Hamburg. Betroffene sind sauer, weil die Bank Rufnamen im Konto ersetzt. Grund seien regulatorische Vorgaben. Konkurrenz weiß nichts davon.

Schon beim kurzen Blick auf das Adressfeld des Kuverts stutzt Markus Brinkmann (Name von der Redaktion geändert). Denn dort steht nicht Markus, sondern Hubert, der Vorname seines Vaters. Doch der ist zu diesem Zeitpunkt bereits rund zwei Jahre tot und hat früher ohnehin nicht in Hamburg gelebt, also an Markus Brinkmanns Wohnort.

Als der 58-jährige Selbstständige den Brief öffnet, findet er eine Girokarte. Auch das sorgt bei Markus Brinkmann für Verwunderung, eine neue Bankkarte für seinen Vater? Erst als er die Kontonummer prüft und feststellt, dass diese identisch mit seiner eigenen ist, kommt er der Lösung des Rätsels näher. Die Postbank hat seinen ersten Vornamen Hubert – benannt nach dem Vater – in das Adressfeld und auf die Girokarte gedruckt, sein Rufname Markus ist dagegen verschwunden. Aber warum?

Postbank-Berater kann nicht helfen

Hubert Markus Brinkmann fährt am folgenden Tag zur Postbank-Filiale und schildert den Vorgang einem Berater. Der teilt ihm mit, dies sei eine Vorgabe, die die Postbank umsetzen müsse. Dass Brinkmann aber weiter Markus heißen will, auch bei der Postbank, interessiert den Berater wenig. „Das können wir nicht rückgängig machen“, bekommt Brinkmann zur Antwort. Als er am Abend auf dem Laptop in sein Onlinekonto bei der Postbank schaut, steht dort ebenfalls sein neuer Name: Hubert. Da der irritierte, langjährige Kunde auch über das Telefon im Callcenter der Bank mit seinem Anliegen nicht weiterkommt – wo eine junge Frau ihm mitteilt, dass auch sie diese Namensänderung „seltsam“ finde –, schreibt Brinkmann eine Beschwerdemail an die Postbank.

Nach drei Tagen findet er zunächst eine neue Postbank-Kreditkarte mit dem Namen Hubert Brinkmann in seinem Briefkasten. Weitere sechs Tage später bekommt er schließlich mit der Post eine Antwort auf seine Beschwerde, adressiert an Hubert Brinkmann. „Vielen Dank für Ihre Nachricht“, steht dort. „Sie sind unzufrieden, weil wir (...) die Reihenfolge Ihrer Vornamen geändert haben. Ihre Verärgerung bedaure ich sehr. Leider können wir die Änderung nicht rückgängig machen.“ Und weiter: „Bei der Bezeichnung Ihres Kontos richten wir uns streng nach den Angaben in Ihrem Ausweis. (…) Nur den ersten Vornamen können wir in die Kontobezeichnung übernehmen.“ Und dann: „So schreiben es die erweiterten regulatorischen Vorgaben vor, die seit 2018 für alle Banken in Deutschland gelten.“

Bankenverband kann sich die Postbank-Regel nicht erklären

Aber was sind das genau für „regulatorische Vorgaben“, und wer hat sie sich ausgedacht? Dazu findet sich in dem Schreiben kein Wort. Und auch beim Bundesverband deutscher Banken (BdB), in dem nahezu alle privaten Geldinstitute des Landes – auch die Postbank über ihre Muttergesellschaft Deutsche Bank – Mitglied sind, ist man diesbezüglich ratlos. Eine BdB-Sprecherin schaltet sogar extra die Juristen des Verbandes ein, um herauszufinden, welche „regulatorischen Vorgaben“ es geben könnte, die zu den neuen Namen führen. „Wir haben nichts gefunden, trotz intensiver Recherche“, teilt die BdB-Sprecherin dem Abendblatt schließlich ein wenig ratlos mit. Und von anderen Banken habe sie diesbezüglich ebenfalls nichts gehört.

Auch bei Deutschlands größter Sparkasse hat man keine Antwort darauf, welche regulatorischen Vorgaben dazu führen sollten, dass Vornamen getauscht werden müssen. Weder bei Giro- oder Kreditkarten noch beim Konto an sich habe es in letzter Zeit Änderungen bei der Nutzung der Vornamen gegeben, heißt es auf Abendblatt-Nachfrage von der Hamburger Sparkasse. Es seien „keine neuen externen Vorgaben“ bekannt, so die Haspa. Folglich dürfte Markus Brinkmann bei der Haspa und anderen Banken weiter Markus Brinkmann heißen. Bei der Postbank aber nicht.

Der Kunde soll zum Standesamt gehen

Wie er sich nun verhalten könnte, liest Markus Brinkmann im letzten Teil des Briefes, den er von der Postbank bekommen hat: „Wenn sie Ihren Namen oder die Reihenfolge Ihrer Namen ändern möchten, können Sie das bei Ihrem zuständigen Standesamt veranlassen. Bitte gehen Sie im Anschluss in eine unserer Filialen und legitimieren sie sich neu. Dann ändern wir gerne Ihre Daten bei uns.“

Von dieser Idee nimmt Markus Brinkmann schnell Abstand, denn die Folgen wären ein erheblicher Zeitaufwand und Zusatzkosten für die neue Namensreihenfolge im Sinne der Postbank. Schließlich müssten womöglich auch zahlreiche Dokumente (Stammbuch, Personalausweis, Reisepass usw.) die neue Namensreihenfolge erhalten. Und warum sollte er das überhaupt tun? Schließlich hat er seine Namensreihenfolge schon seit der Geburt im Jahr 1963 und sieht nicht ein, diese wegen „regulatorischer Vorgaben“, von denen womöglich nur die Postbank weiß, zu ändern.

Auch die Kontovollmacht für die Mutter soll angepasst werden

Allerdings wissen offensichtlich auch nicht alle Abteilungen der Postbank von den „regulatorischen Vorgaben“ oder stimmen sich bei ihrem Vorgehen zumindest nicht ab. Denn nur kurze Zeit nachdem Markus Brinkmann seine neue Kreditkarte erhalten hat, bekommt er einen Anruf seiner 86-jährigen Mutter aus dem fernen Sauerland. Sie ist ebenfalls Postbank-Kundin. Und für sie wickelt er seit Jahren online via Vollmacht die Bankgeschäfte ab.

Sie hat ebenfalls einen Brief plus Formular von der Postbank im Briefkasten. „Wir haben die Mitteilung erhalten, dass sich der Name Ihres Bevollmächtigten geändert hat“, schreibt das Geldinstitut an Brinkmanns Mutter. Und weiter: „Damit Herr Brinkmann Aufträge unter seinem neuen Namen erteilen kann, benötigen wir noch eine neue Unterschriftenprobe. Füllen Sie bitte das beiliegende Formular aus. (…) Lassen sie Herrn Brinkmann seine Unterschrift unter Vorlage seines gültigen Personalausweises oder Reisepasses an einem Schalter einer Postbank-Filiale bestätigen.“

Postbank spricht von „automatisierten Prozessen“

Seitens der Pressestelle der Postbank werden auf Abendblatt-Nachfrage als Grund für das Namenswirrwarr ebenfalls „regulatorische und rechtliche Gründe“ angegeben. Allerdings verweist man in der schriftlichen Stellungnahme auch darauf, dass die Postbank verstärkt auf „automatisierte Prozesse“ setze. So würden Ausweisdokumente nun „in Leserichtung von links nach rechts erfasst“. Einfacher für die Postbank, aber deutlich komplizierter für viele Kunden. Aber warum steht diese Begründung nicht in den versendeten Briefen an die Betroffenen? Das bleibt offen.

Markus Brinkmann stellen sich derweil noch zwei weitere Fragen: Erstens: Muss er die nun geforderte Unterschriftenprobe mit seinem neuen Postbank-Namen Hubert Brinkmann leisten? Schließlich unterschreibt er, seit er denken kann, mit Markus Brinkmann, übrigens auch bei der Postbank auf Formularen und der Rückseite der Karten. Und wenn er die neue Unterschrift nicht hinterlegt, kann er dann womöglich nicht länger Bankgeschäfte für seine Mutter abwickeln? Die Hotline der Postbank kann ihm diese Fragen nicht beantworten, hat aber einen Ratschlag: „Schreiben Sie am besten online eine Beschwerde.“