Hamburg. Jysk setzt auf skandinavisches Ambiente und will expandieren. Deutschland-Chef Christian Schirmer spricht über die Herausforderungen.

Christian Schirmer, Deutschlandchef des Möbel- und Bettenhändlers Jysk, ist gerade viel unterwegs, um die Mitarbeiter nach dem Abschied vom Namen Dänisches Bettenlager auf neue Zeiten einzuschwören. Bei bundesweit 958 Standorten zwischen Flensburg und Füssen kommen schnell 5000 Kilometer pro Woche auf der Autobahn zusammen. Das Interview mit dem Abendblatt führt der 45-Jährige, der schon seine Ausbildung zum Handelswirt bei dem Unternehmen mit Sitz im schleswig-holsteinischen Handewitt gemacht hat, in einer kurzen Pause.

In den vergangenen Wochen ist das Dänische Bettenlager ziemlich still und leise aus dem Stadtbild verschwunden. Was war schlecht an dem Namen?

Christian Schirmer: Der Begriff Bettenlager ist nach 37 Jahren nicht plötzlich schlecht. Aber das, was wir darstellen, ist inzwischen mehr. Das Sortiment hat sich deutlich erweitert und steht heute für einen skandinavischen Stil. Auch was unser Ladendesign angeht, sind wir mehr als ein Lager. Mit dem Namen Jysk sind wir als Unternehmen mittlerweile in 50 Ländern vertreten. Wir in Deutschland waren das letzte Land, das noch unter Dänisches Bettenlager firmiert hat.

Jysk-Deutschlandchef Christian Schirmer besucht die ersten umgestalteten Filialen.
Jysk-Deutschlandchef Christian Schirmer besucht die ersten umgestalteten Filialen. © Jysk Deutschland | Jysk Deutschland

Jysk ist dänisch. Was bedeutet das?

Christian Schirmer: Jysk steht für die Region Jütland in Dänemark, wo unser Gründer Lars Larsen geboren ist. Anfangs hieß das Unternehmen Jysk Sengetøjslager (Jütländisches Bettenlager). Die Kaufleute in der Region gelten als bodenständig, sehr fleißig und machen grundsätzlich ein gutes Angebot. So ist der Name entstanden.

Wie riskant ist es, einen Markennamen zu ändern, der seit fast 40 Jahren Millionen Deutschen bekannt ist?

Christian Schirmer: Bevor wir in Deutschland den Namen geändert haben, haben wir die Namensänderung im vergangenen Jahr in unseren etwa 90 Standorten in Österreich durchgeführt. Daher waren wir vorbereitet auf die Reaktionen und Wahrnehmung in einem deutschsprachigen Land. Was wir zunächst im Kleinen gemacht haben, haben wir dann ab Januar in Deutschland umgesetzt. Mit dem 27. September haben wir das Projekt mit der Umfirmierung aller fast 960 Standorte abgeschlossen. Es war eine logische Konsequenz, den Namen in allen Ländern anzugleichen – trotz der gestützten Markenbekanntheit des Namens Dänisches Bettenlager von mehr als 90 Prozent.

Wie reagieren die Kunden?

Christian Schirmer: Das größte Thema ist, den Namen richtig auszusprechen. Das ist tatsächlich die Frage, die die Kunden am häufigsten stellen. Wir flankieren unsere Prospekte zudem mit dem Slogan „Dänisches Bettenlager wird Jysk“. Das ist wichtig, weil sonst viele vielleicht nichts mit dem neuen Namen anfangen könnten. Es ist schon ein große Sache. Die letzte uns bekannte große Umbenennung im Handel war, als aus dem Schokoriegel Raider Twix wurde. Dort hieß es „… sonst ändert sich nix“. Bei uns ändert sich eine ganze Menge.

Welche weiteren Veränderungen gibt es in den Filialen?

Christian Schirmer: Es geht jetzt um Scandinavian Sleeping & Living (übersetzt: Skandinavisches Schlafen und Leben). Das wollen wir mit unserem neuen Ladenbaukonzept und mit unserem Onlineshop widerspiegeln. Wir möchten ein skandinavisches Ambiente anbieten und haben Inspirationsflächen eingerichtet, die den Kunden neben den normalen Regalen Anregungen anbieten sollen. Bundesweit 150 Läden sind inzwischen schon umgebaut. Das geht in den nächsten Monaten weiter. In Hamburg geht es am 22. November mit dem Umbau in der ersten unserer 14 dortigen Filialen los. Die Standorte in Geesthacht oder Bad Segeberg ganz in der Nähe sind schon umgebaut. In drei Jahren sollen alle Umbauarbeiten abgeschlossen sein. Das ist eine Geschwindigkeit, die wir so noch nie so hatten. In der Spitze wird in der Woche an zwölf Projekten parallel gearbeitet.

Und wie ist es mit den Produkten?

Christian Schirmer: Unser Sortiment war in vielen Bereichen in der Vergangenheit sehr bunt. Inzwischen haben wir 40 Prozent des Sortiments erneuert. Auch das soll weitergehen. Wir bieten ein warengruppenübergreifend abgestimmtes Sortiment und wollen uns als Trendsetter profilieren. Erste Auswirkungen sehen wir schon. Die Kunden nehmen das Angebot als neu wahr und haben volle Einkaufskörbe.

Wie viel investiert das Unternehmen in die Neuausrichtung?

Christian Schirmer: Das Gesamtprojekt der Umfirmierung und des Ladenkonzepts 3.0 ist veranschlagt mit 250 Millionen Euro. Der Umbau eines Geschäfts liegt bei einem Mittelwert von 200.000 Euro.

Will Jysk das dänische Ikea werden?

Christian Schirmer: Das ist eine Begrifflichkeit, die nicht zutrifft. Wir sind Jysk. Was uns im Gegensatz zu diesem Mitbewerber auszeichnet, ist die Beratungskompetenz in den Geschäften.

Ist mit der Veränderungen Personalabbau verbunden?

Christian Schirmer: Nein, im Gegenteil. Wir haben im Rahmen des Projektes 1000 Stellen ausgeschrieben, auch um die erwarteten Umsatzzuwächse abzudecken. Außerdem investieren wir erheblich in Weiterbildung und Filialorganisation, um uns als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

Die Corona-Pandemie hat in der Möbel- und Einrichtungsbranche für gute Umsätze gesorgt. Wie ist es für Jysk gelaufen?

Christian Schirmer: In den Zeiten, in denen wir öffnen durften, waren wir sehr zufrieden. Aber man darf nicht vergessen, dass wir in einzelnen Bundesländern bis zu sechs Monate am Stück geschlossen hatten. Das gleicht man nicht über den Onlinehandel aus. Für das Unternehmen Jysk weltweit war das Geschäftsjahr 2019/20 das erfolgreichste aller Zeiten – sowohl bei der Umsatz- als auch bei der Ebit-Entwicklung. Beim Umsatz haben wir uns um 7,6 Prozent auf 4,1 Milliarden Euro gesteigert. Für Deutschland haben wir wegen der Umfirmierung keine Ergebnisse veröffentlicht. Aber mit rund 960 von weltweit insgesamt über 3000 Stores ist Deutschland mit Abstand der größte Ländermarkt im Konzern.

Sie haben angekündigt, weitere 200 Filialen in Deutschland zu eröffnen. Das ist ungewöhnlich in einer Zeit, in der der Onlinehandel stark wächst. Was sind die Gründe?

Christian Schirmer: Wir sehen in Deutschland ein Potenzial für 1150 Geschäfte, daraus ergibt sich das Expansionsziel. Aktuell sind wir in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich vertreten. Während wir in Nord- und Ostdeutschland eine hohe Filialdichte haben, ist es in Mittel-, West- und Süddeutschland noch möglich, mehr neue Standorte zu eröffnen. Für dieses Geschäftsjahr haben wir uns 30 Neueröffnungen vorgenommen. Wenn man die Entwicklung betrachtet, machen das im Moment auch Onlinehändler wie etwa Home24 ähnlich, die im vergangenen Jahr neun neue Läden eröffnet haben. Die Vernetzung von Online- und Stationärhandel ist genau das, was gerade alle anstreben. Da sind wir hervorragend aufgestellt. In Deutschland kann uns jeder Kunde in maximal 20 Minuten Fahrtzeit erreichen.

Wie hoch ist der Online-Anteil bei Jysk in Deutschland?

Christian Schirmer: Noch im guten einstelligen Bereich, aber wir haben deutliche Zuwächse.

Als Hauptsponsor des Handballvereins SG Flensburg-Handewitt war das Bettenlager auch sportlich ein Begriff. Was ändert sich für den Verein durch die Namensänderung?

Christian Schirmer: Die Spieler tragen seit dem Saisonstart sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions League schon die neuen Trikots mit dem Jysk-Logo. Auch die Fans können die neuen Trikots bestellen. Ich glaube, die freuen sich. Die Trikots sind in diesem Jahr besonders gut gelungen, sowohl die Heim- als auch die Auswärtsvariante.