Hamburg. Online-Modehändler wagt den Gang aufs Parkett. Wie kommen Privatanleger an die Aktie? Ist der Ausgabepreis fair? Die Antworten.

Es ist der größte Börsengang eines Hamburger Unternehmens seit vielen Jahren: Am Mittwoch werden die Aktien des Online-Modehändlers About You erstmals gehandelt. Der Ausgabepreis liegt bei 23 Euro je Anteilsschein. Zuvor hatte die Preisspanne bei 21 bis 26 Euro gelegen.

Somit beträgt das Emissionsvolumen bis zu 941 Millionen Euro. Zum Vergleich: Der Börsengang des Hamburger Hafenbetreibers HHLA im Jahr 2007 brachte damals knapp 1,2 Milliarden Euro ein. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum bevorstehenden Börsendebüt von About You:

About You geht an die Börse: Wer steckt dahinter?

Das Unternehmen, ein Online-Händler für Bekleidung, Schuhe und Accessoires, ist im Jahr 2014 als Tochtergesellschaft der Otto-Gruppe gegründet worden. Anfangs gehörte auch Benjamin Otto, der Sohn von Michael Otto, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Hamburger Versandhandelsgruppe, der Geschäftsleitung an.

About You verkauft neben Fremdmarken auch Bekleidung unter eigenen Marken. Im Jahr 2018 stieg das junge Unternehmen zum ersten sogenannten Einhorn Hamburgs auf – so nennt man Start-ups, deren Bewertung eine Milliarde Dollar übersteigt. Im Corona-Jahr 2020 ist der Umsatz um 57 Prozent auf 1,17 Milliarden Euro gewachsen, vor allem durch den Eintritt in mehrere europäische Märkte. Monatlich verzeichnete About You zuletzt mehr als 30 Millionen aktive Nutzer.

Wie können Privatpersonen die neue Hamburger Aktie kaufen?

Am Mittwochvormittag startet die About-You-Aktie an der Frankfurter Börse in den Handel. Damit kann sie auch von Privatanlegern gekauft werden. Das Börsensymbol lautet „YOU“, die internationale Wertpapierkennnummer ist ISIN DE000A3CNK42. Wer sich vor einem Aktienkauf näher mit den Chancen und Risiken des Geschäfts von About You befassen möchte, kann dazu den Börsenprospekt heranziehen, der am Dienstag herausgegeben werden soll.

Warum konnten Privatanleger die Aktien nicht vorab zeichnen?

Es ist längst nicht mehr allgemein üblich, dass Privatpersonen vor einem Börsengang – wie etwa dem der Telekom in den 1990er-Jahren – einen Zeichnungsauftrag über ihre Bank abgeben können. Schon seit einigen Jahren wird es praktisch zur Regel, dass die Aktien innerhalb der Zeichnungsfrist vor der Erstnotiz nur Profianlegern angeboten werden.

Dies vereinfacht das Verfahren im Hinblick auf die nun strengere Finanzmarktregulierung deutlich. Zwar zielt das Geschäftsmodell von About You nicht etwa auf einen kleinen Kreis von Firmenkunden, sondern auf breite Konsumentengruppen – ein Argument, das im Prinzip dafür gesprochen hätte, auch Privatanlegern die Zeichnung zu ermöglichen. Aber die Hauptzielgruppe des Modehändlers seien junge Frauen, und sie seien nicht unbedingt die typischen Aktieninvestoren, hieß es dazu in Finanzkreisen.

Woher stammen die Aktien, die an die Börse kommen?

Genau 28.571.429 Aktien stammen aus einer Kapitalerhöhung zum Börsengang. Bis zu 3.571.428 Aktien werden aus dem Besitz der Vorstände verkauft. Abhängig von der Nachfrage der Investoren werden die kleineren Gesellschafter des Unternehmens – dies sind die Gesellschaft für Handelsbeteiligungen (GFH) von Benjamin Otto sowie die Beteiligungsgesellschaften SevenVentures und German Media Pool – bis zu 4.821.428 weitere Aktien abgeben. Die beiden größten Anteilseigner, die Otto Group (53,5 Prozent) und die dänische Investmentgesellschaft Heartland (28,9 Prozent), werden keine Papiere verkaufen.

Wie wurde der Ausgabepreis ermittelt?

Zunächst hat man anhand von Unternehmensbewertungen durch Branchenexperten der am Börsengang beteiligten Banken eine Preisspanne festgelegt. Sie reichte von 21 Euro bis 26 Euro je Aktie. Vom Dienstag vergangener Woche bis zum Montag lief die sogenannte Bookbuilding-Phase.

In diesem Zeitraum konnten interessierte Investoren gegenüber den Banken des Emissionskonsortiums – dies sind die Deutsche Bank, Goldman Sachs und J.P. Morgan aus den USA, außerdem Numis Securities (Großbritannien), Société Générale (Frankreich) und UBS (Schweiz) – eine Zeichnungsanfrage mit Angabe der gewünschten Aktienanzahl und eines Höchstpreises verbindlich abgeben. Auf der Grundlage dieser Anfragen wird dann vom Emissionskonsortium die Zuteilung der Aktien vorgenommen, außerdem legt man den Preis fest. Bei den Investoren, mit denen die Banken in Kontakt waren, handelt es sich unter anderem um Pensionsfonds und Fondsgesellschaften aus den USA und Europa.

Wie schätzen Branchenexperten die Perspektiven der Onlinehändler ein?

Im vergangenen Jahr haben die Kurse von Onlinehändlern wie Amazon oder Zalando – das Berliner Unternehmen ist im Hinblick auf das Geschäftsmodell noch am ehesten mit About You vergleichbar – extrem stark zugelegt, doch in diesem Jahr hat sich die furiose Aufwärtsbewegung bisher nicht fortgesetzt. Experten sind aber offenbar weiter zuversichtlich. So empfehlen laut des Online-Wertpapierportals Finanzen.de zwölf Analysten die Zalando-Aktie zum Kauf, sechs raten zum „Halten“, keiner hat sie auf der Verkaufsliste.

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Christian Salis von der Privatbank Hauck & Aufhäuser hat das Kursziel für Zalando erst in der vorigen Woche von 100 Euro auf 110 Euro angehoben. Die zunehmenden Lockerungen und der neu belebte Tourismus dürften die Nachfrage nach Mode anheizen, schrieb Salis in seiner Studie. Davon profitierten sowohl der stationäre Handel als auch der Onlinehandel. Analyst Volker Bosse von der Baader Bank hat ebenfalls in der zurückliegenden Woche das Kursziel für Zalando angehoben (von 115 Euro auf 122 Euro) und seine Umsatz- und Ergebnisschätzungen nach oben angepasst.

Setzt man allerdings den jeweiligen Umsatz von Zalando und About You in Beziehung zum Unternehmenswert, erscheint die Bewertung des Hamburger Unternehmens nicht unbedingt besonders günstig – gerade wenn man bedenkt, dass About You erstmals im vierten Quartal 2020 einen Gewinn erzielte, Zalando aber schon seit 2014 überwiegend profitabel arbeitet: Zalando wird anhand des Börsenkurses mit dem 3,1-Fachen des Umsatzes bewertet, About You auf der Basis des Mittelwerts der Preisspanne mit dem 3,4-Fachen.

Wie bedeutend ist der Börsengang von About You im Vergleich?

Noch mehrere weitere deutsche Unternehmen stehen für einen Börsengang in den nächsten Monaten schon in den Startlöchern. Im Vergleich zu deren Plänen nimmt sich das Aktienmarktdebüt von About You noch eher bescheiden aus: Daimler will seine Lkw-Sparte an die Börse bringen, deren Wert auf rund 35 Milliarden Euro veranschlagt wird.

Auch der Wert des Öl- und Gaskonzerns Wintershall Dea, der einen Termin im September anpeilt, dürfte im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Die Berliner Gebrauchtwagen-Plattform Auto1 hatte bereits im Februar ein Emissionsvolumen von 1,83 Milliarden Euro erzielt. Seitdem ist ihr Kurs an der Börse allerdings sehr deutlich – um fast 30 Prozent – gesunken.