Hamburg. Seit Monaten streiten der Hersteller und die Fluglinie – nun hat die Auseinandersetzung ein neues Stadium erreicht. Worum es geht.

Stornierungen von Aufträgen für Flugzeuge kommen immer wieder mal vor – normalerweise allerdings von Seite der Fluglinien. Dass der Hersteller eine Bestellung storniert, ist eher selten. Genau diesen Schritt hat Airbus am Freitag verkündet.

„Wir bestätigen, dass wir den Vertrag mit Qatar Airways über 50 A321 gemäß unseren Rechten gekündigt haben“, sagte ein Airbus-Sprecher dem Abendblatt. Die Kurz- und Mittelstreckenflieger sollten in der neo-Variante – also mit sparsameren Triebwerken – ausgeliefert werden.

Hamburger Flugzeugbauer Airbus streitet mit Qatar Airlines

Dahinter steckt ein monatelanger Streit, der nun eskaliert. Die katarische Fluglinie ist Airbus-Großkunde und für den Großraumjet A350 sogar der größte Auftraggeber. 76 Maschinen des Typs in den verschieden langen Versionen -900 und -1000 hat sie geordert. Seit Juni 2021 weigert sie sich allerdings, neue Flieger abzunehmen.

Die Airline moniert einen zu schnellen Verschleiß der Oberflächenbeschichtung am Rumpf. Dadurch könne es zu Rissen im Verbundwerkstoff kommen und zu einer Verschlechterung des Blitzschutzes. Die katarische Luftsicherheitsbehörde habe daher das Grounding – also am Boden stehen lassen – von mehr als einem Dutzend Maschinen angeordnet, so Qatar Airways.

Qatar Airlines: Kurz vor Weihnachten wurde Klage eingereicht

Monatelang suchten beide Seiten eine Lösung. Vergeblich. Kurz vor Weihnachten reichte die Airline in London Klage gegen Airbus ein und forderte 618 Millionen Dollar Schadenersatz. Airbus lehnt diese Forderung ab und will um den Ruf seiner Flugzeuge kämpfen. Dabei beruft sich der Flugzeugbauer auf die Europäische Luftaufsichtsbehörde EASA. Sie habe keine sicherheitsrelevanten Probleme entdeckt, sagte der Airbus-Sprecher: „Die Lufttüchtigkeit des Flugzeuges ist nicht betroffen.“

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Airbus könnte Qatar an einem wunden Punkt treffen. Denn mit den A321 – der zur erfolgreichen A320-Familie gehört, von der etwa die Hälfte der Maschinen in Hamburg endmontiert werden – dürfte die Airline das Streckennetz auf kurzen und mittellangen Strecke ausbauen wollen. Diese sollen sich von der Corona-Krise schneller erholen als die Langstrecken, auf den Qatar sehr aktiv ist.

Boeings Konkurrenzmodell 737 Max schwächelt

Qatar Airways hat zwar auch Boeing-Flieger in der Flotte, allerdings nicht das A320-Pendant 737. Und in die 737 Max-Variante mit sparsamen Motoren ist das Vertrauen – zumindest vieler Passagiere – nach zwei Abstürzen und monatelangem Grounding ohnehin erschüttert.