Hamburg. Kurzarbeit verhindert in der Pandemie einen noch stärkeren Einbruch bei der Beschäftigung. Wieso der Rückgang nur moderat ist.
Die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Hamburg und Schleswig-Holstein sind glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen. Trotz einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung im Corona-Jahr 2020 blieb den beiden Bundesländern eine große Arbeitsmarktkrise erspart.
Im Pandemieverlauf war der Beschäftigungsrückgang mit einer Größenordnung von weniger als zwei Prozent moderat, der Anstieg der Arbeitslosenquote beschränkte sich in Schleswig-Holstein auf einen Prozentpunkt, nur in Hamburg stieg die Quote um bis zu zwei Prozentpunkte. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel (IfW), die dem Abendblatt exklusiv vorliegt. In Schleswig-Holstein beträgt die Arbeitslosenquote aktuell 6,1 Prozent und in der Hansestadt 6,8 Prozent.
„Es wurden zwar die positiven Beschäftigungstrends der Vor-Corona-Zeit unterbrochen, jedoch blieben dramatische Entwicklungen aus“, sagt Studienautor Klaus Schrader vom IfW. „Der massive Einsatz von Kurzarbeit verhinderte größere Beschäftigungseinbrüche.“ Die Unternehmen nutzten das Instrument der Kurzarbeit stark, weil der Gesetzgeber eine Reihe von Sonderregeln erlassen hatte. So wurden die Sozialabgaben komplett vom Staat übernommen.
Arbeitsmarkt: Über 200.000 Hamburger 2020 in Kurzarbeit
In der Spitze des ersten Lockdowns im April 2020 waren in Hamburg fast 205.000, in Schleswig-Holstein etwa 140.000 Beschäftigte vorübergehend von Kurzarbeit betroffen. „Diese Höchstwerte wurden während des zweiten Lockdowns im Corona-Winter 2020/2021 schon deutlich unterschritten“, sagt Schrader. Schon im zweiten Corona-Jahr stieg das Bruttoinlandsprodukt nach vorläufigen Daten bundesweit bereits wieder um 2,7 Prozent.
Die Verlierer der Corona-Krise, die sich nicht in der Arbeitslosenstatistik zeigen, waren die geringfügig Beschäftigten (450-Euro-Jobs), die in Hamburg fast 15 Prozent und in Schleswig-Holstein mehr als 20 Prozent der Gesamtbeschäftigung ausmachten. Sie wurden nicht durch das Rettungsnetz der Kurzarbeit aufgefangen, der temporäre Abbau dieser Jobs betrug in Hamburg mehr als elf Prozent und acht Prozent in Schleswig-Holstein. Im Gastgewerbe und bei den konsumorientierten Dienstleistungen war eine besonders große Zahl an 450-Euro-Jobs betroffen.
Mini-Job Hamburg: Beschäftigungsrückgänge in Dienstleistungsbranche
„Überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsrückgänge bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verzeichneten die besonders von den Infektionsschutzauflagen der Landesregierungen betroffenen sogenannten Erlassbranchen“, sagt Schrader. Das sind Bereiche wie Gastronomie, Zeitarbeit, Hotellerie, Einzelhandel und Reisebüros. In Hamburg schrumpften diese Branchen um bis zu zehn Prozentpunkte stärker als die Gesamtbeschäftigung.
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In der Spitze, das war im Dezember 2020, verloren diese Branchen in Hamburg bis zu 25.000 Arbeitsplätze, davon allein knapp 9000 in der Gastronomie und mehr als 5000 in der Zeitarbeit. Bis zum März 2021 hatte sich der Stellenverlust in den Erlassbranchen auf 23.000 reduziert. Neuere Zahlen berücksichtigt die Studie nicht. Nach einer Auswertung der Arbeitsagentur Hamburg konnte selbst die Gastronomie inzwischen den Abbau von Arbeitsplätzen wieder ausgleichen. Im September 2021 gab es in dieser Branche 300 Arbeitsplätze mehr als vor einem Jahr. Auch in der Zeitarbeit wurden 1200 neue Jobs geschaffen.