Hamburg. Hapag-Lloyd und Sea Cloud verlangen bereits vollen Corona-Schutz. Aida und Tui prüfen dies für bestimmte Strecken.
Nach den monatelangen coronabedingten Einschränkungen des Kreuzfahrtgeschäfts prüft die Branche eine Lösung, um wieder mehr Schiffe in Fahrt zu bringen: Kreuzfahrtreisen nur noch für geimpfte Passagiere.
Mehrere internationale Reedereien verlangen von ihren Gästen bereits vollen Corona-Schutz – in Deutschland haben etwa die Hamburger Reedereien Sea Cloud und Hapag-Lloyd Cruises diese Regel aufgestellt. Auch die beiden größten deutschen Anbieter Aida Cruises und Tui Cruises bieten jetzt Reisen nur für Geimpfte an. Im Gegenzug versprechen sie Lockerungen bei den strengen Gesundheitsregeln an Bord. So sollen auch wieder individuelle Landgänge der Passagiere an den Reisezielen möglich sein.
Corona-Impfpflicht für Kreuzfahrten
Die Impfpflicht gilt zunächst nur für Reisen nach Norwegen, weil der Staat dieses zur Grundbedingung der Einreise gemacht hat. Andere Fahrtgebiete könnten aber folgen: „Wir beobachten den Markt sehr genau und diskutieren auch die Ausweitung der Impfpflicht auf andere Fahrtgebiete. Es gibt aber noch keine Entscheidung“, sagte Hansjörg Kunze, Kommunikationschef der Reederei Aida Cruises mit Unternehmenssitz in Hamburg und Rostock.
Was für die Passagiere gelten soll, gilt auch für die Besatzungen an Bord der Schiffe: So lassen die Reedereien an verschiedenen deutschen Standorten derzeit ihre Crewmitglieder durchimpfen. Auch Länder wie Israel, die USA, Costa Rica und die Bahamas fordern von Kreuzfahrtgästen eine Impfung.
Schiff der Reederei Aida Cruises startet in Hamburg
Auf der „AIDAmar“ sind indessen die letzten Vorbereitungen abgeschlossen. Zehn Tage hat die „AIDAmar“ bei der Werft Blohm + Voss zur technischen Inspektion gelegen und dabei das Make-up ihrer Außenhaut aufgefrischt. Jetzt liegt das Kreuzfahrtschiff am Kreuzfahrtterminal Steinwerder und wartet auf seine Gäste. Sie werden am kommenden Sonnabend an Bord gehen. Um 18 Uhr bricht die „AIDAmar“ dann zu Rundreisen in die Ostsee nach Schweden auf. Angesteuert werden Visby auf der Insel Gotland. Danach geht es weiter nach Göteborg.
Es ist seit fast eineinhalb Jahren das erste Mal, dass die Reederei Aida Cruises ein Schiff von Hamburg aus auf die Reise schickt. Zuletzt war die „AIDAmar“ am 7. März 2020 von hier aus in See gestochen. Danach brachte die Corona-Pandemie das Kreuzfahrtgeschäft weltweit zum Erliegen. Nur mühsam gelang es der Branche, vereinzelt ihre Schiffe mit strengen Testvorgaben für die Passagiere und Hygieneregeln an Bord wieder in Fahrt zu bringen.
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Hapag-Lloyd Cruises wird ab Herbst 2021 nur noch Kreuzfahrten für geimpfte Personen anbieten. Gleiches gilt für die britische Saga Cruises, die American Queen Steamboat Company und die Schwester-Reederei Victory Cruise Lines. Andere wie der große Anbieter Royal Caribbean Group machen es von den Reisezielen abhängig. Der US-amerikanische Markt verlangt beispielsweise die Impfung.
Norwegen genehmigt Einreise nur mit geimpften Personen an Bord
Auch die beiden größten deutschen Anbieter machen sich derzeit Gedanken, ob eine generelle Impfpflicht für ihre Passagiere eingeführt werden soll. „Es wird diskutiert“, sagt ein Sprecher des Branchenprimus Aida Cruises mit Sitz in Hamburg und Rostock. Und auch die in Hamburg ansässige Tui Cruises erwägt eine Ausweitung der Impfpflicht. „70 Prozent der Gäste bei uns an Bord, sind ohnehin geimpft“, sagte eine Sprecherin.
Beide Unternehmen haben sich für den Spätsommer auf Norwegen-Reisen spezialisiert. Das Land genehmigt die Einreise aber nur mit geimpften Personen an Bord. Das gilt für alle Erwachsenen ab 18 Jahren. Für Kinder ab vier Jahren gilt eine Testpflicht. Die zweite Impfung muss mit Biontech, Moderna oder AstraZeneca mindestens 14 Tage zurückliegen, die einmalige Impfung mit dem Vakzin von Johnson& Johnson mindestens 21 Tage. Es reicht auch nicht, das Impfbuch mit den Stempeln mit sich zu führen, die Nachweise müssen digital vorliegen.
Reedereien halten sich strikt an die Vorgaben
Die Reedereien halten sich strikt an die Vorgaben. Wer etwa bei Tui Cruises bereits vor der neuen Regelung die Fahrt mit der „Mein Schiff 1“ ab 22. August nach Oslo und durch die norwegischen Fjorde gebucht hat, und sich jetzt nicht noch schnell impfen lässt, wird nicht mitgenommen. „Die Gäste bitten wir, ihre Reisen kostenlos umzubuchen“, sagt die Unternehmenssprecherin.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Gleiches gilt für die Besatzungen. Tui Cruises hat eine Vereinbarung mit dem Kieler Impfzentrum geschlossen und lässt dort seine Crews durchimpfen. Auf der „Mein Schiff 3“ haben bereits 80 Prozent der Besatzungsmitglieder ihre erste Impfung erhalten, auf der „Mein Schiff 5“ sind es 78 Prozent. Die Kosten trägt der Staat – übrigens auch für die vielen Seeleute ausländischer Herkunft. „Die Impfbereitschaft bei unseren Mitarbeiter ist sehr hoch“, sagte die Sprecherin. Sollte ein Besatzungsmitglied den Piks ablehnen, oder aus anderen Gründen nicht geimpft werden dürfen, wird es auf andere Schiffe versetzt, auf denen Impfpflicht nicht besteht.
Selbstbedienung am Buffet wieder möglich
Wer sich aber impfen lässt, kann mit Lockerungen des harten Gesundheitsregimes an Bord rechnen. So ist beispielsweise die Selbstbedienung am Buffet ebenso wie die uneingeschränkte Saunanutzung wieder möglich. In den Theatern, Bars und auf dem Pooldeck gibt es ein vielseitiges Unterhaltungsangebot. Und wer Land und Leute auf eigene Faust erleben möchte, muss sich nicht mehr den organisierten Bustouren in den Häfen anschließen, sondern kann individuell an Land gehen.
Gleiches gilt für die Norwegenfahrten, die die „AIDAmar“ nach ihren Ostseetörns, ab 28. August vornimmt. Sie steuert die Küstenstädte Stavanger und Alesund sowie Bergen an. Auch hier sind individuelle Landgänge erlaubt.
Auch bei Aida laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren
Auch bei Aida laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren: Seit 13 Juli lassen sich Besatzungen durch das mobile Impfteam des Deutschen Roten Kreuzes in Hamburg durchimpfen. Den Anfang machten mehrere Hundert Crew-Mitglieder der „AIDAmar“, sowie der „Hanseatic nature“ des Konkurrenten Hapag-Lloyd Cruises.
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„Bei den Besatzungen haben wir bald den Impfschutz zu 100 Prozent erreicht“, sagt Helge Grammerstorf, Direktor des Kreuzfahrtverbands Cruise Lines International Association (CLIA) in Deutschland, der die Impfaktionen mit ins Leben gerufen hat. Gibt es also bald nur noch Kreuzfahrten für Geimpfte? „Man kann noch nicht absehen, wie der Trend sich weiterentwickelt“, sagt Grammerstorf. Derzeit seien die Vorgaben „von Reise zu Reise und von Fahrtgebiet zu Fahrtgebiet unterschiedlich.“ Das hänge nicht nur von den Entscheidungen der Kreuzfahrtreedereien, sondern auch von den Vorgaben der Länder ab. Und die wiederum entscheiden nach dem Pandemie-Geschehen.
Aida setzt unterdessen wieder verstärkt auf Abfahrten aus Hamburg: Nach der „AIDAmar“ wird die „AIDAprima“ ab 30. Oktober 2021 und bis April 2022 ab Hamburg verschiedene Metropolen Westeuropas ansteuern. Ebenfalls im Oktober startet die „AIDAsol“ drei 40- und 43-tägige Reisen in die Karibik. Ob dann nur geimpfte Passagiere mitfahren dürfen, ist noch nicht bekannt.