Berlin. Die Corona-Krise hat die Ausbildung von Geflüchteten verschlechtert. Wirtschaftsorganisationen berichten, woran es derzeit scheitert.

Wer mitten in der Corona-Pandemie die Schule abschloss und sich auf die Suche nach einer Ausbildungsstelle begab, hatte mitunter schlechte Karten. Die Zahl der angebotenen Lehrstellen ging laut Bundesinstitut für Berufsbildung (Bibb) um fast neun Prozent zurück. Zugleich sank auch die Zahl der Bewerber drastisch.

Unternehmen und künftige Auszubildende fanden oft nicht zueinander. Erstmals seit der Wiedervereinigung gab es weniger als 500.000 neue Azubis in Deutschland.

Ausbildung: Geflüchtete laut DIHK-Umfrage besonders stark getroffen

Besonders negativ hat sich die Pandemie auf Geflüchtete ausgewirkt, die gerade ihre Ausbildung absolvieren oder beginnen möchten. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die unserer Redaktion vorliegt.

Der DIHK hatte bei 70 Wirtschaftsorganisationen, darunter 41 Industrie- und Handelskammern, 16 Handwerkskammern und 13 anderen Organisationen wie Landwirtschaftskammern oder Bildungsträgern, nachgefragt, welche Folgen die Krise auf die Ausbildung der Geflüchteten hat.

60 Prozent der Befragten gaben an, dass Geflüchtete stärker von den Auswirkungen der Pandemie betroffen seien als ihre Kolleginnen und Kollegen.

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Es fehlt an technischer Ausstattung

Der Umfrage zufolge scheitert es an ganz praktischen Dingen. Jede dritte Organisation berichtet, dass es den Geflüchteten an technischer Ausrüstung, also etwa Laptops oder einer stabilen Internetverbindung, mangelt – oftmals Grundvoraussetzungen für die mobile Arbeit während der Lockdown-Zeiten. Auch seien Sprachkenntnisse während der Pandemie kaum gefördert worden.

Ins Gespräch kommen, sich kennenlernen – in Corona-Zeiten scheint das schwerer möglich. Fast jede vierte Organisation hat der Umfrage zufolge Probleme, Kontakt mit möglichen Bewerbern aufzunehmen. Auch die Erreichbarkeit der Behörden habe sich verschlechtert.

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Geflüchtete werden häufig in den stark betroffenen Branchen ausgebildet

In einigen Branchen gab es schlicht kein Angebot mehr für Geflüchtete. Vor allem das Gastgewerbe ist nach Auskunft der befragten Wirtschaftsorganisationen relevant für die Ausbildung von Geflüchteten, aber auch der Einzelhandel stelle eine wichtige Säule dar. Beide Branchen sind von der Corona-Krise massiv betroffen, mussten monatelang ihre Geschäfte schließen, bilden bisweilen nicht mehr aus.

Andere Branchen, etwa das Handwerk, buhlen dagegen um Auszubildende, finden aber oftmals keinen Nachwuchs.

Bund will Unternehmen unter die Arme greifen

Der Bund greift den Unternehmen mit einer Ausbildungsprämie unter die Arme. 410 Millionen Euro stehen für 2021 bereit, pro angebotene Lehrstelle werden Unternehmen mit 4000 Euro bezuschusst, bei neu geschaffenen Lehrstellen sogar mit 6000 Euro.

Die Nachfrage aber hält sich bisher in Grenzen. Gerade einmal 88 Millionen Euro wurden bis Mitte Juni ausgezahlt. Und das neue Ausbildungsjahr mit Beginn im September steht schon vor der Tür.