Hamburg. Der Nivea-Hersteller hat eine schwierige Zeit hinter sich. Eine Marke des Hamburger Unternehmens ist besonders stark betroffen.

Eigentlich ist die Bilanz-Pressekonferenz traditionell der einzige Termin im Jahr, zu dem der Beiersdorf-Vorstandschef Journalisten in die Firmenzentrale in Eimsbüttel einlädt. Wegen der Pandemie fiel das persönliche Treffen nun aber schon zum zweiten Mal aus. Wie bereits 2020 konnte Stefan De Loecker Geschäftszahlen und Ausblick am Mittwoch nur digital per Video­stream vorstellen.

 Und so blieb zunächst auch eine Besonderheit fast unbemerkt. Denn neben De Loecker waren bei der Präsentation gleich zwei Frauen mit von der Partie: Die Noch-Finanzvorständin Dessi Temperley, die den DAX-Konzern nach nur drei Jahren verlässt, und Astrid Hermann, die noch vor Ablauf des Vertrags schon heute ihre Nachfolge antritt. Die Personalie hatte Ende 2020 für Wirbel gesorgt. Der Nivea-Hersteller wollte mit der neuen Finanzchefin offenbar ein Signal für die Zukunft setzen. Gelungen ist das allerdings nicht so ganz.

Beiersdorf macht sieben Milliarden Euro Umsatz

Dass die Zahlen für das Corona-Jahr 2020 mit weltweiten Restriktionen und Reisebeschränkungen nicht gut aussehen würden, war zwar erwartet worden. Schon in den Tagen zuvor hatten sich Analysten zurückhaltend zur Entwicklung beim Hamburger Hautpflege- und Kosmetikkonzern geäußert.

Nachdem Beiersdorf erste Geschäftszahlen überraschend bereits am Dienstagabend nach Börsenschluss veröffentlicht hatte, verlor die Aktie Mittwoch früh bis zu acht Prozent. Der Hersteller von Nivea, Eucerin und Hansaplast hat im abgelaufenen Geschäftsjahr gut sieben Milliarden Euro Umsatz gemacht und liegt 5,7 Prozent (organisch) unter dem Vorjahresniveau. Der Konzerngewinn schrumpfte um ein Fünftel auf 636 Millionen Euro. Die Umsatzrendite vor Steuern verringerte sich um 1,4 Punkte auf 12,9 Prozent.

De Loecker wollte dann auch lieber über die Zukunft als über die Vergangenheit sprechen. Dabei wirkte der 53-jährige Belgier, der seit 2019 im Chefsessel sitzt, schmaler als zuvor, auch einige graue Haare sind wohl dazugekommen. „Es war ein Jahr mit außergewöhnlichen Herausforderungen“, sagte er.

Konzern beschleunigt sein Investitionsprogramm

 Im Frühjahr seien die Märkte weltweit um bis zu 20 Prozent eingebrochen. Trotzdem habe der Konzern im Zuge der C.A.R.E.+-Strategie weiter investiert und so Marktanteile in allen Hautpflegekategorien dazugewinnen können.

Um aus der Krise herauszukommen, beschleunigt der Konzern, der mehrheitlich von der Vermögensverwaltung Maxingvest der Familie Herz gehalten wird, nun sogar sein Investitionsprogramm und steckt in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 300 Millionen Euro in Digitalisierung, Wachstumsmärkte und Nachhaltigkeit.

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Trotz einiger Unsicherheiten blicke De Loecker optimistisch auf das Geschäftsjahr 2021, wie gewohnt im blauen Anzug und mit weißem Hemd. Er sei zuversichtlich, „dass wir mit dem Anlauf der Impfungen in vielen Ländern bis Ende des Jahres deutliche Verbesserungen sehen werden“. Schon im dritten und vierten Quartal sei es für den Hautpflegekonzern besser gelaufen – trotz Lockdowns kurz vor Weihnachten.

Marken sind von der Corona-Pandemie unterschiedlich betroffen

Dabei sind die Marken von den Auswirkungen der Corona-Pandemie unterschiedlich betroffen. Am stärksten hat die Luxuspflege La Prairie, die in den Vorjahren für sichere Umsatzzuwächse gesorgt hatte, zu kämpfen. Die Produkte, die auch schon mal 1000 Euro kosten können, werden vor allem an Flughäfen verkauft. Dieser Markt war wegen der Reisebeschränkungen zeitweilig völlig weggebrochen, sodass hier für das Gesamtjahr ein Umsatzminus von 23,9 Prozent in den Büchern steht. Erst im vierten Quartal erholten sich die Erlöse – was vor allem am zweistelligen Wachstum in China lag.

Auch die Kernmarke Nivea (minus 6 Prozent) und der Healthcare-Bereich (minus 5,9 Prozent) lagen deutlich unter den Erwartungen. Weltweite Reisebeschränkungen schlugen sich etwa auf den Absatz von Sonnenschutz-Produkten nieder. Weil es weniger Sportveranstaltungen gab, wurden offenbar auch weniger Pflaster gebraucht. Zulegen konnte dagegen der Bereich Derma (Eucerin, Aquaphor).

Geschäft soll weiter ausgebaut werden

Der Zuwachs von 8,3 Prozent begründet sich in guten Verkaufszahlen in den USA, Lateinamerika und in Asien. Bei der Konzerntochter Tesa liefen die Geschäfte nach einem schwierigen ersten Halbjahr wieder besser. Vor allem der Bereich Electronics, wo das Unternehmen mit Spezialklebstoffen für digitale Endgeräte von der erhöhten Tabletnachfrage für das Homeschooling profitierte, legte zu.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Im laufenden Jahr will De Loecker das Geschäft in China, den USA und in Wachstumsmärkten wie Brasilien, Südafrika, Saudi-Arabien und Südostasien weiter ausbauen. Auch die Online-Aktivitäten sollen zulegen. 2020 war der Umsatz hier um 50 Prozent gestiegen und liegt jetzt bei einem hohen einstelligen Anteil am Gesamtumsatz.

Weitere Produktentwicklungen

 Beiersdorf will in dem Bereich mit weiteren Produktentwicklungen punkten. Schon im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen unter anderem die kostenfreie App Nivea Skin Guide entwickelt, die individuelle Hautbedürfnisse über Selfies analysiert und Produkte empfiehlt. Ganz neu auf dem Markt ist die nachhaltige Gesichtspflegeserie O.W.N., deren Inhaltsstoffe für die individuellen Hautbedürfnisse zusammengestellt werden.

Das rein digitale Geschäftsmodell läuft über eine eigene Internetseite, auf der die Kundinnen einen Fragebogen ausfüllen, der die Grundlage für die Zusammensetzung der Pflegeprodukte ist. Kleiner Zusatzspaß: Bei einer Bestellung wird auch die Verpackung mit dem Vornamen der Kundin personalisiert.

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Auf konkrete Finanzziele wollte sich der Konzern, der über viel Liquidität und eine solide Eigenkapitalbasis verfügt, nicht festlegen. Bislang hatte Beiersdorf eine operative Rendite von 16 bis 17 Prozent angepeilt. „Wir haben uns neue Mittelfristziele gesetzt“, sagte die neue Finanzvorständin Astrid Hermann. „Wegen der Unsicherheiten können wir aber einfach keine konkreten Zahlen nennen.“

An der Börse sorgte die Ungewissheit im Laufe des Mittwochs für wenig Begeisterung. Nach dem dramatischen Absturz am Morgen pendelte sich der Aktienkurs bei 86 Euro ein – das war immer noch ein Minus von etwa sechs Prozent und die schlechteste Entwicklung aller DAX-Werte. Die Einschätzung der Analysten fiel unterschiedlich aus. Drei empfahlen am Mittwoch den Verkauf des Papiers, fünf tendieren zum Halten, und der Experte Bernstein Research rät sogar zum Kauf. Sein Kursziel 120 Euro.