Hamburg. Joachim Olearius verlässt das Leitungsgremium der Bank – wohl auch wegen der Affäre um illegale Cum-Ex-Geschäfte.

Kontinuität ist gerade für Privatbankhäuser ein hohes Gut. Das traditionsreiche Hamburger Geldinstitut M.M. Warburg & CO konnte damit zuletzt nicht dienen: Innerhalb von weniger als vier Jahren sind fünf der Partner aus dem Leitungsgremium ausgeschieden – und nun sogar Bankchef Joachim Olearius, der die Position Mitte 2014 von seinem Vater Christian Olearius übernommen hatte. In dessen lange Amtszeit fielen die umstrittenen Cum-Ex-Geschäfte, deren juristische und politischen Aufarbeitung noch andauert. Christian Olearius und Max Warburg sind die Hauptgesellschafter der Bank.

Dass es einen direkten Zusammenhang zwischen der Cum-Ex-Affäre und dem Rückzug von Joachim Olearius geben könnte, wird in der Mitteilung des Bankhauses nur angedeutet. Die Familienunternehmen der Hauptgesellschafter setzten damit im Sinne moderner Governance – der englische Begriff steht für Unternehmensführung – und Aufsichtsanforderungen „eine Trennung von Eigentum und operativer Geschäftsführung in Bankunternehmen um“, heißt es da. Joachim Olearius habe „übergeordnete Interessen und die damit verbundene Zukunftssicherung der Bank ins Zentrum seines Handelns gestellt“, wird der Aufsichtsratsvorsitzende von M.M. Warburg, Bernd Thiemann, zitiert.

Warburg Bank: Finanzaufsicht beurteilt Machtverteilung kritisch

Durch den Hinweis auf die „Aufsichtsanforderungen“ wird auch offensichtlich, dass die Finanzaufsichtsbehörde BaFin die Konstellation bei M.M Warburg noch immer kritisch beurteilte. Wiederholt gab es Berichte, wonach die Behörde Christian Olearius und Max Warburg als Bankeigentümer für ungeeignet hält. Beide hatten zunächst Ende 2019 ihre Aufsichtsratsmandate niedergelegt und im August 2020 auch noch ihre Stimmrechte als Gesellschafter auf Bevollmächtigte übertragen. Ein Banksprecher räumte damals gegenüber dem Abendblatt ein, die BaFin habe den beiden Haupteignern „aufgrund von aus Sicht der Gesellschafter unberechtigten Vorwürfen“ mit dem Entzug der Stimmrechte gedroht.

Im Prinzip spreche auch bei einer Bank nichts dagegen, dass Eigentum und Management in einer Hand seien, sagte Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen an der Universität Hohenheim, dem Abendblatt zu der von M.M. Warburg gelieferten offiziellen Begründung der Personalie: „Hier hat man eben aus der Not eine Tugend gemacht.“

Cum-Ex: Soll die Warburg Bank vor einer Anklage gegen Joachim Olearius geschützt werden?

Im Rathaus wurde der Rückzug von Joachim Olearius sehr aufmerksam registriert, wenngleich der Schritt als nicht völlig überraschend bezeichnet wurde. Nachdem sich Christian Olearius schon vor Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen habe, sei es erwartbar gewesen, dass auch sein Sohn den Weg gehe, um die Trennung von Eigentum und operativem Geschäft zu vollziehen.

Die Entscheidung von Joachim Olearius werde aber auch vor dem Hintergrund der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Warburg wegen der Cum-Ex-Geschäfte gesehen. So könnte es auch darum gegangen sein, den Sprecher der Partner der Bank rechtzeitig aus der Schusslinie zu nehmen, falls es zu einer Anklageerhebung gegen Joachim Olearius kommen sollte. Eine Anklage gegen den amtierenden Vorstand eines Unternehmens würde fast zwangsläufig zu dessen Belastung führen und der Reputation schaden. Die Cum-Ex-Geschäfte der Bank liefen mindestens von 2007 bis 2011. Joachim Olearius war bereits seit 2009 als Partner in Führungsverantwortung.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss befasst sich auch mit Rollen von Scholz und Tschentscher

Ermittlungen gegen M.M. Warburg wegen Cum-Ex-Geschäften hatten im Januar 2016 mit einer Durchsuchung begonnen – wie bei vielen anderen Finanzinstituten in Deutschland auch. Seitdem hat das Hamburger Bankhaus stets angegeben, man habe nie die Absicht gehabt, „steuerrechtswidrige Aktiengeschäfte zu betreiben“. Im Januar 2021 teilte M.M. Warburg dennoch mit, die Bank habe alle Steuernachforderungen von insgesamt 155 Millionen Euro beglichen. Dies dürfe aber nicht als Schuldeingeständnis verstanden werden.

Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft versucht derzeit zu klären, warum die Hamburger Steuerverwaltung im Jahr 2016 zunächst darauf verzichtete, im Rahmen des Skandals um die Cum-Ex-Geschäfte 47 Millionen Euro von M.M. Warburg zurückzufordern. Der damalige Bürgermeister und heutige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) musste sich zuletzt wegen mehrerer Treffen mit Bankchef Christian Olearius von dem Untersuchungsausschuss in Hamburg befragen lassen.

Dabei ging es um die Frage, ob Scholz Einfluss auf die Entscheidung der Finanzverwaltung genommen haben könnte, zunächst auf die Millionenrückforderung zu verzichten. Scholz hatte jede Einflussnahme dementiert und sich in Detailfragen bei der Befragung auf Erinnerungslücken berufen.

So wird der Vorstand der Warburg-Bank neu aufgestellt

In der Mitteilung von M.M. Warburg zum Rückzug von Joachim Olearius heißt es, unter seiner Ägide sei die Bankengruppe zusammengeführt und verschlankt worden. Er habe die technische und digitale Erneuerung vorangebracht sowie eine deutliche Steigerung des Kundenvolumens erreicht. Künftig setze sich der Vorstand aus Manuela Better (Marktfolge) und Patrick Tessmann (Markt) zusammen. Better, die erst im Juli zu M.M. Warburg kam, war einst Chefin des in der Finanzkrise verstaatlichten Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate und ist aus dieser Zeit sehr gut mit der Bankenaufsicht vertraut.

Fortbestehen werde die „starke Verbundenheit mit den Gesellschafterfamilien“, heißt es in der Mitteilung weiter. Joachim Olearius werde künftig in leitender Funktion Verantwortung für die unternehmerischen Aktivitäten der Familie Olearius übernehmen. Zu diesen Aktivitäten gehört auch das Gut Schwaneberg in der Uckermark mit rund 500 Rindern. Dort habe er „viel über Wirtschaft und Menschen gelernt“, hatte Joachim Olearius dem Abendblatt im Jahr 2015 gesagt: „Wenn ich nicht Banker geworden wäre, dann wäre ich heute wohl Landwirt.“ Nun hat er Gelegenheit, in dieser Hinsicht etwas nachzuholen.