Hamburg. Der Staat hilft, aber die Entlastung reicht von 42 bis 13 Prozent der jährlichen Energierechnung. Wer am meisten profitiert.
Spätestens in diesen Novembertagen laufen die Heizungen an. Doch viele Hamburger haben Angst vor den Kosten. Ob Gas, Öl oder Pellets – alle Energieträger sind deutlich teurer geworden. Wie entwickeln sich die Gaspreise? Wie wirkt sich die Gaspreisbremse aus? Mit welchen Kosten müssen die Nutzer von anderen Energieträgern rechnen? Wer kann mit der höchsten Entlastung rechnen? Ein Überblick zu Beginn der Heizsaison.
Heizkosten in Hamburg – wie entwickelt sich der Gaspreis?
Je näher der Winter rückt, desto stärker sinken die Gaspreise an der Börse. Eine Megawattstunde zur Lieferung im Dezember kostet 117 Euro, im August waren es noch mehr als 300 Euro. Diese Entwicklung macht sich inzwischen auch bei den Preisen für neue Verträge außerhalb der Grundversorgung bemerkbar. „Die Anbieter reagieren sehr schnell auf diese Entwicklung“, sagt Lundquist Neubauer vom Vergleichsportal Verivox.
Neukunden zahlen bei Sonderverträgen jetzt im Schnitt 20 Cent, damit hat sich der Preis innerhalb weniger Monate halbiert. „Die Ursachen für diese Entwicklung sind die fast komplett gefüllten Gasspeicher und die warme Witterung. Ein Überangebot stößt auf eine geringe Nachfrage“, sagt Neubauer. Es sei aber offen, wie sich die Preise an der Börse entwickeln, wenn es richtig kalt wird. Wegen der staatlichen Abgaben auf den Gaspreis und einer Gewinnspanne der Versorger unterscheidet sich der Börsenpreis noch deutlich von den Preisen für die Verbraucher.
Energiekrise Hamburg: Lohnt jetzt ein Anbieterwechsel schon?
Das hängt davon ab, wie teuer die jeweilige Grundversorgung ist. Denn es gibt eine gegensätzliche Entwicklung. Die Grundversorger erhöhen noch ihre Preise, während die Konditionen für Sonderverträge günstiger werden. „Die Entwicklung wird noch eine Weile andauern“, sagt Neubauer. In Hamburg ist E.on mit der Grundversorgung mit 11,224 Cent pro Kilowattstunde (kWh) noch deutlich günstiger als die preiswertesten Anbieter bei Verivox wie Maingau oder Brillant mit rund 20 Cent/kWh.
Inzwischen geben einige Anbieter auch wieder eine eingeschränkte Preisgarantie für zwölf Monate. Aber angesichts des Gaspreisdeckels ab März 2023 hat das nur noch geringe Bedeutung, denn der Wettbewerb wird damit weitgehend eingeschränkt. „Wir gehen davon aus, dass es bei den Grundversorgungstarifen weitere Erhöhungen geben wird“, sagt Neubauer. Letztlich würden sich die Preise wieder angleichen.
Wird E.on den Gastarif in der Grundversorgung weiter erhöhen?
Konkrete Angaben macht das Unternehmen nicht, aber wahrscheinlich ist eine Erhöhung, weil in Hamburg auch die Netzentgelte für Gas in 2023 überdurchschnittlich steigen. „Auch trotz kurzfristiger Entspannungen an den Märkten sind die Beschaffungskosten der Energieversorger im Verlauf des Jahres 2022 signifikant angestiegen“, sagt ein Unternehmenssprecher.
„Daher müssen sich Verbraucher – auch unabhängig bereits geplanter Entlastungsmaßnahmen seitens der Politik – insgesamt leider auf weiter steigende Energiepreise einstellen.“ Hamburg Energie wird seinen Gastarif Alsterufer für Bestandskunden um rund 131 Prozent auf 18,74 Cent pro kWh ab 1. Januar erhöhen.
Was bringt der Gaspreisdeckel?
Damit sollen Kunden für 80 Prozent ihres Verbrauchs maximal 12 Cent pro kWh zahlen. Die restlichen 20 Prozent werden dann zum regulären Preis des Versorgers abgerechnet. Wie teuer der Gasversorger ist, bleibt also dennoch von Bedeutung, auch weil die Grundgebühr nicht staatlich subventioniert wird. Ab März 2023 soll der Gaspreisdeckel wirken, eventuell auch schon ab Februar.
Welche Entlastung gibt es im Winter?
Wer einen direkten Vertrag mit seinem Gasversorger hat, wird von der Dezember-Abschlagszahlung befreit. So ist es vorgesehen, doch die Versorger antworten ausweichend, ob der Zeitplan wirklich zu halten ist. „Da das Soforthilfegesetz für Gas und Wärme noch nicht verabschiedet ist, können wir uns zu seiner Umsetzung zurzeit leider noch nicht konkret äußern“, sagt eine Sprecherin von Hamburg Energie. Im Hintergrund treffe man aber Vorbereitungen für die Umsetzung.
„Bei Kunden, die eine Einzugsermächtigung erteilt haben, ziehen wir – sollte alles so kommen wie geplant – keinen Dezember-Abschlag ein“, sagt die Sprecherin zu den Planungen. Ähnlich äußert sich auch E.on. Nach Einschätzung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist die Zeit für die Umsetzung der Entlastungen extrem knapp. Es müsse sichergestellt werden, „dass die Auszahlung des Erstattungsanspruches des Energieversorgers durch die staatliche Stelle noch im November 2022 erfolgt“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Aber es würden die technischen Voraussetzungen für das Antragsverfahren noch nicht vorliegen. Es ist also nicht sicher, dass jeder Gaskunde vom Dezemberabschlag entlastet wird. Die Entlastung müsste dann 2023 nachgeholt werden. Das Gesetz soll am 11. Dezember im Bundesrat verabschiedet werden.
Wie werden Mieter entlastet?
Sie haben meist keinen direkten Vertrag mit einem Gasversorger und zahlen die Heizkosten mit dem monatlichen Abschlag der Nebenkosten. Vermieter von zentralbeheizten Häusern sollen die Gutschrift vom Dezember auf den Mieter im Rahmen der Nebenkostenabrechnung von 2022 umlegen.
Die bekommt er frühestens im Frühjahr 2023. Zunächst spüren Mieter so keine Entlastung. Mieter, die seit Anfang 2022 bereits erhöhte Betriebskostenvorauszahlungen leisten, sollen im Dezember von der Pflicht zur Leistung des Erhöhungsbetrags befreit werden.
Was bringen alle Entlastungen?
Mit Blick auf ein Heizungsjahr, das von Oktober 2022 bis Ende September 2023 geht, hat diese Zeitung zusammen mit Verbrauchsdaten des Heizspiegels und von Verivox eine vereinfachte Modellrechnung zur Entlastung verschiedener Beispielhaushalte gemacht (s. Grafik). Die Kosten beziehen sich auf die Heizung und die Warmwasserbereitung. Dabei wird berücksichtigt, dass es für die Monate Oktober 2022 bis Februar 2023 noch keine Gaspreisbremse gibt.
Allerdings werden die geplante Übernahme des Dezember-Abschlags wie auch die Energiepreispauschale mit einberechnet. Bei der Gasheizung liegt die prozentuale Entlastung zwischen 42 Prozent für das gut gedämmte Einfamilienhaus und 34 Prozent für die durchschnittlich gedämmte Single-Wohnung.
Durch Gaspreisbremse und Energiepreispauschale werden Haushalte mit Gasheizung am stärksten entlastet, bei dem schlecht gedämmten Einfamilienhaus fließen rund 1450 Euro an staatlicher Unterstützung, bei der Single-Wohnung mit durchschnittlicher Dämmung sind es noch rund 580 Euro im Jahr. So reduziert sich die Gasrechnung im durchschnittlich gedämmten Einfamilienhaus von rund 4000 Euro auf rund 2560 Euro.
Wie sieht es bei Öl und Pellets aus?
Da es für die Nutzer von Pellet- und Ölheizungen keine Preisbremse gibt, schneiden sie bei der prozentualen Entlastung ihrer Energiekosten im Vergleich zur Gasheizung am schlechtesten ab. Sie erhalten nur die Energiepreispauschale. Die Werte liegen zwischen 30 Prozent für ein gut gedämmtes Einfamilienhaus, das mit Pellets beheizt wird, und 13 Prozent für ein durchschnittlich gedämmtes Einfamilienhaus mit Ölheizung.
Die höchsten Energiekosten nach Entlastung fallen für die Ölheizung an, in der Spitze sind es 2780 Euro beim durchschnittlich gedämmten Haus. Auch ohne Preisbremse bei Pellets hat diese Heizungsart die niedrigsten absoluten Kosten in allen Beispielfällen. Egal ob man das Ergebnis mit oder ohne Förderung betrachtet. Verbrauchswerte, also der Wärmebedarf in kWh pro Quadratmeter Wohnfläche, die vom Heizspiegel als „erhöht“ oder „zu hoch“ eingestuft werden, wurden nicht in den Beispielen berücksichtigt.
In der Praxis kann also die Rechnung für diesen Winter noch ungünstiger ausfallen. Betroffene mit diesen Heizungen könnten noch von einem Härtefallfonds profitieren.
Heizkosten: Wie wurde gerechnet?
Am Beispiel des gut gedämmten Einfamilienhauses mit Gasheizung wird die vereinfachte Modellrechnung erläutert. Es verbraucht im Heizungsjahr 2022/23 11.700 kWh Gas. Verivox ermittelte für den Oktober einen durchschnittlichen Gaspreis (mit Grundpreis) von 20,54 Cent pro kWh. Dieser Preis ist die Basis für die Berechnungen. Ohne Förderung müsste die Familie 2403 Euro im Jahr bezahlen. Daraus ergibt sich ein Monatsabschlag von rund 200 Euro. Einmalig im Dezember 2022 muss dieser Abschlag nicht bezahlt werden.
Die Familie mit zwei Erwerbstätigen bekommt zwei Energiepreispauschalen mit je 300 Euro. Da die versteuert werden müssen, bleiben nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler 422 Euro netto. Bis Ende Februar werden monatlich 200 Euro für das Gas fällig. Ab März wirkt die Gaspreisbremse für 80 Prozent des Verbrauchs.
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Von den 975 kWh pro Monat können 780 kWh für zwölf Cent bezogen werden, 195 kWh werden mit 20,54 Cent berechnet. Zusammen mit der angenommenen Grundgebühr von monatlich zwölf Euro ergibt das 146 Euro pro Monat. Verglichen mit dem Ursprungspreis von monatlich 200 Euro resultiert daraus eine Einsparung von 54 Euro. Für sieben Monate bis zum Ende der Heizperiode sind das 378 Euro.