Hamburg. Elisabeth Frenz bringt in ihrem Hamburger Kleinstverlag besondere Reiseführer heraus. Corona macht auch ihr das Leben schwer.

Als Elisabeth Frenz vor gut zwei Jahren ihr erstes Reisebuch herausbrachte, stand Reisenden noch die ganze Welt offen. Ein Wochenendtrip nach Mallorca, Skifahren in Kanada oder als Rucksacktourist in den Oman – alles kein Problem. Frenz setzte bewusst auf ein Gegenprogramm und machte einen Band mit lauter Mini-Auszeiten, die rund um Hamburg ohne lange Anfahrt zu erkunden sind.

„Damals haben mir viele abgeraten“, sagt die 54-Jährige. Aber seit die Corona-Pandemie den Radius für Urlaubsreisen dramatisch reduziert hat und auch das, was nah liegt, zum Sehnsuchtsort macht, könnte sie mit ihren „Reisebüchern zum Runterkommen“ gar nicht besser liegen.

Ein Wochenende im Grünen? Oder doch lieber in Lila? Sogar wenn man, wie im Moment am besten zu Hause bleiben soll, sind die Bände ihrer Wochenender-Reihe die perfekte Lektüre – fürs Träumen und die Vorfreude.

Insgesamt gibt es inzwischen acht Wochenender-Bände

Seen und Wälder, Heide, Elbe, Nordsee, Ostsee – insgesamt gibt es inzwischen acht Wochenender-Bände. „Ich möchte schöne Landschaften und Orte zeigen, die sich vom Mainstream-Tourismus abheben und für die man nicht weit fahren muss“, sagt die Verlegerin. „Norddeutschland hat so viele schöne und unbekannte Seiten.“

Eine der letzten Neuerscheinungen ist ein Band mit Hofläden und Manufakturen rund um Hamburg. Die Ausflugstipps sind handverlesen. „Wir haben alle Orte, jedes Restaurant, Hotel und Geschäft persönlich besucht und ausgewählt“, sagt sie.

Dabei geht es der früheren Bildredakteurin immer darum, mit besonderen Fotos, puristischem Layout und knappen Texten einen neuen Blick auch auf schon Bekanntes zu eröffnen. Das Konzept geht auf: Im vergangenen Jahr knackte der Kleinstverlag die 200.000-Euro-Umsatzmarke. In den Monaten nach dem ersten Lockdown wurden bis zu 800 Exemplare pro Woche verkauft.

Zum ersten Mal verlässt der Verlag die Region Hamburg

Jetzt sitzt Elisabeth Frenz an einem großen Tisch im Konferenzraum des Coworking-Spaces Eeden in einem Hinterhof in Altona. Hier arbeiten ausschließlich Gründerinnen. Frenz sitzt mit ihrem Mini-Verlag und einigen Mitarbeiterinnen in der ersten Etage – das geht mit Maske und viel Abstand auch in Corona-Zeiten.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

An der Wand hängt ein Projektplan mit bunten Feldern. Gerade ist die Produktion für den achten Wochenender-Band abgeschlossen. Zum ersten Mal verlässt der Verlag die Region Hamburg. Es geht nach Brandenburg, konkret den Nordosten des Bundeslandes mit den Kreisen Uckermark, Barnim und Märkisch-Oderland.

Eine Sache des Gefühls, was zu welchem Landstrich passt

„Erst haben wir Hamburg erobert, jetzt gehen wir nach Berlin“, sagt Frenz. Recherchiert hatten sie und ihr Team die 70 Ausflugstipps für den Band in dem kurzen Zeitfenster im vergangenen Sommer, als Reisen wieder möglich waren. Ab heute ist der Band erhältlich. Jeder Wochenender hat eine eigene Farbe. Brandenburg ist lindgrün.

„Es ist eine Sache des Gefühls, was zu welchem Landstrich passt. Blautöne für die Küstenbände, dunkelgrün für Wälder und Seen, für die Heide natürlich lila“, sagt die Verlegerin, die auch eine Entdeckerin ist. Die Hamburgerin, die in Chile geboren wurde, hat schon einiges gemacht in ihrem Leben: Sie ist gelernte Tischlerin, hatte ein Hotel in Südfrankreich und eine Cateringfirma in Hamburg.

Ihr erstes Buch über die Nordseeküste

Sie hat als Fotoredakteurin gearbeitet und 2008 mit einem Partner eine Contentmarketing-Agentur gegründet. „Das war ziemlich stressig“, sagt die Mutter von drei Kindern. Die Wochenenden verbrachte die Familie häufig in einem Ferienprojekt in Dithmarschen und erkundete dort die Gegend.

So sehen sie aus, die etwas anderen Reiseführer – die Wochenender.
So sehen sie aus, die etwas anderen Reiseführer – die Wochenender. © Roland Magunia

So entstand die Idee für die Wochenender-Reihe. „Der Ruf von Dithmarschen ist ja: plattes Land, endlose Kohlfelder und das Meer immer weg“, sagt Frenz. Bei ihren Touren entdeckte sie, was es in der Region noch alles gibt – und machte ihr erstes Buch über die Nordseeküste. 2000 Exemplare hat sie im Herbst 2018 von ihrem Erstling drucken lassen, hat bei Buchhandlungen und kleinen Läden Klinken geputzt. „Die Resonanz war gut. Ostern musste ich nachdrucken“, sagt sie. Dabei ist jede Neuauflage auch eine Aktualisierung.

Alle Bücher folgen dem gleichen Prinzip

Alle Bücher folgen dem gleichen Prinzip und bieten nach einer schnellen geografischen Orientierung Tipps für die Bedürfnisse eines gelungenen Ausflugstags: Wo ist der schönste Strand? Wo findet man Ruhe? Wo ist ein guter Fahrradverleih? Wo kann man schön Essen? Dabei mischt sich Bekanntes mit Neuem.

So dürfen im Band über die Lüneburger Heide natürlich weder Heidschnuckenweg noch Totengrund fehlen, aber es gibt eben auch das weniger bekannte Naturcafé Waldkräuterei in Schneverdingen, die Chili Manufaktur in Soltau oder den Grundloser See in Walsrode. „Ich gehe davon aus, dass das, was ich gut finde, auch anderen gefällt“, sagt Wochenender-Gründerin Frenz.

Inzwischen ist der Verlag ihr Hauptgeschäft

Anders als bei manchen anderen Ausflugsbüchern kostet es für die Anbieter nichts, auf den Seiten abgedruckt zu werden. „Es ist eine unabhängige, kuratierte Auswahl. Daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern“, erklärt sie.

Inzwischen ist der Verlag ihr Hauptgeschäft. Vor einem Jahr hat Frenz ihren Teil an ihrer Agentur verkauft. „Wieder ein Neuanfang.“ Mit sieben Mitarbeitern produziert sie drei bis vier Bücher im Jahr. Dazu kommen knapp zwei Dutzende Freelancer, die für Recherchen, Texte und Fotos im Norden unterwegs sind. „Wir arbeiten eng zusammen mit flachen Hierarchien. Das macht die Kraft der Bücher aus und ist das Geheimnis des Verlags“, sagt Frenz.

Es gibt zwei Textchefs

Zwei Textchefs sorgen dafür, dass der einheitliche „Wochenender-Sound“ sich durch alle Bände zieht. „In der Gestaltung nehmen wir die Bildsprache der Generation Instagram auf.“ Der Aufwand ist erheblich. Bis zu 35.000 Euro Produktionskosten veranschlagt die Verlegerin für jeden neuen Titel. Der Verkaufspreis beträgt 18 Euro. Erhältlich sind die Bände im Buchhandel und über den Onlineshop (www.wochenender-buch.de).

Nach den guten Verkaufszahlen im Sommer hat die Corona-Krise auch den Wochenender-Verlag erreicht. „Wir machen ein sehr analoges Produkt und verkaufen deutlich weniger Bücher“, sagt Frenz. Auch die Produktionsplanung ist ins Stocken geraten. Für den Herbst sind ein weiterer Brandenburg-Band vorgesehen sowie ein Buch über Nordwest-Mecklenburg.

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Dafür müssten langsam die Recherchen starten. „Wir haben das erst mal verschoben, weil Lokale, Hotels und auch viele Läden jetzt geschlossen sind und man nicht weiß, wie es weitergeht.“ Sicher ist, dass Frenz die Ideen auch für die nächsten Wochenender-Bände nicht ausgehen und sie weiterhin freigiebig ihre Geheimtipps teilt.

In der aktuellen Lage hat sie ein weiteres Projekt eingeschoben. Arbeitstitel: Hamburg mit Kindern. Unterwegs ist die Verlegerin mit Wohnsitz in Lokstedt wie die meisten anderen Hamburger in Corona-Zeiten derzeit nur in der Nachbarbarschaft: Sie joggt im Niendorfer Gehege.