Berlin. Immer mehr Bürger kaufen sich ein Elektroauto. Der Staat investiert nun Milliarden für den Ausbau der notwendigen Strom-Zapfsäulen.
Wer in Krefeld ein Elektroauto besitzt und auf der Suche nach einem Ladepunkt ist, braucht starke Nerven. Denn selbst wenn man eine der fünf öffentlichen Ladestationen in der Stadt am Niederrhein ausfindig gemacht hat, heißt das nicht, dass man dort auch laden kann. Diese fünf Ladepunkte teilen sich insgesamt 993 Elektroautos.
Pro Station konkurriert somit ein Elektro-Autofahrer mit fast 200 anderen Besitzern um einen Anschluss. Über solche Zustände können Elektro-Fans im niederbayerischen Landkreis Regen nur schmunzeln. An der tschechischen Grenze nahe Deggendorf müssen sich statistisch nur knapp zwei E-Pkw einen öffentlichen Ladepunkt teilen.
Staat investiert vier Milliarden Euro in Ladestationen
Diese bundesweit ungleiche Verteilung will die Bundesregierung beenden. Insgesamt sollen vom nächsten Jahr an mehr als vier Milliarden Euro für die Ladeinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden, damit alle Elektro-Fahrzeuge deutschlandweit privat, beim Arbeitgeber, beim Einkaufen, an Autobahnen und in Städten geladen werden können. Dies kündigte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Donnerstag nach einem Gespräch mit Vertretern der Verkehrs-, Energie- und Autobranche an.
Zu Jahresbeginn startet das Ministerium dazu zunächst ein Förderprogramm für öffentliche Ladestationen mit 400 Millionen Euro. Vom Frühjahr an sollen 350 Millionen Euro in den Ausbau der gewerblichen Ladeinfrastruktur gesteckt werden. Zudem soll ein bundesweites Schnellladenetz mit 1000 Standorten entlang der großen Verkehrsachsen aufgebaut werden, sagte Scheuer.
Schon 94.000 Anträge für private Elektro-Ladesäulen
Auch das erst vor gut einer Woche aufgelegte neue Programm für private Ladesäulen sei sehr gut angenommen worden: „Es liegen schon mehr als 94.000 Anträge vor“, berichtete der CSU-Politiker. Aktuell gibt es bundesweit insgesamt 35.000 öffentliche Elektro-Ladepunkte. Laut dem „Masterplan Ladeinfrastruktur“ soll es bis 2030 eine Million öffentliche Ladepunkte geben.
Die Elektromobilität hat insbesondere durch die staatlichen Förderungen in diesem Jahr – trotz der Corona-Pandemie – einen Hochlauf erlebt. Seit Jahresbeginn haben 363.600 Bundesbürger einen Antrag auf Förderung für ein Elektroauto oder Hybrid-Fahrzeug gestellt, berichtete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Allein im November waren es 54.300 Anträge. „Es ist nun wichtig, dass die Ladeinfrastruktur mit dem Hochlauf der Elektromobilität Schritt hält“, so Altmaier.
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Minister wollen einfaches und einheitliches Bezahlsystem
Beim Aufbau des Ladenetzes sei es notwendig, dass es ein einheitliches Bezahlsystem gibt. Die Ladepunkte müssten modern, nutzerfreundlich , einfach und grenzüberschreitend zu bedienen sein, forderte Altmaier. Eine wichtige Rolle spiele auch die Energiewirtschaft.
So müssten die Stromnetze mit den Ladestationen in Übereinstimmung gebracht werden. Netzprobleme müssten vermieden werden, wenn viele Elektroautos gleichzeitig geladen werden. Das Ministerium bereite derzeit dazu einen Gesetzentwurf für eine Novelle der Ladesäulen-Verordnung vor. Im Sommer soll es dann mit den Verbänden ein weiteres Treffen geben, um Bilanz zu ziehen, wie weit man vorangekommen sei.
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Deutsche Autoindustrie macht Druck für Ausbau der Ladestationen
Auch die deutsche Autoindustrie dringt angesichts der steigenden Nachfrage auf einen schnellen Ausbau der Ladestationen. „Um das staatlich vorgesehene Ziel zu erreichen, sind künftig rund 2000 neue öffentliche Ladepunkte pro Woche nötig“, sagte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller.
„Aktuell werden aber nur rund 200 neue Ladepunkte im öffentlichen Bereich installiert“, so die oberste Autolobbyistin. Denn auch die deutsche Autoindustrie hat in Sachen Elektromobilität längst einen höheren Gang eingelegt. In den ersten neun Monaten verdoppelte sich die Inlandsproduktion von Pkw mit Elektro- oder Plug-in-Hybriden auf knapp 250.000 Fahrzeuge. Damit hat laut VDA aktuell jeder sechste in Deutschland hergestellte Pkw einen Elektroantrieb.
Autoverband verteidigt Plug-in-Hybride
Umstritten bleibt unterdessen die Förderung der Plug-in-Hybride – also Autos, die sowohl einen Elektro- als auch einen Verbrennungsmotor unter der Haube haben. Umweltschützer werfen der Bundesregierung eine Förderung von Verbrennungsmotoren durch die Hintertür vor. VDA-Chefin Hildegard Müller verteidigt unterdessen gegenüber unserer Redaktion den Antrieb: „Solange wir kein flächendeckendes und enges E-Ladenetz überall in Deutschland und Europa haben, sind Hybride die beste Technologie.“
Die Familie müsse zur Ostsee kommen, der Vertreter zum Kunden. Der Hybrid-Antrieb biete den Einstieg in die E-Mobilität mit der Sicherheit, längere Strecken fahren zu können. Der Hybrid verbinde das Beste aus zwei Welten, sagte Müller: „Wer sie schlechtredet, denkt nicht an die Menschen.“