Hamburg. Der Gründer des Hamburger Bekleidungsspezialisten gibt Anteile und Kompetenzen ab. Was dahinter steckt und wie es nun weitergeht.

Sie sitzen nebeneinander zwischen Ständern für Kleidung und gehen vertraulich miteinander um, fast freundschaftlich. Dabei hat der eine den anderen entthront. Stephan Knüppel, Gründer und mehr als 20 Jahre lang Geschäftsführer des Spezialisten für Outdoor-Bekleidung Elkline, ist der eine. Ulf Karsten Meyer, der Knüppel an der Spitze Anfang Oktober abgelöst und ihm sogar Firmenanteile abgenommen hat, ist der andere. Sie sprechen über die Umwälzungen, die die Hamburger Firma erlebt hat, scherzen sogar.

Ungewöhnlich ist die Situation, denn eigentlich müsste man Rivalität erwarten. Doch Meyer stellt schnell klar: Man könne Knüppel gar nicht hoch genug anrechnen, wie er sich in den vergangenen Wochen verhalten habe. Er habe alles Persönliche dem Erhalt der Firma untergeordnet.

Beide erzählen dann, wie es zu den Neuerungen kam. Die bei Hamburgern beliebte Marke Elkline, deren Logo bis zum Relaunch im vergangenen Jahr ein Elch zierte, war nach einer Markenumstellung im vergangenen Jahr in Schwierigkeiten geraten. Der Elch war durch ein neues, weniger prägnantes Logo ersetzt und das Produktsortiment umgestellt worden. Das hatte dem Unternehmen eine Reihe von Kunden gekostet, die auf den alten Elch nicht verzichten wollten. So war man bereits 2019 mit einem Umsatz von 6,8 Millionen Euro unter dem erfolgreichen Vorjahr mit mehr als 7,5 Millionen Euro Umsatz geblieben.

Elkline geriet in Liquiditätsprobleme

„Wir hatten in die Markenumstellung und einen neuen Online-Shop 2019 eine für unser kleines Unternehmen vergleichsweise hohe Summe investiert. Die Kosten liefen uns davon, und dann kam Corona mit dem Shutdown“, erinnert sich Knüppel. „Wir merkten sehr schnell, dass wir hinter unseren Zahlen blieben und gerieten in Liquiditätsprobleme.“ Aber eine Insolvenz kam für ihn nicht in Frage. „Daran wären ich und auch meine Frau innerlich kaputtgegangen.“ Auch ein Verkauf der Marke funktionierte nicht, da keine wirtschaftlichen Angebote in Sicht waren. „Ich verscheuere doch nicht mein Lebenswerk für einen Euro und gebe es in unbekannte Hände.“

Um eine andere Lösung zu finden, suchte Knüppel Hilfe. Das Beratungsunternehmen Nexpert unterstützte ihn und band mit Ulf Karsten Meyer einen freiberuflichen Firmensanierer ein. „Ich wurde in der Osterzeit, also mitten in der ersten Corona-Welle, zunächst als externer Berater hinzugezogen“, sagt Meyer. „Wir merkten dann, dass wir ein wohlwollendes Umfeld schaffen mussten, um zu einer Sanierung zu kommen. Das heißt, wir mussten die unterschiedlichen Interessen aller Beteiligten, also der Gesellschafter und Banken unter einen Hut bringen. Heraus kam diese Lösung: Ich kümmere mich um die Zahlen, Stephan um den Vertrieb. Ich bin zudem mit 26 Prozent bei Elkline eingestiegen.“

Schwerer Schritt für Elkline-Gründer

Die neue Gesellschafterstruktur brachte frisches Kapital in die Firma: Insgesamt hat Elkline jetzt sechs Gesellschafter, es handelt sich durchgehend um erfahrene Unternehmer. Zum Teil nutzten sie Kapitalgesellschaften für ihre Beteiligung, aber die persönlichen Kontakte stünden im Vordergrund, sagt Meyer, der zusammen mit Knüppel jetzt 50 Prozent an Elkline hält.

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Für den Gründer war der Schritt unglaublich schwer. Wochenlang habe er nicht schlafen können. 1999 hatte Knüppel ganz klein angefangen und die mit dem Elch bedruckten T-Shirts erstmals auf einer Messe in Düsseldorf an die Kunden gebracht. Er machte die Marke groß. Inzwischen betreibt Elkline einen Online-Shop, fünf eigene Läden, davon drei in Hamburg, und ist zudem bei mehr als 300 Einzelhändlern in ganz Deutschland mit Damen-, Herren- und Kindermode vertreten. Hinzu kommen Verkaufsstellen in Dänemark, der Schweiz, Liechtenstein und Ungarn.

Gründer bleibt weiter im Unternehmen, hat aber nur noch Minderheitsbeteiligung

Und nun musste der Gründer einen Teil seines Imperiums verkaufen. „Natürlich war es mir sehr schwergefallen, das Ruder aus der Hand zu geben, aber für mich stand immer das Wohl der Firma, der Marke und derer, die es zu dem gemacht hatten, was es heute ist, im Vordergrund“, sagt Knüppel. „Wir hatten eine strukturelle Krise, und ich habe gemerkt, dass ich nicht der richtige Mann dafür bin, um Elkline da wieder rauszuholen. Also habe ich dem Geschäftsführerwechsel zugestimmt.“ Er gab mehr als 40 Prozent seiner Anteile ab. Elkline sei aber weiter sein Leben. „Ich halte noch immer eine Minderheitsbeteiligung von 24 Prozent und werde – wie meine Frau auch – weiter für die Firma arbeiten. Im Vertrieb, denn da liegt meine Stärke. Und meine Geschichte als Gründer erzähle ich immer noch gerne.“

Corona habe ihm und dem Unternehmen viel abverlangt, gesteht Knüppel. „Wir mussten Kosten reduzieren; so haben wir uns von Aushilfen in unserer Logistik trennen müssen. Kurzarbeit und freiwillige Stundenreduzierungen haben uns vor weiteren Kündigungen von Mitarbeitern bewahrt. Zugleich war es aber auch der Anstoß, den ich gebraucht hatte, um die Sanierung der Firma einzuleiten. Ich mag mir nicht ausmalen, in welche Probleme ich andernfalls geraten wäre. Wenn ich das nicht gemacht hätte, wüsste ich nicht, ob es uns heute noch gäbe.“

Elkline will den Elch wieder sichtbarer machen

Im Showroom von Elkline am Falkenried gehen die beiden die neue Kollektion durch – und die neue Strategie. Sie arbeiten wie ein Team. „Wir sind Segler. Ulf und ich haben gefühlte zehn Sekunden benötigt, um festzustellen, dass wir auf einer Wellenlänge liegen“, sagt Knüppel. „Wir haben viel vor. Wir wollen den Elch wieder sichtbarer machen und unsere Produktlinie im Kinderbereich der Ein- bis Sechsjährigen stärken. Da sind wir nämlich noch schwach aufgestellt“, weiß Meyer. Elkline soll weiter als Marke für die ganze Familie ausgebaut werden. „Elkline ist nämlich ein Community-Produkt. Das heißt, wir haben viele Stammkunden.“

Sichtbar dürfte das – wegen des langen Vorlaufs – erst zur Winterkollektion 2021/22 werden. Das Unternehmen will weiterhin zwei Kollektionen im Jahr geben, aber darüber hinaus das Sortiment an Ganzjahresartikeln stärken – nicht zuletzt wegen der sich ändernden klimatischen Bedingungen. „Wir überarbeiten unsere Warenwirtschaft, und wir gehen noch mehr auf den Trend zu mehr Nachhaltigkeit ein, der durch Corona im Konsumverhalten noch einmal einen zusätzlichen Schub erhalten hat.“

Unternehmen will Second-Hand-Linie im Online-Shop aufbauen

„Warum soll eine Jacke nur von einem Kunden getragen werden und dann im Schrank verschwinden?“, fragt Meyer. Schließlich sei die Haltbarkeit der eher höherpreisigen Kleidung lang. „Wir stellten fest, dass Elkline-Produkte sich sehr gut auch als Secondhandware verkaufen lassen, und planen deshalb, dazu eine eigene Linie zu machen, sowohl in unseren eigenen Filialen wie auch im Internetshop. Mehr dazu können wir im Frühjahr 2021 sagen“, so Meyer und fügt mit Nachdruck hinzu: „Wir sehen die Etablierung eines Warenkreislaufes als wichtigen Punkt in unserem Nachhaltigkeitskonzept.“

Knüppel war Nachhaltigkeit immer schon wichtig. Bereits vor zehn Jahren hatte er dafür geworben, auf chemische Produkte zum Imprägnieren von Wetterjacken weitgehend zu verzichten.

„Die Beschäftigung mit Elkline und die enge Zusammenarbeit mit Stephan haben auch mich zu einem Menschen gemacht, der nachhaltiger leben will“, sagt Meyer. Nach kurzer Pause fügt er hinzu: „Außerdem bestelle ich keine Liefer-Pizza mehr.“ Beide lachen. Das sei ein Insider-Witz, erklärt Knüppel. „Normalerweise holen wir uns unser Mittagessen immer beim Obst- und Gemüsehändler um die Ecke, in eigenen Behältern. Wir haben dann im Lockdown mal bei einem Pizza-Lieferdienst bestellt. Als ich gesehen habe wie viel Verpackungsmüll dabei zusammenkam, habe ich sofort gesagt: Nie wieder.“ Die beiden harmonieren, auch wenn der eine dem anderen seinen Chefposten überlassen musste.