Berlin. Friede Springer benennt Mathias Döpfner als ihren Nachfolger. Beide sind in Zukunft mit rund 22 Prozent an Axel Springer beteiligt.
Der Medienkonzern Axel Springer hat seine Nachfolge geregelt. Großaktionärin Friede Springer gab heute bekannt, dass sie Vorstandschef Mathias Döpfner einen großen Teil ihrer Anteile schenkt und ihn überdies die Stimmrechte an ihrem verbleibenden Aktienpaket ausüben lässt.
Über den damit vollzogenen Machtwechsel im Verlagshaus (u. a. „Bild“, „Welt“) hatten Beobachter seit Längerem spekuliert, der Zeitpunkt indes dürfte viele überrascht haben. Für das Unternehmen könnte sich die frühe Weichenstellung als „Smart Move“ erweisen – denn die Branche durchlebt unruhige Zeiten und steht vor gewaltigen Herausforderungen.
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Sie habe für „Kontinuität“ sorgen wollen, begründete die 78-jährige Witwe von Verlagsgründer Axel Springer ihre Entscheidung, über die sie in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sagte: „Es fühlt sich richtig an.“ Für den 57-jährigen CEO ändert sich alles und zugleich nichts.
Döpfner und sein märchenhaftes Milliardengeschenk
Mathias Döpfner steigt zum Verleger auf und ist in dieser Rolle mit einer monetären und publizistischen Machtfülle ausgestattet wie weltweit nur wenige in seinem Metier – und ist damit am Ziel angekommen: „Ich wollte immer den unruhigen Schlaf des Unternehmers und nie nur Manager sein.“ Das Amt des Vorstandsvorsitzenden, das der frühere Journalist seit mehr als 18 Jahren innehat, wird er weiter ausüben.
Sein Werdegang im Berliner Medienhaus, dem Insider seit Generationen in Machtfragen besonders raue Sitten attestieren, hat etwas so unbestreitbar Märchenhaftes, dass selbst die sonst so nüchterne „Frankfurter Allgemeine“ die Personalie im Boulevardstil betitelt: „Friede Springer schenkt Döpfner eine Milliarde Euro.“
Friede Springer hat selbst keine Kinder
Eine generöse Geste der Verlegerwitwe, die selbst keine Nachkommen hat – aber gewiss ebenso ein strategischer Schachzug, der den erfolgreichen Manager über alle Vertragslaufzeiten hinaus an ihr Lebenswerk bindet.
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Die Schenkung ist mit der nicht eben geringen Erwartung verbunden, dass Döpfner die Axel Springer SE wirtschaftlich und publizistisch in eine sichere Zukunft führt – als „erfolgreiches und unabhängiges Medienunternehmen, ein journalistisches Haus mit klaren Werten“.
Döpfner: „Ich hatte als Boulevardjournalist nie eine besondere Begabung“
Heute gibt es wenige, die dies dem jugendlich wirkenden Zwei-Meter-Mann nicht zutrauen würden. Vor 22 Jahren, als er mit Mitte 30 in die Dienste des Verlags trat, hätte es kaum einer für möglich gehalten. Döpfner sollte die damals angestaubte Tageszeitung „Die Welt“ sanieren und auffrischen. Nach eher glücklosen Stationen als Blattmacher bei den Gruner + Jahr-Zeitungen „Wochenpost“ und „Hamburger Morgenpost“ war seine Rolle umstritten. Doch die Kritiker irrten.
Döpfner hatte zwar, wie er einräumt, „als Boulevardjournalist nie eine besondere Begabung“, dafür aber klare Visionen. So war die Neuausrichtung der „Welt“ nur der Auftakt. Döpfner machte bei Springer Karriere, wurde 2000 als Zeitungsvorstand berufen und zwei Jahre später zum Vorstandschef. Früher als die meisten Medienmanager erkannte er, dass die Zukunft im Digitalen lag und richtete sein Unternehmen radikal darauf aus.
Döpfner investiert, spart und sorgt für Unruhe
Investitionen in Online-Rubriken-Marktplätze folgten, ebenso Sparrunden in den Redaktionen, die im Haus für Unruhe sorgten. Der Erfolg gab ihm recht, selbst ein teurer Fehlgriff wie der Kauf des Postdienstleisters Pin Group, der dem Verlag eine Abschreibung in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro bescherte, änderte daran nichts.
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Gegenüber Friede Springer galt Döpfner dabei stets als überaus loyal. Er verstand es, die mächtigste Figur im Haus auch von harten Einschnitten zu überzeugen. Die Verlegerwitwe wiederum war dem Strategen zu Dank verpflichtet, hatte dieser es doch geschafft, den Mitgesellschafter Leo Kirch kaltzustellen, indem Döpfner die Kaufoption für ProSiebenSat.1 zog und das Kirch-Imperium damit empfindlich traf.
Wirtschaftlich steht Springer heute besser da als in früheren Jahrzehnten mit einem Jahresumsatz von 3,11 Milliarden Euro und einem Konzernüberschuss von rund 264 Millionen Euro (2019). Dennoch ist die Verunsicherung im Haus nach Einstieg des Finanzinvestors KKR nicht eben gering.
„Bild“ und „Welt“ kämpfen mit sinkenden Auflagen
Döpfner hat intern das Ziel einer „längerfristigen Wachstumsbeschleunigung“ gegenüber „kurzfristiger Gewinnoptimierung“ ausgegeben, dazu gehören aber auch Einsparungen bei Budgets und Jobs. „Bild“ und „Welt“ kämpfen mit sinkenden Auflagen und Strukturproblemen, und es bleibt abzuwarten, wie sich Investitionen in digitale Projekte („Upday!“, „Business Insider“) langfristig auswirken.
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Döpfner weiß um die branchenweiten Schwierigkeiten und die Konkurrenz der US-Digitalkonzerne im Anzeigengeschäft. Als Präsident des Zeitungsverlegerverbandes BDZV ist er zudem ein einflussreicher Lobbyist für die Verlage. Der Machtwechsel im Hause Springer hat den 57-Jährigen reich gemacht, aber keinesfalls satt. Er sei „gekommen, um zu bleiben“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Und gleich für die gesamte Branche: „Das Beste liegt noch vor uns.“