Hamburg. Viele Hamburger haben während der Pandemie ein altbekanntes Fortbewegungsmittel wieder für sich entdeckt. Sogar Lieferengpässe.

Damals, als Dallas und Die Schwarzwaldklinik im Fernsehen liefen und viele Frauen sich in Aerobicanzügen fit hielten, wollten die Kinder vor allem eines: Rollschuhe. Die so genannten Disco Roller gehörten zu den 1980er Jahren wie Schulterpolster und die Neue Deutsche Welle. Heute erleben die Retro-Skater ihr großes Comeback.

„Die Nachfrage ist deutlich gestiegen“, sagt Jannik Hildebrandt vom Hamburger Anbieter Rollenwelt. Im Onlineshop unter rollenwelt.de und im dazu gehörigen Geschäft Funsportwelt in Bahrenfeld finden die Kunden alles rund um den Sporttrend: Chucks mit Rollen, Modelle in Pastellfarben, Klassiker in Schwarz. Führten sie vor der Pandemie häufig noch ein Nischendasein, zählen die Rollschuhe heute zu den beliebtesten Sportgeräten.

Sporthändler Decathlon verzeichnet Umsatzplus im dreistelligen Prozentbereich

Ähnlich wie die SUP-Boards oder die Stunt Scooter, mit denen sich die Leute in der vielen Freizeit zu Hause die Langeweile vertrieben haben, gehören die Rollschuhe zu den Krisengewinnlern. „Viele Familien sind nicht in den Urlaub gefahren und wollten einfach etwas Neues ausprobieren“, beschreibt Hildebrandt die Ursache für den Trend, der die Branche in ganz Europa überrollt.

Der Sporthändler Decathlon verzeichnet ein Umsatzplus im dreistelligen Prozentbereich im gesamten Rollsportsortiment, sagte eine Firmensprecherin mit Blick auf den Zeitraum zwischen Frühjahr 2021 und Anfang 2020. Der Bereich habe diese Zuwächse erreicht „trotz der Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen im öffentlichen und privaten Leben“, ergänzte die Sprecherin. Dabei seien die Erlöse bei den Inlinern zwar um ein Vielfaches höher als bei den Rollschuhen, heißt es bei Decathlon.

Zielgruppe ist vorwiegend weiblich

Doch die früheren Disco-Roller, also die Skates mit parallel nebeneinander angebrachten Rollen, setzen sich immer mehr durch – bei Jung und Alt. „Vorwiegend ist die Zielgruppe weiblich“, sagt Jannik Hildebrandt, Marketingleiter der Funsportwelt, die ausschließlich die herkömmlichen Rollschuhe anbieten. Der Schwerpunkt beim Alter liege zwischen 14 und 20 Jahren. Und dann noch einmal in der Gruppe der über 40-Jährigen, „also bei Frauen, die den Trend bereits in ihrer Kindheit mitgemacht haben“, ergänzt Rollschuhexpertin Julia Krüger von dem Geschäft Funsportwelt, das derzeit für Kunden noch nicht regulär geöffnet ist und nur Click & Collect anbietet.

Einsatzbereiche sind ruhige Straßen und Promenaden, Skateparks, aber auch Eislauf-hallen, die im Sommer zu Rollschuhparadiesen werden. In Hamburg lockt insbesondere die größte Open-Air-Eisbahn in Planten un Blomen, die in den Sommermonaten zur frei zugänglichen Rollschuhbahn wird.

Der Lifestyle von damals ist nicht totzukriegen

Während früher die Teenies zu Liedern wie Ladies Night von Kool and The Gang oder Xanadu von Olivia Newton John feierten, die im Video 1980 auch Rollschuhfahrer durchs Bild flitzen ließ, spielt heute erneut der Style beim Sport eine wichtige Rolle. Auf YouTube präsentieren sich die Könnerinnen auf Rollen in Minirock und zeigen erotisch-wilde Tanzeinlagen wie einst Patrick Swayze im Film Skatetown, USA.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Dass der Lifestyle von damals nicht totzukriegen ist, zeigt auch die Lebensdauer des Rollschuh-Musicals Starlight Express. In diesen Tagen, 33 Jahre nach der Uraufführung des Musicals im Juni 1988, proben die Stars in Bochum für die Neuaufnahme der Show nach der Corona-Pause. Das „rasanteste Musical im Universum“ wird mit Lichteffekten und Drohnen in die heutige Zeit geholt, spielt sich aber nach wie vor auf den sehr klassischen Disco-Rollern ab.

Große Nachfrage

Die Rollschuhe früherer Zeiten machen auch im Netz wieder einen Großteil des Angebots aus, die Modelle bekannter Marken wie Rio, Roces oder Rookie leuchten silbern im Discokugel-Style oder in Regenbogenfarben. Einzig der Hinweis auf den Pluspunkt „vegane Schuhe“ und möglichst wenig Plastik bei der Verpackung katapultiert Kunden wieder ins Hier rund Jetzt.

Andere Anbieter, etwa auf Otto.de, sind Impala, die es auch in Holographie-Optik gibt, oder die schon vor Jahrzehnten bekannte Marke Hudora, die einst die Gummirollen einführten. Auch bei dem Hamburger Internethändler läuft es im Rollsport prima: Die Nachfrage liege im laufenden Jahr bisher 25 Prozent über dem Vor-Corona-Niveau, sagte eine Firmensprecherin von Otto.

Experten raten dazu, nicht nur nach dem Aussehen zu gehen

Experten raten dazu, bei den bunten Flitzern nicht nur nach dem Aussehen zu gehen. Ein Chassis aus Kunststoff ist flexibel und Anfängern zu empfehlen. Eine Basis aus Aluminium ist steif, ermöglicht aber ein präziseres Fahren und wird hauptsächlich von Fortgeschrittenen genutzt. Ein Unterschied macht dazu noch die Härte der Rollen, denn weichere Rollen dämpfen Unebenheiten und sind eher für draußen geeignet, härtere für Hallen. Das Kugellager bestimmt die Geschwindigkeit. Die Bremsen, also der Stopper, sollten sich nicht zu schnell abnutzen und austauschbar sein.

Corona: Diese Testverfahren gibt es

  • PCR-Test: Weist das Virus direkt nach, muss im Labor bearbeitet werden – hat die höchste Genauigkeit aller Testmethoden, ist aber auch die aufwendigste
  • PCR-Schnelltest: Vereinfachtes Verfahren, das ohne Labor auskommt – gilt als weniger zuverlässig als das Laborverfahren
  • Antigen-Test: weniger genau als PCR-(Schnell)Tests, dafür zumeist schneller und günstiger. Laut RKI muss ein positives Testergebnis durch einen PCR-Test überprüft werden, ein negatives Ergebnis schließt eine Infektion nicht aus, insbesondere, wenn die Viruskonzentration noch gering ist.
  • Antigen-Selbsttest: Die einfachste Test-Variante zum Nachweis einer Infektion mit dem Coronavirus. Wird nicht von geschultem Personal, sondern vom Getesteten selbst angewandt. Gilt als vergleichsweise ungenau.
  • Antikörper-Test: Weist keine akute, sondern eine überstandene Infektion nach – kann erst mehrere Wochen nach einer Erkrankung sinnvoll angewandt werden
  • Insgesamt stellt ein negatives Testergebnis immer eine Momentaufnahme dar und trifft keine Aussagen über die Zukunft

Die Modelle, die meist zwischen 80 und 180 Euro kosten, sind dabei so beliebt, dass es bereits zu Engpässen kommt. „Wir können die Nachfrage kaum befriedigen“, sagt Benjamin Reinert von Nielsen Sport im Einkaufszentrum „Hamburger Meile“. Das Sportgeschäft an der Mundsburg bietet Inliner etwa von K2 und Powerslide an sowie einzelne Rollschuhe. Doch die Lieferungen aus Fernost, wo die Ware gefertigt wird, stocken. „Der Ansturm ist eben nicht nur hier groß“, sagt der Inhaber des Sportgeschäfts, und die Probleme in der Schifffahrt wie der Stau im Suezkanal behinderten den Transport.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Wer beim Kauf nicht zum Zuge kommt oder lange nicht mehr auf Rollen gestanden hat, möchte vielleicht erst einmal leihen statt kaufen. Das ist möglich, zumindest bei Inlinern, Scootern und Skateboards: Der Skatepark an der Spaldingstraße bietet auch einen Verleih, für rund drei Euro. Pausieren muss leider die Roller-Disco im Mojo Club, wo sich sonst – wie früher – alles um die klassischen Rollschuhe und passende Rhythmen dreht. Doch der legendäre Ort an der Reeperbahn befindet sich in der Pandemie-Pause. Sobald die Corona-Regeln wieder eine Öffnung zulassen, könne die Rollerskate-Party aber wieder starten, versprechen die Betreiber.