Berlin. Mindestpreise für Fleisch, Wurst und Milchprodukte? Der Handel befürchtet durch überhöhte Mindestpreise nur Nachteile für Verbraucher.
Der Handelsverband Deutschland (HDE) lehnt eine staatliche Preisregulierung bei Lebensmittel ab. „Preise entstehen in unserer Marktwirtschaft durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage – und das ist auch gut so“, sagte der HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth dieser Redaktion.
„Wenn der Handel sich an künstlich überhöhte Mindestpreise halten muss, geht das am Ende immer zulasten der Verbraucher.“ Der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) prüft offenbar Schritte gegen den Verkauf von Lebensmitteln unter dem Produktionspreis.
Der HDE-Chef bezweifelt zudem die Rechtmäßigkeit solcher Eingriffe. „Eine unmittelbare gesetzliche Regulierung der Lebensmittelabgabepreise, etwa durch Vorgabe von Mindestpreisen, würde unverhältnismäßig in die unternehmerische Freiheit des Handels eingreifen und wäre daher wahrscheinlich auch verfassungswidrig.“
Mindestpreise: Verkauf unter Einstandspreis ist bereits verboten
Die Grenzen von Angebot und Nachfrage findet dieser Mechanismus „in unserer Rechtsordnung nur für den Fall eines Missbrauchs der Angebots- oder der Nachfragemacht. Hier existieren im deutschen Kartellrecht gerade für Lebensmittel bereits weitgehende wettbewerbsbeschränkende Vorschriften wie das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis, das faktisch schon wie eine Vorgabe von Mindestverkaufspreisen wirkt.“ Darüber hinausgehende Vorschriften würden zu einer hochproblematischen Überregulierung führen.
Grundsätzlich habe der Handel ein sehr großes Interesse an der heimischen Landwirtschaft und werde künftig noch stärker auf Regionalität und Herkunft setzen, betonte Genth gegenüber dieser Redaktion. „Wenn der Gesetzgeber aus Gründen des Tierschutzes die Haltungsbedingungen auf den Höfen verbessern will, steht es ihm frei, mit gesetzlichen Maßnahmen direkt bei den für die Tierhaltung verantwortlichen Erzeugern anzusetzen.“
Keine Steuerung der Ernährung über Preise und Mehrwertsteuer
Der Handel werde im Rahmen der Koordinationszentrale Handel – Landwirtschaft auch in Zukunft seinen „verantwortungsvollen Beitrag für eine stabile Lieferkette und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Handel, Erzeugern und Verarbeitern leisten“.
Eine der Steuerung der Ernährungsweisen über Preise und Steuern lehnt der HDE-Chef ab. „Wir halten nichts davon, den Kundinnen und Kunden über die Höhe der Mehrwertsteuer eine bestimmte Art der Ernährung nahezulegen. Was die Menschen wann und wie viel essen möchten, ist aus unserer Sicht eine private Entscheidung.“ Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer für Fleisch und Milchprodukten auf 19 Prozent anzuheben und im Gegenzug Obst und Gemüse steuerfrei zu verkaufen.
Das Mehrwertsteuerrecht sei nach Worten von Genth schon kompliziert genug. „Wenn jetzt noch zusätzlich zu den bestehenden, teilweise nicht mehr logisch zu erklärenden Differenzierungen, neue Absenkungen und Erhöhungen für bestimmte Produktgruppen vorgenommen werden, wird dieser undurchdringliche Dschungel noch schwieriger.“ Das wäre in der Umstellungsphase auch ein erheblicher technischer Aufwand für die Handelsunternehmen.
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