Hamburg. Unternehmen bringt nach Guacamole und Tortillas nun Fruit Bowls mit Avocado auf den Markt – und macht dabei etwas anders.
Auf einer Dienstreise vor zwei Jahren in Mexiko hatte Antonia Schlüter die Idee für ihr neues Produkt. „Dort habe ich das erste Mal Avocado mit etwas Süßem produziert. Das schmeckte mega-lecker“, erinnert sich die 39-Jährige.
Später ließ sie sich von ihren Geschäftspartnern Proben der mit Agavendicksaft gesüßten Frucht nach Deutschland schicken. Und dann wurde getestet. Manchen war sie zu sauer, einigen gefiel die Konsistenz nicht, anderen die Farbe. Anfang 2020 hatte sie die perfekte Rezeptur gefunden.
Hamburgerin stellt Fruit Bowls mit Avocado her
Ihre Schwangerschaft und ein Rebranding der Marke sorgten allerdings für einen verzögerten Marktstart – doch nun ist es soweit: Die Fruit Bowls mit Avocado sowie wahlweise Himbeere oder Mango und einem Granola-Nuss-Mix gibt es im firmeneigenen, neuen Onlineshop. „Jetzt starten die Gespräche mit den Großhändlern, damit sie die Produkte aufnehmen“, sagt die Diplom-Volkswirtin.
Bei null muss das Bahrenfelder Unternehmen Agora America nicht anfangen. Denn ihre Guacamole mit dem Markennamen Solpuro (auf Deutsch: Sonne pur) steht schon in Tausenden Supermärkten.
Ein Deutsch-Chilene hatte 2013 die Idee
Im Sommer 2013 hatte ihr Geschäftsführer-Kollege Nicolaus Vorwerk die Vision, die grüne Frucht auf den alten Kontinent zu bringen. Der Deutsch-Chilene war zum Studium nach Hamburg gekommen. „Ich habe in Chile viel Avocado gegessen. Aber hier schmecken die nicht“, sagt der 37-Jährige. Weil sie lange mit dem Schiff transportiert werden, hätten sie beim Pflücken nicht die optimale Reife.
Der Betriebswirt bestellte sich in Mexiko Tüten mit gekühlter Guacamole in drei Geschmacksrichtungen und war begeistert, weil es wie in der Heimat schmeckte. Kurzentschlossen schmiss er nach drei Monaten seinen Job bei einem Frischfruchtimporteur, gründete seine Firma und bestellte ohne einen einzigen Abnehmer zu haben einen 20-Tonnen-Container, der mit tiefgefrorener Guacamole gefüllt war – teils in großen Gebinden für die Gastronomie und teils in Haushaltsportionen. „Es war verrückt. Aber als Unternehmer muss man naiv sein“, erinnert sich Vorwerk.
Bei seiner Telefonakquise fing er sich zunächst viele Abfuhren ein. Dann kam der erste Abnehmer aus der Gastronomie, weitere Wirte folgten. Heute setzen auch Eisdielen auf die Guacamole für die Herstellung von Avocado-Eis. Konkurrenzprodukte würden Ascorbinsäure einsetzen, um eine dunkle Verfärbung des gelb-grünlichen Fruchtfleisches zu verhindern. Dadurch würden sie säuerlich schmecken, sagt Vorwerk, der darauf verzichtet.
Avocados werden bei 6800 Bar ohne Erhitzen gepresst
Die von ihm verwendeten Avocados wachsen im subtropischen, regenreichen Gebiet Uruapan westlich von Mexiko-Stadt. Dort herrschten ideale Bedingungen, sodass die Bäume im Gegensatz zu anderen Regionen nur zu zehn Prozent bewässert werden müssten. Die Früchte werden reif gepflückt und dann bei Hochdruck von 6800 Bar ohne Erhitzen gepresst, entkeimt und haltbar gemacht. Es werden weder Konservierungsstoffe noch Antioxidationsmittel verwendet.
Jeden Freitag und Sonnabend stand er in Supermärkten, um einkaufende Kunden zu verköstigen – und das Produkt sei gut angekommen. Schließlich wurde die Guacamole beim Großhändler gelistet. „Heute sind wir in Hamburg in jedem Edeka zu finden“, sagt Vorwerk.
Guacamole bei Edeka, Famila und Kaufland
Deutschlandweit dürften die drei Geschmacksrichtungen mild, klassisch und pur in mehreren Tausend Supermärkten stehen. Auch Famila, Kaufland und Tegut gehörten dazu. Die unverbindlichen Preisempfehlung für die 150-Gramm-Portion liegt bei knapp drei Euro. Eine neue Bio-Guacamole steht bei den Denns-Biomärkten in den Regalen.
Die Guacamole wird auch nach Österreich, Holland, Polen, Tschechien und Russland geliefert. Die glutenfreien Maistortillas, die seit einigen Jahren in einer Manufaktur in Wilhelmsburg hergestellt werden, gibt es in Geschäften in England, Holland, Spanien, Schweiz, Schweden und Dänemark zu kaufen.
Avocados sind reich an ungesättigten Fettsäuren
Man möchte erreichen, dass sich die Avocado in Europa als Superfrucht durchsetze, sagen die Geschäftsführer. Avocados sind reich an ungesättigten Fettsäuren, Kalium sowie Vitaminen und im Vergleich zu anderen Obst- und Gemüsesorten sehr kalorienreich.
Vor fünf Jahren ist das Start-up erwachsen geworden und schrieb nach verlustreichen Anfangsjahren erstmals schwarze Zahlen. Seitdem mache man Gewinn, den man aber nicht beziffern will. Der Jahresumsatz der heute elf Mitarbeiter großen Firma stieg von einst 30.000 Euro auf einen „mittleren, einstelligen Millionenbetrag“ im vergangenen Jahr.
Große Burgerkette gehört zu Guacamole-Abnehmern
Selbst im Corona-Jahr 2020 seien die Erlöse stabil geblieben, obwohl die vom Lockdown hart getroffenen Gastronomen rund 60 Prozent zu den Erlösen beisteuern. Der Grund: Eine große Burgerkette gehörte zu den Neukunden. Den Namen behalten die beiden Geschäftsführer allerdings für sich.
Solpuro-Gründer Vorwerk und Schlüter lernten sich 2016 kennen. Damals versuchte sie mit ihrem Start-up Schalotti, Zwiebelconfit auf dem deutschen Markt zu positionieren, und wollte sich Tipps von Vorwerk holen. Zwar schaffte sie den Sprung in den Lebensmitteleinzelhandel, aber es reichte nicht, um Geld zu verdienen. Dabei sammelte sie eine wichtige Erfahrung: „Produkte im Frischebereich drehen sich schneller als eine Soße im Trockenbereich“, sagt Schlüter, die schließlich 2018 bei Solpuro als angestellte Managerin einstieg.
80 Container Guacamole pro Jahr importiert
Die Guacamole kommt tiefgefroren per Container aus Mexiko. Mittlerweile werden 80 Container im Jahr bestellt. Gut zwei Monate nach Auftragserteilung an ihren Geschäftspartner treffen sie im Bremerhavener oder Hamburger Hafen ein. Die entstehenden CO2-Emissionen werden nach Firmenangaben durch Kompensationszahlungen ausgeglichen, mit denen Regenwald in Mexiko aufgeforstet wird.
Anschließend werden die Boxen ins Lager nach Bahrenfeld gebracht. Bevor die Guacamole in den Handel kommt, wird sie aufgetaut und ist dann 30 Tage haltbar. Alle Solpuro-Produkte müssen gekühlt werden und stehen in den Supermärkten im Convenience-Bereich, also der Theke mit frischen Artikeln zum schnellen Verzehr.
Fruit Bowls sollen knapp vier Euro kosten
Bis größere Mengen der Fruit Bowls in der Hansestadt eintreffen, wird es aber noch dauern. Bisher sei die Verkaufsmenge noch sehr gering. Die avisierten knapp vier Euro für 170 Gramm Avocado-Frucht-Püree plus 40 Gramm Vollkorn-Nuss-Mix sind auch nichts für preissensible Kunden.
An den Erfolg des Produktes glauben die Macher trotzdem. Vorwerk hält es für ein Frühstück für Menschen, die sich bewusst ernähren. Und Schlüter sagt über die kleine Mahlzeit: „Man hat danach nicht sofort Lust, Schokolade hinterherzuschieben.“