Hamburg. Matthias Boxberger kritisiert „bundesweiten Flickenteppich“. UV-Nord-Präsident Wachholtz verlangt Verzicht auf unnötige Kontakte.

Diesmal fanden die jährlichen Konjunkturperspektiven der norddeutschen Unternehmensverbände UV Nord und des Industrieverbands Hamburg (IVH) wegen der Corona-Pandemie nur virtuell statt. Journalisten konnten sich über das Internet zuschalten und ihre Fragen stellen. UV-Nord-Präsident Uli Wachholtz fand zunächst mahnende Worte an alle Unternehmen und deren Kunden. „Wir müssen versuchen einen zweiten Lockdown zu verhindern, denn dieser wäre das sichere Aus für eine ganze Reihe von Unternehmen“, sagte Wachholtz.

„Ich appelliere an jeden Einzelnen in den nächsten Wochen und Monaten besonnen mit der Pandemie umzugehen. Die rasant ansteigenden Zahlen fordern Verzicht auf überflüssige Kontakte.“ Corona habe die norddeutsche Wirtschaft bereits in den vergangenen Monaten hart getroffen. Doch die Krise sei keinesfalls überstanden. „Im Gegenteil“, so Wachholtz.

Der UV-Nord-Präsident kritisierte in seinem Vortrag die bisherige Politik der Bundesregierung scharf. „Aus Berlin kommen genau die falschen Signale. Anstelle aberwitziger Regelungswut wie beim Recht auf Homeoffice, dem Lieferkettengesetz oder dem Unternehmenssanktionsrecht müssen Investitionsbremsen aufgebrochen werden durch eine Reform des Umwelt- und Planungsrechts“, forderte er. Zudem habe der erste Lockdown im Frühjahr die Defizite vor allem im Bereich der Digitalisierung schonungslos aufgezeigt. Damals sei klar geworden, wie schlecht Deutschland in weltweit wichtigen Zukunftsfeldern aktuell aufgestellt sei. Investitionsanreize, Bürokratie-Abbau und Steuersenkungen seien nun die richtigen und notwendigen Antworten auf die Krise.

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Ökonom macht ein wenig Hoffnung

IVH-Chef Matthias Boxberger äußerte sich ähnlich. Er forderte für die Industrie „einen gestrafften und verkürzten Planungsrahmen für Investitionen, wo möglich eine temporäre Aussetzung unternehmensbelastender Auflagen und die Fortführung ausgewählter Corona-Hilfen für Unternehmen“. Kontraproduktiv seinen dagegen weitere Verschärfungen im Umweltrecht oder ein Verbandssanktionengesetz. Damit will die Bundesregierung härtere Strafen gegen Unternehmen beim Vorliegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit durchsetzen.

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„Jetzt müssen wir alles daransetzen, verantwortungsvoll die Pandemie zu bekämpfen. Notwendig sind bundesweit einheitliche Corona-Regelungen,anstelle eines Verordnungs-Flickenteppichs, der die Akzeptanz der vernünftigen Schutzregeln belastet“, so Boxberger. Zu einem zweiten Lockdown dürfe es in Deutschland nicht kommen. „Die wirtschaftlichen Schäden wären dramatisch für den Wohlstand und den sozialen Ausgleich in unserem Land.“

Ein wenig Hoffnung beim Blick in die Zukunft machte Stefan Kooths, Leiter des Prognosezentrums des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. Die Aussichten seien gut, schneller aus dem aktuellen Konjunkturtal herauszukommen als nach der Finanzkrise 2009, sagte er. Allerdings würden wohl noch mehrere Wirtschaftsbereiche bis auf Weiteres „stark eingeschränkt“ bleiben.