Hamburg. Bundesweit sind nach neuer Studie bis zu 15 Prozent der Stellen gefährdet. Die Produktionspolitik von Airbus bleibt stabil.

Ein Fünftel der Luftfahrtzulieferer in Deutschland sieht die Corona-Krise als „dramatisch und existenzbedrohend“ an. Das geht aus einer Studie der h&z Unternehmensberatung im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Luft- und Raumfahrt­industrie (BDLI) hervor. Eine deutliche Mehrheit (63 Prozent) der Firmen erwartet zwar weitreichende, aber nicht unmittelbar existenzbedrohende Auswirkungen.

Während bei vorherigen Befragungen im April und Mai noch rund 80 Prozent der Betriebe angaben, von Liquiditätsengpässen betroffen zu sein, sind es aktuell nur noch 23 Prozent. Wie sich aus der Studie ergebe, seien nicht zuletzt die verschiedenen staatlichen Unterstützungsprogramme für diesen Rückgang verantwortlich, sagte Michael Santo, Vorstand von h&z. 

Neue Aufträge aus den USA sind Lichtblick für Firmen

Dabei spiele die Kurzarbeit die mit Abstand größte Rolle; dieses Instrument werde von 72 Prozent der Firmen genutzt. Nur, so Santo: „Die Kurzarbeit ist auf zwei Jahre angelegt, die Krise wird aber vier bis fünf Jahre dauern.“ Daher planten 64 Prozent der Zulieferunternehmen eine Reduktion der Personalkosten. Bis zu 15 Prozent der Stellen könnten wegfallen, erwartet Santo. 

In der Metropolregion Hamburg sei die Lage bei den Zulieferfirmen „sehr angespannt“, sagte Nils Stoll, Vorstand des Branchenverbands Hanse-Aerospace, dem Abendblatt: „Man sieht eine kontinuierliche Verschärfung der Situation und merkt, dass der Atem immer kürzer wird.“ Zwar halte Airbus die Produktionsrate der besonders für den Standort Hamburg wichtigen A320-Flugzeugfamilie mit 40 Jets pro Monat „zum Erhalt der Zulieferindustrie höher als nötig“, so Stoll. Aber diese Rate werde längst nicht für alle der Airbus-Lieferanten zum Überleben reichen.

Produktionsrate Airbus: 40 A320-Jets pro Monat

Darum stelle man sich in der Branche schon auf eine Marktbereinigung ein, was auch eine Umschichtung von Aufträgen einschließe, erklärte Stoll, der im „Hauptberuf“ Geschäftsführer des Barsbütteler Flugzeugkabinenzulieferers Krüger Aviation ist: „Wir haben bereits erste Arbeitspakete von Mitwettbewerbern übernommen.“ 

Insgesamt sieht Stoll in der Zulieferlandschaft im Norden aber „noch keinen Flächenbrand“. Ganz anders sehe das in den USA aus, denn Boeing nehme nicht so viel Rücksicht auf die dortigen Lieferanten: „Hanse-Aerospace-Mitglieder bekommen jetzt schon den einen oder anderen Auftrag aus den USA.“ Auch Santo hob die „große Management-Leistung von Airbus“ hervor, die Produktionsrate wenigstens bei 40 A320-Jets im Monat zu halten. Dies sei ein „wichtiger stabilisierender Faktor“. 

Nils Stoll ist
Vorstand des
Flugzeugzuliefererverbands
Hanse-Aerospace.
Nils Stoll ist Vorstand des Flugzeugzuliefererverbands Hanse-Aerospace. © Laible | Unbekannt

Tatsächlich gibt es bei Airbus offenbar schon konkrete Pläne, die Fertigungsrate schrittweise wieder anzuheben. Der jüngste Produktionsplan sehe eine Steigerung auf 47 Flugzeuge im Juli vor, berichtet die französische Zeitung „La Tribune“ unter Berufung auf Branchenkreise. Im Januar 2023 soll demnach mit 61 Jets das Vorkrisenniveau (60) übertroffen werden.