Berlin/Brüssel. Sprit, Strom oder Gas – was ist günstiger? Die Regierung plant künftig präzise amtliche Kostenvergleiche an der Tankstelle auszuhängen.
Diese Frage stellen sich Millionen Autofahrer: Sprit oder Strom – womit fahre ich am günstigsten? Oder ist vielleicht doch besser gleich ein Erdgasauto die preiswerteste Wahl? Im Auftrag der Europäischen Union will die Bundesregierung der Autonation jetzt bei diesem Thema auf die Sprünge helfen – und die Kostenfrage sehr präzise an der Zapfsäule beantworten.
Eine kleine Revolution: Ausgerechnet an der Tankstelle, wo vielerorts bislang nur die Wahl zwischen Benzin und Diesel besteht, sollen die Autofahrer schon bald mit genauen Kostenvergleichen über Vorteile alternativer Antriebe aufgeklärt werden. Das sehen nach Informationen unserer Redaktion Pläne für eine Verordnung vor, die das Bundeskabinett spätestens im Mai beschließen wird.
Kostenvergleich für alle Antriebsformen – ab Sommer soll es gelten
Entwürfe des Bundeswirtschaftsministeriums werden gerade abgestimmt. Stimmt der Bundesrat im Juni zu, dürfen die Vorschriften ab dem Sommer gelten. Die Sache ist brisant, aber auch eilig: Deutschland hätte die EU-Richtlinie bis spätestens Ende 2020 umsetzen müssen.
Das ist der Plan: Größere Tankstellen müssen dem unserer Redaktion vorliegenden Entwurf zufolge an den Zapfsäulen oder im Eingangsbereich gut sichtbar eine regierungsamtliche Kostenrechnung anzeigen. Für Benzin E5, Diesel, Strom, Autogas (LPG), komprimiertes Erdgas (CNG) und Wasserstoff soll angegeben werden, was der Treibstoff pro 100 Kilometer kostet – für Kleinwagen, Mittelklasse und SUV.
Die Daten werden nur quartalsweise aktualisiert
Was die Tankstellen davon selbst verkaufen, spielt keine Rolle. Nach den bisherigen Plänen würde der Info-Zwang alle Betriebe mit mindestens acht Zapfsäulen betreffen, kleine Tankstellen wären ausgenommen, könnten aber freiwillig mitmachen.
Die Daten für die vorgeschriebenen Plakate oder Digitalanzeigen sollen allerdings nur quartalsweise aktualisiert werden – es wäre mehr ein grober Überblick, der die täglichen Preisschwankungen bei Benzin und Diesel außer Acht lässt.
Der Umstieg auf umweltfreundliche Autos soll gefördert werden
Das Ziel der europäischen Initiative ist klar: Der Umstieg auf Elektro- oder Gasautos soll aus Umweltgründen gefördert werden. So schreiben auch die Regierungsbeamten: „Die Möglichkeit des Vergleichs von Energiekosten soll dazu beitragen, die Fahrzeugnutzer für alle alternativen Antriebe und Energieträger zu sensibilisieren.“
Der reine Kraftstoffvergleich im klassischen 100-Kilometer-Maßstab, den es in dieser regierungsamtlichen Form bislang noch nie gegeben hat, ist dafür gut geeignet. Die erste Rechnung, die Experten des Bundeswirtschaftsministeriums zum Jahresende 2020 für den Verordnungsentwurf vorgelegt haben, spricht eine klare Sprache.
Der Preisvergleich soll auch im Internet abrufbar sein
Danach käme etwa ein Kleinwagen mit Benzinmotor auf Kraftstoffkosten von 7,98 Euro pro 100 Kilometer, mit komprimiertem Erdgas auf 4,20 Euro und mit Elektroantrieb auf 6,02 Euro. Der Diesel kostet demnach 6,29 Euro, das LPG-Autogas 4,50 Euro.
Bei einem Mittelklasse-Pkw sähe die Rechnung so aus: Das Benzin für hundert Kilometer kostet 8,12 Euro, Diesel 6,29 Euro, komprimiertes Erdgas 4,42 Euro, Strom 5,21 Euro und Wasserstoff 7,22 Euro. Und das ist die amtliche Tankrechnung für SUV: Der Wasserstoff würde bei einer 100-Kilometerfahrt mit 7,98 Euro zu Buche schlagen, Benzin mit 8,99 Euro, Diesel mit 7,06 Euro, komprimiertes Erdgas mit 6,18 Euro, Strom mit 7,08 Euro und Wasserstoff 7,98 Euro. Der gesamte Preisvergleich soll auch im Internet abrufbar sein.
Allerdings haben die Kraftstoff-Kosten allein nur begrenzte Aussagekraft. Schließlich sind Fahrzeuge mit Elektromotor deutlich teurer als Benziner oder Selbstzünder, ganz zu schweigen von den bislang sehr wenigen und kostspieligen Pkw mit Wasserstoffantrieb. Doch die technische Entwicklung verringert das Gefälle zügig.
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ADAC: „Elektroautos immer öfter besser als Verbrenner“
Der Automobilclub ADAC kommt in einer Analyse zu dem Schluss, dass auch bei einer Gesamtbetrachtung aller Kosten vom Kaufpreis über Betriebs- und Wartungsaufwand bis zum Wertverlust „Elektroautos immer häufiger besser abschneiden als Verbrenner“.
Der Autoclub hatte dafür nahezu alle auf dem deutschen Markt aktuell erhältlichen Elektroautos sowie Plug-in-Hybride untersucht und ihnen Benziner oder Diesel mit vergleichbarer Motorleistung und ähnlicher Ausstattung gegenübergestellt. Aber: In der ADAC-Berechnung ist der üppige Umweltbonus eingerechnet, den Autokäufer derzeit vom Staat beim Erwerb reiner Elektrofahrzeuge oder Plug-in-Hybride erhalten.
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Mehrheit schätzt Verhältnis der Tankkosten falsch ein
Mit Blick auf Autogas kommt der ADAC in einer weiteren Untersuchung zu dem Schluss, dass es aktuell gegenüber Benzin und Diesel die günstigste Alternative sei – die technische Umrüstung auf Autogas könne sich vor allem für Vielfahrer rechnen.
Diese Feinheiten wird der regierungsamtliche Kraftstoffvergleich nach den Brüsseler Vorgaben aussparen. Ziel sei eine Verbraucherinformation auf leichte und transparente Weise, heißt es im Verordnungsentwurf. Mit Gas- oder Wasserstoffantrieben könnten 80 Prozent der Bürger bislang gar nichts anfangen.
Passend dazu hat das Internet-Vergleichsportal Verivox ermittelt, dass die Mehrheit der Bundesbürger das Verhältnis von Strom- und Benzinkosten beim Tanken falsch einschätzt. 22 Prozent hielten in der Umfrage die durchschnittlichen Tankkosten für Strom und Benzin für etwa gleich hoch, 31 Prozent tippten auf höhere Kosten beim Strom. Es gebe ein großes Informationsdefizit, schreiben die Regierungsbeamten.