Hamburg. Schmales Flugzeug für lange Strecken auch ab Hamburg – der A321XLR. Der Komfort für Passagiere soll nicht auf der Strecke bleiben.

Der neueste Jet von Airbus ist auch so etwas wie eine Rückkehr zu den Anfängen des düsengetriebenen Langstreckenfliegens: Mit einer Rumpflänge von 44,5 Metern, einer Kabinenbreite von rund 3,5 Metern und einer Reichweite von etwa 9000 Kilometern entsprechen die Daten des Modells A321XLR ziemlich genau denen einer Boeing 707-320B aus den 1960er-Jahren, dem ersten erfolgreichen Interkontinental-Flugzeug mit Strahltriebwerken – nur dass die Boeing vier davon benötigte und ungefähr doppelt so viel Kerosin verbrannte wie der moderne Airbus.

Airbus: Auf dem A321XLR  uhen große Hoffnungen

Auf dem A321XLR, der noch im zweiten Quartal 2022 in Hamburg zum Erstflug abheben soll, ruhen große Hoffnungen. Mit dem Jet für rund 200 Passagiere gebe man den Airlines „eine Antwort auf die Frage, wie sie aus der Krise fliegen können“, sagt Michael Menking, Leiter des A320-Programms bei Airbus. Das Rezept lautet, Routen von bis zu zehn Stunden Flugzeit zu den Betriebskosten eines Kurz- und Mittelstreckenjets anbieten zu können. Schließlich erwartet man in der Branche, dass besonders der Langstreckenmarkt erst in einigen Jahren wieder das vor Beginn der Corona-Pandemie gewohnte Niveau erreicht.

LED-Beleuchtung in der Economy-Klasse eines A321XLR.
LED-Beleuchtung in der Economy-Klasse eines A321XLR. © Airbus | Airbus

„Wir ermöglichen den Fluggesellschaften eine Erweiterung ihres Streckennetzes mit geringem wirtschaftlichem Risiko“, sagt Menking: „Dieses Flugzeug kann auch auf kürzeren Routen rentabel eingesetzt werden und bietet damit höchste Flexibilität.“ Gerade für Flughäfen von Städten wie Hamburg, die kein Luftdrehkreuz sind, bringt dies Chancen auf interkontinentale Direktflüge. „Aus einem Markt wie Hamburg heraus neue Langstreckenverbindungen zu entwickeln ist nicht leicht“, sagt Airbus-Kabinenmarketingchef Ingo Wuggetzer: „Mit dem A321XLR geht das aber wunderbar. Und wenn eine neue Route erst erfolgreich etabliert ist, kann man auf ein größeres Flugzeug wie einen A330 wechseln.“ Nach Angaben des Herstellers sind von Hamburg aus unter anderem Vancouver, Orlando (Florida) und die Malediven mit dem A321XLR, der im kommenden Jahr den Liniendienst aufnehmen soll, nonstop erreichbar.

 Airbus hat sich einiges einfallen lassen, um den Passagieren die Reise angenehmer zu machen

Allerdings wird es für so manchen Passagier ungewohnt sein, bis zu zehn Stunden in einem Schmalrumpfflugzeug zu verbringen. Meist werden solche Maschinen auf Routen von höchstens fünf Stunden, zum Beispiel zu den Kanarischen Inseln, verwendet. „Echte“ Langstreckenjets dagegen sind üblicherweise wesentlich größer, sie haben Kabinenbreiten von deutlich mehr als fünf Metern und zwei Mittelgänge.

Doch Airbus hat sich einiges einfallen lassen, um den Passagieren die Reise angenehmer zu machen. So entspricht der Luftdruck in der Kabine eines A321XLR einer Höhe von 1800 Metern – wie auch in den modernsten Kunststoff-Langstreckenjets der Typen A350 und Boeing 787 –, während in bisherigen Maschinen der A320-Familie ein Druck wie in 2400 Metern Höhe herrscht.

Zudem wird die von Airbus entwickelte „Kabine der Zukunft“, die unter dem Namen „Airspace“ vermarktet wird und bisher gegen Aufpreis optional erhältlich ist, im A321XLR zum Standard. Durch geänderte Wandverkleidungen gewinnt die Kabine auf Schulterhöhe um 2,5 Zentimeter an Breite. Auch die Beleuchtung ist neu. „Licht ist ein sehr wichtiges Komfortelement“, sagt Wuggetzer: „Im A321XLR verwenden wir nur noch LEDs, mit denen wir die Kabine luftiger erscheinen und das Raumgefühl deutlich verbessern können sowie die Möglichkeit haben, den Jetlag um bis zu vier Stunden zu reduzieren.“ Außerdem vergrößere sich die nutzbare Fenster­fläche dank einer neuen Konstruktion der Rahmen um zehn Prozent.

Airbus: "Kabine der Zukunft" mit breiten Sitzen

So könnte die Business Klasse in dem neuen Jet aussehen.
So könnte die Business Klasse in dem neuen Jet aussehen. © Airbus | Airbus

Darüber hinaus nimmt sich Airbus ein Beispiel am Autobau: „Durch verkleinerte Spaltmaße der Kabinenverkleidung erzeugen wir ein verbessertes Qualitätsempfinden – auch das ist wichtig für das Passagiererlebnis auf langen Strecken.“ Auf den Sitzabstand hat der Hersteller zwar keinen Einfluss, dies entscheidet die Fluggesellschaft. Für ein komfortables Reisen komme es aber nicht nur auf den Abstand zwischen den Reihen an, sagt Wuggetzer: „Die Breite des Sitzes hat entscheidenden Einfluss. Im A321XLR haben wir gut 18 Zoll (45,7 Zentimeter) breite Sitze, das ist ein Zoll mehr als bei unserem Wettbewerber.“ Damit könne man die Beine besser diagonal stellen und so an Bewegungs­freiheit gewinnen.

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Passagiere am vorderen Ende der Kabine werden sich darum wohl nicht sorgen müssen – die meisten Airlines bauen dort für die langen Strecken eine komfortable Business-Klasse ein. Was da möglich ist, zeigt schon heute die US-Fluggesellschaft JetBlue auf der Strecke zwischen New York und London in einem A321LR, dem Vorläufer des A321XLR für Flüge bis etwa acht Stunden: Eine private Suite mit verschließ­baren Türen bietet maximale Privatsphäre. Häufig werde man in einem A321XLR drei Buchungsklassen einschließlich Premium Economy finden, so Wuggetzer: „Die Passagiere bekommen mehr Auswahl. Das ist ein ganz klarer Trend.“

 A321XLR ist langsamer als die größeren Langstreckenmaschinen

Ein technisches Merkmal, das der Kabinenexperte nicht ändern kann, ist die Geschwindigkeit des Jets: Der A321XLR ist langsamer als die größeren Langstreckenmaschinen, was bei zehn Stunden Flugzeit eine Differenz von rund 50 Minuten ausmacht. Dagegen stehe aber der Vorteil der Direktverbindungen, argumentiert Wuggetzer: „Wenn man nicht auf einem Drehkreuz-Airport umsteigen muss, sondern direkt zum gewünschten Zielort reisen kann, spart das zwei oder sogar drei Stunden Flugzeit.“

Schon wegen der Erfahrungen mit der Pandemie hat Airbus im neuen Jet auch an die Hygiene gedacht: Die Waschräume sind berührungslos bedienbar, die Oberflächen haben eine antibakteriell wirkende Beschichtung. Neu sind auch Duftspender. Wie es da riechen wird, bleibt aber – schon wegen eventueller kultureller Unterschiede – Sache der Fluggesellschaft, erklärt Wuggetzer: „Wir machen da keine Vorgaben.“