Hamburg. Immer mehr Hamburger brauchen außerhalb der eigenen vier Wände Abstellflächen. Auch Politiker und Promis nutzen Selbstlagerzentren.
Manche seiner Kunden kann Matthias Walden häufig auf dem TV-Bildschirm sehen. „Das sind Politiker und Schauspieler, die wegen eines neuen Amts beziehungsweise einer neuen Rolle ihre Wohnung in Hamburg vorläufig aufgegeben und die Einrichtung bei uns eingelagert haben“, sagt Walden, beim Selbstlagerzentrum-Anbieter MyPlace der Regionalverantwortliche für die Hansestadt.
Typischer für seine Kunden ist jedoch die wachsende Familie, die ihre noch günstige Mietwohnung nicht verlassen will, in der nun aber der Platz knapp wird. „Da wird dann die Winterbekleidung der Kinder über den Sommer bei uns untergebracht, ebenso Spielsachen, von denen man sich nicht trennen möchte“, so Walden. „Das ist jedenfalls wesentlich günstiger als eine größere Wohnung.“ Ein Lagerabteil von einem Quadratmeter Grundfläche und drei Metern Höhe, in das der Inhalt eines durchschnittlich ausgestatteten Zehn-Quadratmeter-Wohnraums passe, koste 35 bis 40 Euro pro Monat. Die kleinste Lagereinheit ist ein Fach von einem Kubikmeter für 20 Euro.
MyPlace-Chef in Hamburg: Lagerflächen-Bedarf viel größer als Angebot
Mit fünf Lagerhäusern in Hamburg ist MyPlace, im Jahr 1999 in Österreich gegründet, noch vor den Wettbewerbern Pickens und Shurgard – dem europäischen Marktführer – mit je drei Standorten der größte Anbieter in der Stadt. Zwischen 750 und 1000 Abteile haben die einzelnen MyPlace-Mietlager, die Lagerfläche reicht von 4500 bis 5200 Quadratmetern.
Was die Versorgung mit den sogenannten „Selfstorage“-Häusern angeht, ist Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten allerdings noch Entwicklungsland. Während in der Bundesrepublik rein rechnerisch gerade einmal 0,008 Quadratmeter Lagerfläche pro Einwohner zur Verfügung stehen, sind es in Großbritannien mehr als achtmal so viel und in den USA fast das 70-fache. „In den USA haben viele Häuser keinen Keller und keinen Dachboden“, sagt Walden.
Doch auch in Deutschland werde das Geschäftsmodell wegen der Entwicklungen im Immobiliensektor zunehmend interessant. „Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte, in denen Wohnraum knapp ist und sich immer weiter verteuert“, so Walden. Im Zuge der Nachverdichtung würden zudem etliche bisherige Dachböden zu Wohnungen ausgebaut. „Auch in Hamburg ist der Lagerflächen-Bedarf nach unserer Einschätzung viel größer als das Angebot“, sagt der MyPlace-Manager. Daher sollen hier drei neue Lagerhäuser hinzukommen.
MyPlace plant drei zusätzliche Lagerhäuser in Hamburg
Eines in Niendorf ist bereits im Bau, eines in Bramfeld soll ebenfalls noch vor Ende 2023 eröffnet werden. Der Standort für eine Filiale in Osdorf steht bereits fest. Wie aus Angaben des Unternehmens hervorgeht, liegt die Investitionssumme für die drei zusätzlichen Häuser bei zusammen rund 27 Millionen Euro. „Wir wollen das Netz noch verdichten und sind an weiteren geeigneten Grundstücken interessiert“, sagt Walden.
Zwar verrät er nicht, hinter wie vielen der rund 900 blauen Türen, die sich am Standort Altona auf sechs Etagen verteilen, tatsächlich eingelagerte Gegenstände befinden. Die Auslastung liege aber oberhalb von 85 Prozent – dem Branchenverband Fedessa zufolge ist im Jahr 2021 der europäische Durchschnittswert von 79,8 auf 81,5 Prozent gestiegen.
„Unter den Dingen, die bei uns eingelagert sind, befinden sich ganze Modelleisenbahnlandschaften“, sagt Walden. Ein in Hamburg bekannter Arzt habe Fachbücher über Medizin auf 14 Quadratmetern untergebracht und Erbengemeinschaften den kompletten beweglichen Nachlass von Verstorbenen – Wertgegenstände wie etwa Münzsammlungen sollen bei MyPlace aber nicht gelagert werden, weil man sie nicht versichern kann. Verboten sind zudem alle brennbaren Stoffe wie Lithium-Batterien, unverpackte Kleidungsstücke und selbstverständlich Lebewesen jeglicher Art.
"Meistens wissen wir nicht, was sich hinter den Türen befindet“
„In den meisten Fällen wissen wir nicht, was sich hinter den Türen befindet“, so Walden. In der Regel ist zur Beratung und Unterstützung der Kunden wochentags im Zeitraum von 8:30 Uhr bis 17:30 Uhr und am Sonnabend von 9 Uhr bis 13 Uhr Personal vor Ort, über einen Pin-Code sind die Lagerräume aber jeden Tag von 6 bis 22 Uhr zugänglich. Für die Sicherheit des Lagerguts soll eine engmaschige Kameraüberwachung sowie ein Extra-Wachdienst sorgen.
Rund 95 Prozent der Kunden haben nach Angaben von Walden eine von MyPlace angebotene Versicherung abgeschlossen, die unter anderem Schäden durch Feuer, Einbruch und Vandalismus abdeckt. Denn über die Hausratversicherung sind Gegenstände, die außerhalb des eigenen Hauses oder der Wohnung der Besitzer eingelagert werden, in der Regel nur für wenige Wochen oder Monate versichert.
MyPlace: Durchschnittliche Mietdauer in Hamburg beträgt 16 Monate
In Hamburg beträgt die durchschnittliche Mietdauer der MyPlace-Lagerräume immerhin 16 Monate. „Wir haben hier in Altona aber Verträge, die schon seit der Eröffnung der Filiale Ende 2010 laufen“, sagt Walden. Das betrifft vor allem gewerbliche Nutzer, die etwa ein Drittel der Kunden ausmachen. „Handwerker lagern ihr Werkzeug bei uns ein, Handelsvertreter ihre Waren und Filmgesellschaften einen Teil der Requisiten.“ Zu den Kunden mit dem größten Flächenbedarf gehören Anwalts- und Steuerberatungskanzleien, die ihre nicht mehr ständig benötigten Akten in Räumen, die bis zu mehrere Hundert Quadratmeter umfassen, unterbringen.
Ein Kunde, an den sich Walden noch lebhaft erinnern kann, war ein Beerdigungsunternehmer, der eine große Zahl von Särgen günstig einkaufen konnte, in den zur Verfügung stehenden Firmenräumen jedoch nicht genug Platz für sie hatte. „Wir haben uns aber vorher davon überzeugt, dass die alle wirklich leer sind“, versichert Walden.