Hamburg. Vor einem Jahr fiel das Geschäft mit gemieteten Darstellern nahezu aus. Nun zieht die Nachfrage trotz Corona wieder an.

Die Arbeitszeit für Weihnachtsmänner ist naturgemäß stark eingeschränkt. Im Advent beginnt sie mit Auftritten bei Firmenfeiern, in Kitas oder in Einkaufszentren. Die Hochsaison ist dann nur wenige Stunden lang, bevorzugt rund um den Nachmittag an Heiligabend. Im vergangenen Jahr fiel das Geschäft der gemieteten Männer in roten Mänteln mit weißgrauem Rauschebart fast komplett aus – wegen Corona und der damit verbundenen Hygieneregeln. Das soll sich 2021 ändern.

„Dieses Jahr ist die Resonanz wieder extrem hoch, weil die Leute wieder Lust haben, mit der Familie zu feiern“, sagt Thilo Tamme. Der 27-Jährige trat 2015 als Student selbst das erste Mal als Weihnachtsmann auf. Später gründete er in Lüneburg die Firma WeihnachtsmannWerk. Zwischen 20 und 30 Mitarbeiter – die genaue Zahl will er aus Wettbewerbsgründen nicht nennen – können an Heiligabend in allen Hamburger Stadtteilen und darüber hinaus in der Metropolregion für Auftritte gebucht werden. Viele Darsteller rekrutiere er aus Studenten, die aus dem darstellenden Spiel kämen. „Die meisten Anfragen kommen aus Hamburg“, sagt Tamme über das Buchungsverhalten seiner Kunden. Abgesehen vom Vorjahr wachse man stetig, liege „wieder auf Vor-Corona-Niveau – und sogar darüber hinaus“.

Weihnachtsmänner sollen geimpft sein

99 Euro kostet der Auftritt, der zwischen 15 und 20 Minuten dauert. Der gebuchte Weihnachtsmann holt die Geschenke an einem vereinbarten Ort ab, packt sie in seinen Sack, kommt in die Wohnung zum Weihnachtsbaum und liest aus dem goldenen Buch der Wahrheit vor. Gebrieft von den Eltern erzählt er Dinge, die gut gelaufen sind, und welche, die besser werden sollen. Vor dem Geschenkeverteilen sagen die Kinder manchmal noch ein Gedicht auf, spielen ein Klavierstück vor, oder es wird gemeinsam gesungen. In Corona-Zeiten ist dies allerdings schwierig. Alle Darsteller seien geimpft, teilweise schon geboostert und würden vor dem Auftritt per Schnelltest auf Covid-19 gecheckt, sagt Tamme und fügt ein Bitte hinzu: „Die Familien werden gebeten, vor dem Auftritt entsprechend zu lüften.“

Weihnachtsmänner können live getrackt werden

Um frische Luft bittet auch Werner Killian, falls der Besuch drinnen stattfinden soll. Zusammen mit Niels Hansen betreibt er die Webseite miete-einen-weihnachtsmann.de. Angesichts der Pandemie würden Auftritte auch im Freien wie zum Beispiel auf dem Balkon erfolgen. „Mit Maske treten wir nicht auf, da kollabiert mir der Weihnachtsmann. Es ist schon schwer genug, durch den Bart zu atmen“, sagt Killian, der seit 15 Jahren in dem Geschäft aktiv ist, laut Homepage mit Leib und Seele. Bis Corona kam, seien die Umsätze Jahr für Jahr stabil bis leicht steigend gewesen.

Nach Auslaufen des Frühbucherrabatts nimmt er nun 71 Euro für einen Standardauftritt, ab vier Kindern 91 Euro. Das Einsatzgebiet ist der Hamburger Westen über die Innenstadt bis Bramfeld und Wandsbek im Osten sowie Henstedt-Ulzburg im Norden. Freie Kapazitäten gäbe es an Heiligabend noch zwischen 13 und 14 sowie nach 19 Uhr.

Viele Familien seien wegen der Corona-Lage verunsichert und würden auf Buchungen verzichten. Seine Weihnachtsmänner seien geimpft und würden getestet. Allerdings ist die Truppe kleiner als in den Vorjahren. „Wir fahren mit halber Mannschaft“, sagt Killian im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit. Auch weil einige ältere Darsteller Angst vor einer Ansteckung hätten und daher auf Einsätze verzichten würden. Entsprechend geringer sind auch die Zahl der Aufträge, die er nicht beziffern will. Offenbar können Weihnachtsmänner gut (Geschäfts-)Geheimnisse behalten, die Branche ist verschlossen.

Weihnachtsmann-Absage wegen Omikron

Bei einem weiteren Anbieter in der Stadt kassierte man bereits erste Absagen für getätigte Buchungen. Dies liege wohl an der unklaren Lage wegen der Omikron-Variante, sagt ein Mitarbeiter: „Ohne Mutante wäre es wohl deutlich mehr geworden.“ Dennoch liege man geschätzt bei rund drei Vierteln der Aufträge aus der Vor-Corona-Zeit. Das sei natürlich besser als der Komplettausfall im Vorjahr.

Bei Tamme ist das Geschäft vor einem Jahr nicht ganz ausgefallen. Er digitalisierte sein Businessmodell. Der Weihnachtsmann konnte für 29 Euro per Onlinestream bestellt werden, weil die physische Präsens halt nicht möglich war. Das habe als Alternative ganz gut funktioniert. Nun sollte der Auftritt in der Fremde aber wieder möglich sein. Und die Darsteller können sogar live getrackt werden, damit die Auftraggeber genau wissen, wann sie vor der Tür stehen.

Der Grund: „Wir planen die Touren das erste Mal mit einem Algorithmus, weil es eine Riesenherausforderung ist, die Auftritte zu planen“, sagt Tamme. Freie Kapazitäten gebe es noch, vor allem in den Vormittagsstunden. Sein Geheimtipp, denn: Dann bringe der Weihnachtsmann meist auch etwas mehr Zeit mit.

Künftig könnten Engel die Genderquote verbessern

An die 1000 Kinder würden die Mitarbeiter des WeihnachtsmannWerks in diesem Jahr besuchen. Rückschlüsse auf die Zahl der Auftritte ließe dies aber nicht zu, weil darunter auch Veranstaltungen in Kindergärten und Altenheimen fielen und im privaten Bereich häufig mehrere Kinder anwesend seien. Wenn alle Auftritte trotz Pandemie in diesem Jahr stattfinden können und nicht kurz vorher abgesagt werden müssen. Nach dem ganzen Planungsaufwand „wäre das für uns eine Katastrophe“, sagt Tamme, der zehn Prozent des Gewinns an die Deutsche Kinderkrebsstiftung spendet.

Er hatte auch schon mal überlegt, sein WeihnachtsmannWerk ins Rhein-Ruhr-Gebiet oder nach München auszuweiten. Aber in diesen Regionen komme das Christkind. Der Weihnachtsmann sei schon eine Hamburger Geschichte. Allerdings würde er sich freuen, wenn zum Beispiel Engel demnächst mit ins Angebot kämen, „damit die Genderquote eingehalten werden kann“. Auch für Tamme, der an Heiligabend selbst ins rote Kostüm mit weißem Rauschebart steigen wird, ist übrigens in gut zwei Wochen die Saisonarbeit vorbei. Dann ist er wieder als Unternehmensberater in Berlin tätig.