Berlin. In Zeiten von steigenden Mieten, Niedrigzinsen und Inflation wächst das Interesse am Hauskauf. Mieten ist oft aber die günstigere Wahl.
Die Corona-Krise hat bei vielen Mieterhaushalten Sehnsüchte geweckt. Die eigene Stadtwohnung erschien plötzlich zu klein, ein eigenes Häuschen oder zumindest eine Wohnung im Grünen sollte es künftig sein, wie die gestiegene Anzahl von Anfragen nach Immobilien im Umland der Städte der großen Immobilienportale nahelegt.
Deutschland aber ist ein Land der Mieter, nur rund 42 Prozent der hiesigen Haushalte leben in den eigenen vier Wänden. Dabei würden drei von vier Deutschen gern Wohneigentum besitzen, wie eine Forsa-Umfrage zeigt. Zumal es sich in puncto Wertsteigerung ausgezahlt hätte. In den vergangenen fünf Jahren hat der Häuserpreisindex, den das Statistische Bundesamt herausgibt, um 38,2 Prozent zugelegt.
Miete oder kaufen: Kaufpreise steigen rasant
Immer wieder wird über das Ende des Preisanstiegs, sogar über die Gefahr einer Immobilienblase im Zuge eines überhitzten Wohnungsmarktes diskutiert. Bei den Mieten verlangsamt sich der Preisanstieg zumindest in den angespannten Metropolregionen – auch weil der Neubau voranschreitet.
30.952 Wohnungen wurden im September neu genehmigt, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit, ein Plus von 3,9 Prozent im Vergleich zum August. Die Kaufpreise allerdings sind ungebremst – und beschleunigen sich sogar noch. Im zweiten Quartal stiegen die Preise um durchschnittlich 10,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal – ein Rekordwert.
Für Investoren ist es ein interessanter Markt
Dass die Preise weiter nach oben gehen werden, glaubt Marc Sahling, Geschäftsführer des Immobilientransaktionsberaters Dr. Lübke & Kelber. „Der Wohnimmobilienmarkt hat sich durch die Corona-Pandemie nicht signifikant verändert oder verschlechtert. Es ist ein sehr stabiler, sicherer und wenig volatiler Markt, was ihn für Investments interessant macht“, sagte Sahling unserer Redaktion.
Einmal pro Jahr veröffentlicht der Immobiliendienstleister das „Risiko-Rendite-Ranking“, eine Studie, welche 111 deutsche Städte auf ihre Attraktivität für den Eigentumserwerb untersucht. Die diesjährige Auswertung liegt unserer Redaktion exklusiv vor.
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Kaufen lohnt sich ohne Wertsteigerung im Vergleich immer weniger
Sie zeigt: Kaufen kann mit der Aussicht auf eine Wertsteigerung der Immobilie nach wie vor attraktiv sein. Will man sich auf diese Wertsteigerung aber nicht verlassen, kommen Mieterinnen und Mieter oft günstiger weg. „Es sind nur noch sieben Städte, in denen die Relation so ist, dass sich Kaufen eher empfiehlt als Mieten“, sagt Sahling.
Denn in Dessau-Roßlau, Gera, Herne, Gelsenkirchen, Salzgitter, Bremerhaven und Saarbrücken ist das Preisniveau von Bestandseigentumswohnungen laut der Studie so gering, dass sich Kaufen lohnt.
Zum Vergleich: Vor einem Jahr war es noch in 35 der 111 Städte günstiger, eine Eigentumswohnung im Bestand zu erwerben. Noch drastischer sieht es im Neubau aus. Dort gilt lediglich für Dessau-Roßlau, Kaiserslautern und Frankfurt (Oder), dass der Kauf zu einer dauerhaft geringeren finanziellen Belastung als die Miete führt.
Mietbelastungen liegen teils deutlich über Empfehlungen
Dabei ist auch die Miete in diesen Städten oft noch gering. Empfohlen wird, dass nicht mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für die Miete ausgegeben werden.
In Städten wie Dessau-Roßlau müssen Mieterinnen und Mieter nur 20,55 Prozent aufbringen. In Gütersloh zahlen Mieterinnen und Mieter selbst in Neubauwohnungen nur rund 22,6 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für die Miete.
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Bis zu 45 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete
Ganz anders sieht es in den Metropolen aus. Obwohl es bei Bestandswohnungen viele noch günstige Altverträge gibt, liegt die Mietbelastung in München den Daten zufolge bereits bei 32,34 Prozent, in Berlin bei 31,14 Prozent. Da Studenten meist weniger Einkommen zur Verfügung haben, ist auch die Belastung in Freiburg (32,19 Prozent) und Göttingen (31,94 Prozent) hoch.
Drastisch wird es bei Neubauwohnungen. Hier geben Berlinerinnen und Berliner im Schnitt 45,39 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens aus. Kaufen aber ist noch weniger eine Option. Dauerhaft würde die Belastung laut der Analyse bei 57,45 Prozent liegen – und damit sogar höher als in München (54,10 Prozent).
Potsdam schneidet im Risiko-Rendite-Ranking am besten ab
Berechnet man Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung, zur wirtschaftlichen Entwicklung und der Miet- und Kaufpreisentwicklung hinzu, kann sich der Kauf aber selbst in teuren Lagen lohnen. Gemessen am Risiko versprechen der Studie zufolge Potsdam, Landshut und Leipzig das günstigste Verhältnis von Risiko zu Rendite.
Aber auch weitere Städte in direkter Nähe zu Metropolen, etwa Darmstadt, Lüneburg oder Hanau, versprechen laut der Studie ein verhältnismäßig sicheres Investment und Renditen zwischen 3,8 und 4,6 Prozent in mittleren Lagen – vorausgesetzt, man kann sich die oftmals horrenden Kaufpreise überhaupt noch leisten.
Kleinstädte können attraktiv sein
Durchaus attraktiv können aber Städte mit weniger als 20.000 Einwohnern sein. Diese Kleinstädte von 2.500 bis 20.000 Einwohner hat die Jenaer SIM Gruppe in einer Studie, die unserer Redaktion vorliegt, mittels realisierter Transaktionspreise untersucht.
Es zeigt sich: Attraktiv sind Kleinstädte mit einem Autobahnanschluss und einem guten Verhältnis von Supermärkten, Schulen, Kindergärten und Senioreneinrichtungen. Bei Bestandsimmobilien schneiden mit Velten, Zossen und Schönefeld drei Kleinstädte im Großraum Berlin am besten ab, nur das schleswig-holsteinische Ratzeburg durchbricht die Phalanx. Renditen sind dort mit bis zu 6,48 Prozent möglich.
Im Neubau sind unter den Topstädten Renditen mit bis zu 7,73 Prozent möglich, dafür ist das Risiko auch größer. Am besten schneidet Krostitz nahe Leipzig ab, gefolgt vom thüringischen Stadtroda, Oberasbach nahe Nürnberg und Trittau nahe Hamburg.
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Geringere Wohnkostenbelastung als Chance
„Kleinere Städte bieten viele Vorteile gegenüber Investitionen in teuren Metropolen“, sagte Benjamin Spieler, Vorstandsvorsitzender der SIM Gruppe, unserer Redaktion. So sei das Mietausfallrisiko geringer, da in den großen Städten die Wohnkosten 30 bis 40 des Einkommens ausmachen würden. In den kleineren Städten würde es dagegen meist deutlich darunter liegen. Auch hätten kleinere Städte noch ein größeres Mietsteigerungspotenzial.
Allerdings gibt es auch bei den Kleinstädten Flops. Im schleswig-holsteinischen Flintbek, im niederbayerischen Bischofsmais oder in Kröpelin nahe Rostock ist der Studie zufolge das Risiko deutlich höher als die Aussicht auf Rendite.