssen für Wasserstoff und Erdgas getrennte Leitungen zur Verfügung stehen.

Wie realistisch ist das?

„Wir planen, direkt in der Nähe des geplanten Hamburger Wasserstoff-Industrie-Netzes HH-WIN einen ganzen Straßen-Netzabschnitt, bei dem wir ab 2025/26 testweise die Umstellung eines Erdgas-Netzabschnitts auf 100 Prozent Wasserstoff erproben werden“, sagt Eilitz. Bei dem Pilotprojekt in Harburg soll es sich um eine kleine Straße mit gut einem Dutzend Anliegern handeln.

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Allerdings macht Eilitz deutlich, dass der Wasserstoffanschluss für den Privathaushalt nicht die Regel sein wird, sondern eher für die Industrie und große Wohnungsbauunternehmen oder Genossenschaften mit leistungsfähigen Heizzentralen zur Verfügung stehen wird. Das Hamburger Wasserstoffnetz soll in künftigen Ausbaustufen auch Industriestandorte im Nordwesten, im Süden und im Osten Hamburgs erreichen. Im Nordwesten sind von Langenhorn bis Lokstedt Wasserstoffanschlüsse möglich. Mit einem Cluster Hamburg Ost ist der Anschluss im Industrieschwerpunkt von Hammerbrook bis Billbrook realisierbar. Das Cluster Nordost könnte Industriestandorte zwischen Jenfeld, Tonndorf und Öjendorf abdecken. „In den Gebieten dort sind durchaus auch Anschlüsse von Wohngebäuden machbar“, sagt Eilitz.

Sind die Gasheizungen für Wasserstoff geeignet?

„Eine Reihe unserer Gas-Brennwertkessel sind schon heute für die Beimischung von bis zu zwanzig Prozent Wasserstoff geeignet“, sagt ein Sprecher der Heizungsmarke Buderus, die zu Bosch gehört. So ähnlich antworten auch andere Hersteller von Gasbrennwertgeräten. Die bisherigen Geräte können in der Regel mit einer Wasserstoff-Beimischung von maximal 30 Prozent betrieben werden.

Die Hersteller Viessmann und Vaillant haben nach eigenen Angaben serienreife Geräte, die 100 Prozent Wasserstoff verbrennen können und die derzeit Langzeittests unterzogen werden. „Diese H2-ready-Brennwertgeräte lassen sich mit wenigen Handgriffen vom Betrieb mit Erdgas bzw. Erdgas/Wasserstoff-Gemischen auf den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff umstellen“, sagt Wolfgang Rogatty von Viessmann.

Ist Wasserstoff kompatibel mit Habecks Heizungsgesetz?

Grundsätzlich ist der Energieträger zugelassen, und potenzielle Nutzer haben auch mehr Zeit, ihre Heizung zunächst noch mit fossilem Gas zu betreiben. Allerdings gilt das nur für Gasheizungen, die zu 100 Prozent Wasserstoff verbrennen können. Diese Geräte sind noch nicht am Markt. Angenommen: Das Gesetz tritt wie geplant am 1. Januar 2024 in Kraft. Ein Jahr später würde in einem Haus die alte Gasheizung kaputtgehen und auch nicht mehr repariert werden können.

Für die Umstellung auf ein Heizsystem mit einem Anteil von 65 Prozent an erneuerbarer Energie hätte der Besitzer drei Jahre Zeit, weil eine neue Wärmepumpe nicht gleich verfügbar ist. Entscheidet er sich für eine Wasserstoff-Gasheizung hätte er Zeit bis zum 1. Januar 2030. Ab diesem Zeitpunkt müsste er mindestens 50 Prozent grüne Gase beziehen. Das sind Biomethan, synthetisches Gas oder erneuerbarer Wasserstoff, der aus Wind- Sonne- oder Wasserenergie gewonnen wird.

Ab dem 1. Januar 2035 muss das Netz dann auf 65 Prozent Wasserstoff umgestellt sein. Damit Hauseigentümer nicht einfach darauf vertrauen, ihr Anbieter werde das schon regeln, heißt es im Gesetzentwurf: „Die H2-Ready-Heizung als Erfüllungsoption ist daher im Übergang nur zulässig, wenn der Umbau des Gasnetzes auf Wasserstoff tatsächlich bis 2035 realistisch ist und vom Gasnetzbetreiber, an den die Heizung angeschlossen ist, geplant und mit konkreten Investitionsschritten der Plan unterlegt ist.“

Gibt es genügend grünen Wasserstoff?

Grüner Wasserstoff wird per Elektrolyse aus Wasser hergestellt. Das Wasser wird dabei unter Verwendung von Strom aus erneuerbaren Quellen in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Das macht den Wasserstoff klimaneutral und grün. Zur künftigen Verfügbarkeit gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Die Versorgung mit grünem Wasserstoff werde „kurzfristig knapp und langfristig unsicher“ bleiben, urteilt das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Dagegen geht der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfachs (DVGW) davon aus, dass der Bedarf bereits ab dem Jahr 2030 mehr als gedeckt werden kann.

„Mit politischem Willen und den notwendigen Weichenstellungen können über die deutschen Verteilnetze ausreichende Mengen für alle Sektoren zur Verfügung stehen – für die Industrie und auch für die über 20 Millionen Haushalte, die heute mit Gas heizen“, sagt DVGW-Vorstandschef Gerald Linke. Demnach stehen im Jahr 2030 rund 290 Terawattstunden (TWh) CO2-armer bis klimaneutraler Wasserstoff zur Verfügung. Bis 2045 könnten es 850 TWh sein. Nach einer Studie von Greenpeace sollen die Produktionskosten von grünem Wasserstoff in Deutschland im Jahr 2030 zwischen 9 und 12 Cent je kWh liegen. Tendenz fallend bis 2050. Zum Vergleich: Der Börsenpreis für Erdgas liegt aktuell bei 4,4 Cent je kWh. Die Endpreise für die Verbraucher sind davon abhängig, mit welchen Steuern und Abgaben die Energieträger vom Staat belastet werden. Der Preisabstand zwischen beiden Energieträgern muss also nicht so groß bleiben.

Welche Alternativen zur Wärmepumpe lässt das Gesetz noch zu?

In Bestandsgebäuden kann nach dem Gesetzentwurf auch Biomasse weiterhin genutzt werden. Das sind Pellets und Biomethan. Methan ist der wesentlichste Bestandteil von Erdgas und Biogas. Es kann problemlos in das bestehende Erdgasnetz eingespeist werden und von bestehenden Gasheizungen verbrannt werden. Während Erdgas jedoch zur Klimaerwärmung beiträgt, zählt Biomethan aus Biogas zu den erneuerbaren, klimaneutralen Energieträgern und kann genutzt werden, um die 65-Prozent-Pflicht an erneuerbaren Energien beim Heizen zu erfüllen. Die zeitlichen Vorgaben sind wie beim Wasserstoff.

Welche Angebote gibt es in Hamburg?

Bereits seit 2011 fließt Biomethan aus dem Klärwerk Köhlbrandhöft ins Hamburger Gasnetz. Es wird dem normalen Erdgas beigemischt. Hamburg Energie bietet einen Erdgastarif mit einem 15-prozentigen Biogasanteil an (Preis 18,8 Cent/kWh). Damit können Hausbesitzer zumindest die aktuelle Hamburger Forderung erfüllen, dass bei einer neuen Gasheizung der Anteil erneuerbarer Energien bei 15 Prozent liegen muss. Der Hamburger Ökoenergieanbieter Lichtblick will prüfen, ob er bei Bedarf ein Gasprodukt mit 65 Prozent erneuerbarer Energie anbieten kann. Dieser Anteil an Biogas wäre auch für das Hamburger Gasnetz kein Problem.

Das Klärwerk Köhlbrandhöft im Hamburger Hafen ist an das Hamburger Gasnetz angeschlossen.
Das Klärwerk Köhlbrandhöft im Hamburger Hafen ist an das Hamburger Gasnetz angeschlossen. © Hamburg Wasser | Kristina Steiner

Gibt es genügend Biogas?

Deutschland hat in Europa den größten Bestand an Biogasanlagen. Doch von 10.000 Anlagen speisen nur 250 in das Gasnetz ein. „Ohne eine Ausweitung der Anbaufläche für Energiepflanzen könnte die Erzeugung von Biomethan von aktuell 10 TWh auf 65 TWh im Jahr 2030 gesteigert werden“, sagt Jörg Schäfer vom Fachverband Biogas. Dann könnten zu diesem Zeitpunkt rechnerisch 7,1 Millionen Haushalte in Häusern bis zum Baujahr 2002 mit Biogas beheizt werden. Bei dieser Rechnung schränkt Schäfer aber ein, dass Biomethan auch von der Industrie nachgefragt werde und nicht nur für den Wärmemarkt zur Verfügung stehe. Aktuell heizen rund 20 Millionen Haushalte mit Erdgas. Im Gesetzentwurf der Regierung wird der Preis für Biogas mit 65 Prozent erneuerbarer Energie mit 18 Cent je kWh angegeben.

Welche Alternative habe ich jetzt wirklich zur Wärmepumpe?

Der Einsatz von grünem Wasserstoff oder Biogas ist von Umständen abhängig, die der Immobilienbesitzer nicht beeinflussen kann. Zwar verspricht der Gesetzentwurf Technologieoffenheit, aber die Alternativen zur Wärmepumpe sind mit vielen Einschränkungen versehen. Wer neu baut, hat ohnehin nur zwei Alternativen: Wärmepumpe oder Anschluss an ein Wärmenetz. Im Bestandsbau ist die Pelletheizung die einzige Alternative, bei der man nicht von anderen Bedingungen abhängig ist.