Hamburg. Mehr als 10.000 Boxen geplant. Kunden haben teils rund um die Uhr Zugang. Welche Hamburger Promis hinter einer der Firmen stehen.

Julian Treidler hat nach dem Abitur erst mal Bankkaufmann gelernt. Zu seinen Aufgaben als Auszubildender in der Deutsche-Bank-Filiale in Blankenese gehörte es, Kunden den Zugang zu ihrem Schließfach im Tresorraum zu verschaffen. Es war eine Tätigkeit, die dem Hamburger einige Jahre später noch nützen sollte. Nach der Lehre studierte er zunächst an der privaten Wirtschaftshochschule WHU, arbeitete bei mehreren Start-ups und gründete selbst eines. Inzwischen ist der Hamburger zurück im Schließfach-Business.

„Als das Angebot kam, musste man mir nichts erklären. Ich wusste, dass es ein absolut vielversprechendes Geschäftsmodell ist“, sagt Treidler. Er treibt jetzt als Geschäftsführer die Expansion des privaten Schließfach-Anbieters Trisor voran – auch in Hamburg. „Wir werden im Herbst einen Standort in der Innenstadt eröffnen“, kündigt der 31-Jährige an.

Sichere Aufbewahrung: Start-ups stellen Schließfächer in Hamburg bereit

Trisor ist mit seinen Plänen nicht allein. Auch der Konkurrent Asservato drängt in die Hansestadt. Bis Jahresende werden die beiden Start-ups zusammen in Hamburg absehbar mehr als 10.000 weitere Fächer für die sichere Aufbewahrung von wichtigen Dokumenten, Bargeld, Gold und sonstigen Besitztümern von hohem Wert und überschaubarer Größe zur Miete anbieten.

Marco Wild (l.) und Julian Treidler sind die Trisor-Chefs.
Marco Wild (l.) und Julian Treidler sind die Trisor-Chefs. © Andreas Muhme

Treidlers Co-Geschäftsführer Marco Wild sieht einen großen und wachsenden Bedarf dafür: „In der Bankenlandschaft gibt es seit vielen Jahren Filialschließungen. 1995 existierten in Deutschland noch etwa 70.000 Standorte, 2025 werden es laut einer Prognose nur noch etwa 25.000 sein. Damit fallen auch viele Schließfächer weg. Zugleich steigt das Bedürfnis der Menschen, Wertgegenstände sicher aufzubewahren“, sagt er. Colin Solberg, einer der Mitgründer von Asservato, sieht in einer Stadt wie Hamburg sogar einen Bedarf „für mehrere Standorte“.

Zeitlich flexibler als bei der Haspa

Wie viele solcher Schließfächer in Deutschland existieren, ist nicht bekannt. Ob ihre Zahl tatsächlich sinkt, auch nicht. Sicher ist: Allein die Haspa betreibt in Hamburg und Umgebung nach eigenen Angaben etwa 200.000 Fächer an mehr als 100 Standorten. Die Zahl sei seit Jahren in etwa konstant, die Auslastung liege „bei über 80 Prozent“, und die Nachfrage sei hoch, sagt ein Sprecher der Sparkasse. Er betont: „Gleichwohl haben wir an vielen Standorten Schließfächer in unterschiedlichen Größen frei – lediglich an einzelnen Standorten gibt es Wartelisten.“

Zu einem Schließfach bei der Haspa hat der Mieter, der nicht zwingend Kunde der Sparkasse sein muss, nur Zugang während der Öffnungszeit und wenn Personal in der der Filiale ist. Die beiden Start-ups dagegen setzen auf einen weitgehend automatisierten Ablauf: Der Kunde muss sich mit Zugangskarte, PIN-Nummer und Fingerabdruck identifizieren. Eine Roboteranlage liefert den Inhalt des Schließfachs dann in eine Sicherheits-Kundenkabine und bringt ihn von dort zurück ins Fach. Bei Trisor können die Mieter daher rund um die Uhr und sieben Tage in der Woche ans Schließfach, bei Asservato wochentags zwischen 7 und 21 Uhr sowie an Wochenende zwischen 10 und 18 Uhr.

Wo gibt es bald Schließfächer von Asservato in Hamburg?

In Konzept, Firmengeschichte und Plänen sind sich die beiden Start-ups sehr ähnlich: Beide haben ihren Sitz in Berlin und eröffneten im Frühjahr 2021 in der Hauptstadt ihren ersten Standort mit jeweils mehreren Tausend Fächern. Beide sind auf einem ambitionierten Expansionskurs. Trisor vermarktet bereits die Fächer seiner künftigen Filiale in München, die im Mai öffnen wird. Der Mietvertrag für Stuttgart sei unterschrieben, heißt es. Seit Donnerstag ist zudem klar, dass das Unternehmen seine Hamburger Filiale im Erdgeschoss eines Neubaus am Hopfenmarkt einrichten wird.

„Bis zum Jahresende werden wir in sieben bis acht großen deutschen Städten präsent sein. 2023 wollen wir in ähnlichem Umfang weiterwachsen“, sagt Co-Geschäftsführer Marco Wild. Dass der Bedarf da ist, davon ist er überzeugt. Das zeigten die Erfahrungen am Standort Berlin, sagt er. „Dort sind bereits mehr als 20 Prozent der Fächer vermietet, das übertrifft unsere Erwartungen.“ Asservato-Mitgründer Solberg sagt, er habe einen Standort in Hamburg für 6000 bis 8000 Fächer bereits im Blick, fix sei der Standort aber noch nicht. Und eine Filiale in München ist nach Asservato-Angaben ebenfalls in Vorbereitung.

Start-ups müssen Schließfächer nicht ans Finanzamt melden

Wenngleich der Firmensitz Berlin ist – finanziert wird Trisor maßgeblich mit Geld aus Hamburg. „Hauptgesellschafter ist das Family Office einer Hamburger Unternehmerfamilie“, sagt Julian Treidler. Zudem hat sich das junge Unternehmen Unterstützung und Ratschläge von zwei Männern mit hohem Promifaktor in der Hansestadt gesichert: Architekt Hadi Teherani und der ehemalige Polizeipräsident Werner Jantosch sitzen im Beirat.

Angeboten werden Fächer unterschiedlicher Größen zu Monatspreisen zwischen 19 und knapp 55 Euro bei Trisor sowie zwischen 20 und 45 Euro bei Asservato. Das ist deutlich teurer als bei der Haspa. Dort koste das kleinste und am häufigsten genutzte Fach 49 Euro im Jahr, sagt der Unternehmenssprecher. Ein Versicherungsschutz in unterschiedlicher Höhe ist dabei jeweils bereits enthalten. Eher beiläufig erwähnen die Start-ups, dass sie keine Banken sind und damit gegenüber dem Finanzamt die Existenz eines Schließfachs nicht preisgeben müssen. „Das ist ein Aspekt, der für uns keine Bedeutung hat“, sagt Marco Wild. Für manchen Kunden aber mag Diskretion ein wichtiges Detail sein.

Schließfachanbieter: Gegen Entführungsszenarien gewappnet

Den Sicherheitsaufwand, den die neuen Schließfachanbieter betreiben, um Kriminelle abzuschrecken, ist immens. Von dauerhafter technischer Überwachung und ausgeklügelten Sicherheitssystemen ist die Rede. Bewachungskräfte seien ständig vor Ort oder eingreifbereit in der Nähe. „Allein die Eingangstür wiegt drei Tonnen, und der Raum mit den Fächern ist von 15 Zentimeter dickem Stahlbeton umgeben. Um da durchzukommen, braucht man sehr lange und würde großen Lärm erzeugen“, so Treidler.

Und auch gegen Entführungsszenarien sei man gewappnet. Die Sicherheitskabine dürfe nur nach Anmeldung von zwei Personen gleichzeitig betreten werden. Selbst das denkbar brutalste Vorgehen von Tätern, die sich Zugangskarte und PIN-Code eines Trisor-Kunden verschafft haben, wurde durchgespielt. „Der Fingerabdruck“, sagt Julian Treidler, „wird vom Scanner nur akzeptiert, wenn sich der Finger an einem lebendigen Menschen befindet.“