Hamburg. Barclaycard kooperiert mit dem US-Konzern. Verbraucherschützer sehen das Konzept mit Sofortkrediten aber kritisch.

Ob Mariah Carey, Céline Dion oder Elton John: In der Barclaycard Arena im Altonaer Volkspark waren sie alle schon. Aber wohl nicht viele Hamburger werden wissen, dass ein zum britischen Bankkonzern Barclays gehörendes Unternehmen zu den großen Arbeitgebern der Hansestadt zählt – und im Corona-Jahr 2020 die Beschäftigtenzahl hier sogar um mehr als zehn Prozent gesteigert hat. Rund 710 Mitarbeiter hat die Firma, die offiziell Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch heißt. Vor einem Jahr waren es 635.

„Zu unserem Team gehören Menschen aus knapp 40 Nationen“, sagt Unternehmenschef Tobias Grieß. „Das ist ein schönes Arbeitsklima.“ Er ist zuversichtlich, dass die Erfolgsgeschichte weitergeht. Zwar schadet es einem Kreditkartenanbieter natürlich, wenn wegen der Corona-Beschränkungen sehr viel weniger gereist wird als in früheren Jahren, denn gerade für das Bezahlen oder Geldabheben im außereuropäischen Ausland werden die Karten gerne eingesetzt.

Wegen Corona kommen Kreditkarten mehr zum Einsatz

„Auf der anderen Seite kaufen die Deutschen – gerade auch wegen der Pandemie – viel mehr von zu Hause aus ein als zuvor“, so Grieß. Dabei kommt die Kreditkarte ebenso ins Spiel. Und mit dem größten Profiteur im Bereich des Onlinehandels, dem US-Konzern Amazon, hat Barclaycard vor wenigen Wochen eine Kooperation beschlossen. Damit kann Grieß die bisherigen Geschäftsfelder Kreditkarten und Konsumentenkredite, die schon beide auf dem Prinzip „Jetzt einkaufen, später bezahlen“ beruhen, noch um die Absatzfinanzierung erweitern.

Praktisch funktioniert das so: Bei Bestellungen auf Amazon.de ab einem Warenwert von 100 Euro kann sich der Kunde dafür entscheiden, den Kaufpreis in drei bis 48 Raten (je nach Höhe des Betrages) über eine Finanzierung von Barclaycard mit einem effektiven Jahreszins von 7,69 Prozent zu zahlen. Der Antrag erfolgt gleich im Bestellprozess. Ist er von Barclaycard bewilligt, kann der Finanzierungsrahmen dann auch für weitere Käufe bei Amazon – und die Kunden des Onlinehändlers kommen im Schnitt auf mehr als 40 Transaktionen pro Jahr – mit wenigen Klicks verwendet werden.

 Zwar können Inhaber einer Barclaycard-Kreditkarte eine Bestellung bei einem Online-Händler oder einen Kauf im stationären Handel ohnehin schon auf ganz ähnliche Weise bezahlen. Denn es handelt sich – anders als bei den in Deutschland sonst üblichen Kreditkarten mit monatlicher Abbuchung aus dem Girokonto und ohne Zinsen – um Karten mit einer echten Kreditfunktion. Der Nutzer hat also die Wahl, sich für eine Rückzahlung in Raten zu entscheiden, wofür Barclaycard bei einem Zahlungsaufschub von mehr als drei Monaten allerdings einen effektiven Jahreszins von immerhin bis zu 18,38 Prozent verlangt.

Amazon hat in Deutschland mehr als 40 Millionen Käufer

Aber für den Kreditkartenanbieter ist die Kooperation dennoch sehr wertvoll. „Amazon hat in Deutschland natürlich sehr viel mehr Kunden als wir“, sagt Grieß. Der US-Onlinegigant kommt hier auf mehr als 40 Millionen regelmäßige Käufer, Barclaycard hat bundesweit 1,4 Millionen Kreditkartenkunden. Das bedeutet einen Marktanteil von etwa drei Prozent, während die Branchengrößen Visa und Mastercard auf jeweils mehr als 40 Prozent Prozent kommen – und der Gesamtmarkt wächst: Die Umsätze mit Kreditkarten steigen seit mehr als zehn Jahren stetig an, auch weil sie immer häufiger selbst an der Supermarktkasse eingesetzt werden.

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Nach den Plänen von Grieß soll die neue Form der Absatzfinanzierung nicht auf die Zusammenarbeit mit Amazon beschränkt bleiben: „Wir wollen dies auch anderen großen Online-Händlern anbieten.“ Für den Barclaycard-Deutschlandchef ist die Tendenz im Markt klar: „Die Finanzierung rückt immer näher an den Kauf heran.“

Die Triebfeder dahinter sei die „Einfachheit“ im Vergleich zum klassischen Ratenkredit. Dessen Abschluss ist mit einigen Formalitäten verbunden, er bietet dafür aber niedrigere Zinsen von nur zwei bis drei Prozent. „Bei Durchschnittsbeträgen von um die 400 Euro spielt das aber eine eher untergeordnete Rolle“, sagt Grieß. „Hier steht die Flexibilität im Vordergrund, wenn Kunden zum Beispiel kurzfristig von speziellen Sonderangeboten im Handel profitieren wollen.“

In Corona-Zeiten zahlen Kunden Kredite früher zurück

Verbraucherschützer sehen die immer niedriger werdende Schwelle zur Verschuldung jedoch mit Skepsis. Ein Sofortkredit könne das Problem einer „systematischen Unterfinanzierung“ noch in die Länge ziehen und sei gleichzeitig mit hohen Zinsen und Kosten verbunden, sagt Sally Peters, geschäftsführende Direktorin des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen (iff).

Und gerade Kreditkarten ließen die Hemmschwelle sinken: „Es ist ein Unterschied, ob ich bewusst bei der Bank einen Kredit beantrage oder es quasi nebenbei beim Bezahlen passiert.“ Wenn der abgerufene Betrag dann auch noch in Raten über Monate hinweg abgestottert werden könne, seien die Zinssätze „oft horrend“, so Peters.

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Grieß kennt solche Einwände. „Bei unserer Kreditvergabe gehen wir im Sinne der Verbraucher sehr verantwortungsbewusst vor“, sagt er dazu. Mit der Corona-Pandemie habe man die Risikovorsorge heraufgesetzt. Bisher hätten sich die Zahlungsausfälle aber nicht signifikant erhöht – im Gegenteil: „Wir stellen sogar fest, dass die Menschen Kredite nun früher zurückzahlen.“ Über viele Jahre gesehen lägen bei Barclaycard die Ausfälle generell auf einem „niedrigen Niveau“, das auch in konjunkturell schlechten Zeiten kaum ansteige.

Auch die Folgen des Brexit sieht Grieß trotz des britischen Dachkonzerns nicht als Risiko an. Schon vor längerer Zeit seien alle nicht-britischen Geschäftseinheiten unter einer Gesellschaft mit Sitz in Dublin (Irland) zusammengefasst worden: „Wir sind sehr gut gerüstet, ich mache mir da keine Sorgen.“