Hamburg. David Amoateng stellt mit Little Ashé ein neues Produkt aus Stoff her. Was er mit seinen Puppen erreichen will.

Sie heißen Taya, Joana, Malek oder Kofi und sollen einen Wandel in die europäischen Kinderzimmer bringen: die Little-Ashé-Puppen des Hamburgers David Amoateng. Vor eineinhalb Jahren war Amoateng auf der Suche nach einer schwarzen Puppe für seine Nichte. „Da war es sehr schwierig, auf dem Puppenmarkt etwas zu finden, weil der Großteil der Puppen weiß ist. Und wenn schwarz, dann oftmals aus Plastik“, sagt der 36-Jährige. Doch das kam für Amoateng nicht infrage: „Da dachte ich mir: Dann mache ich das doch einfach selbst.“

Der Name Little Ashé entstand in Anlehnung an eine westafrikanische Philosophie. Sinngemäß bedeute Ashé: Make things happen and produce a change (Übersetzung: etwas geschehen lassen und einen Wandel herbeiführen). „Für mich war das sehr passend“, sagt Amoateng. Little Ashé ist dabei gleich in mehrfacher Hinsicht eine sehr persönliche Unternehmung für den Gründer.

Lesen Sie auch:

Die schwarzen Puppen werden in Ghana hergestellt

Ein Ziel des Start-ups ist es, die Wahrnehmung von Kindern und Eltern zu verändern. Schwarze Kinder sollen eine Puppe haben, in der sie sich selbst gespiegelt sehen. „Die Puppen sind aber auch für weiße Kinder gedacht, um mehr Akzeptanz für Diversität zu schaffen. Wenn man das aus dem Kinderzimmer kennt, ist es ein Ansatz, um Rassismus vorzubeugen“, sagt Amoateng, der seit sieben Jahren in Hamburg lebt. „Ich bin in Neumünster aufgewachsen und war der einzige schwarze Junge in meinem Kindergarten. Wenn ich von meinem Vater abgeholt wurde, und man vorher ,Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?‘ gespielt hat, konnten die Kinder das nicht differenzieren und haben es auf meinen Vater bezogen. Das war sehr schmerzhaft für mich.“

Hergestellt werden die Little-Ashé-Stoffpuppen in Ghana, dem Heimatland von Amoatengs Vater. „Da ich die Expertise im ghanaischen Schneiderhandwerk kenne, war es für mich klar, dass ich es gerne dort machen möchte“, erzählt Amoateng. Über ein Jahr lang hat der studierte Sozialökonom am Konzept für die Puppen gearbeitet, in Hamburg einen Schneiderkurs besucht und mit Designern und Freunden an Form und Idee von Little Ashé gefeilt.

Amoateng möchte auf die Kompetenzen im Land aufmerksam machen

Ende 2019 machte er sich mit den Schnittmustern im Gepäck auf den Weg nach Ghana, um Produktionsstätten zu suchen. 30 Prozent der Little-Ashé-Puppen werden inzwischen in einer Schneiderschule in Winneba, nahe der ghana­ischen Hauptstadt Accra, produziert. „Aber da deren Kapazitäten begrenzt sind, habe ich mich entschieden, auch eine eigene Schneiderei zu gründen“, erzählt Amoateng. Diese befindet sich in der Stadt Kumasi im Landesinneren. Dort fertigen acht Mitarbeiterinnen den Großteil der Little-Ashé-Puppen. Die Frauen haben vorher vor allem Kleidung geschneidert.

Amoateng möchte mit Little Ashé auf die Kompetenzen im Land aufmerksam machen: „Von Ghana aus werden oft Lehmhütten gezeigt, aber nicht die florierende Wirtschaft“, sagt Amoateng. „Meine Absicht ist es auch zu zeigen, dass nicht nur Rohstoffe aus Ghana und afrikanischen Ländern exportiert werden können. Sondern auch fertige Produkte, die einem europäischen Standard entsprechen.“ Dies passiere zwar schon, werde aber bisher wenig bis gar nicht sichtbar gemacht.

Little Ashé ist mit 20.000 Euro in die erste Produktion gestartet

In Hamburg arbeitet Amoateng inzwischen mit drei Teilzeitkräften zusammen. Little Ashé ist mit einem Kapital von 20.000 Euro in die erste Produktion gestartet. Entstanden ist eine limitierte Auflage von 530 Stoffpuppen. Seit April dieses Jahres werden sie in spezialisierten Onlineshops wie „Tebalou“ oder „Diversity Is Us“, über die eigene Webseite littleashe.com und in einzelnen Hamburger Läden angeboten, darunter ist das Geschäft Items Africa in Winterhude, in dem es eine große Auswahl an afrikanischen Produkten gibt.

Amoateng ist bewusst, dass er einen Nischenmarkt bedient: „Es ist schon ein Luxusprodukt. Es ist handgemacht, fair bezahlt und es stecken viele Arbeitsschritte dahinter. Auch die Grundpreise der Stoffe sind hoch, dadurch kommt dann auch der Preis zustande.“ Eine Puppe kostet 69 Euro.

Ab Mitte November startet die Produktion für die nächsten 530 Puppen

Für seine neun Modelle verwendet das Hamburger Unternehmen zertifizierte Biostoffe, die aus Deutschland bezogen und dann nach Ghana geschickt werden. Um trotz der Produktion in zwei Ländern möglichst nachhaltig zu arbeiten, werden die Stoffe auf dem Seeweg nach Ghana verschickt. Das fertige Kontingent kommt dann ebenfalls auf dem Seeweg zurück nach Hamburg. In Transportcontainern, die mit anderer Ware nicht vollständig befüllt werden können, erklärt Amoateng.

Ab Mitte November startet die Produktion für die nächsten 530 Puppen. „Die Nachfrage übersteigt gerade das Angebot, was sehr schön ist“, freut sich Amoateng. Der Unternehmer hat seine Puppen bereits an Kunden in verschiedenen deutschen Städten, aber auch schon in die USA, nach Italien, England oder Belgien verschickt. Ab dem kommenden Februar möchte Little Ashé die Produktion erweitern, um monatlich mindestens 300 Stoffpuppen und passende Kleidung herstellen zu können. Dann sollen auch kleine, preiswertere Puppen produziert werden.