Hamburg. Start-up mit langer Firmengeschichte entwickelt mehr als 800 neue Produktkonzepte im Jahr – und verrät Trendfrucht der nächsten Jahre.
„Ein Start-up mit einer Firmengeschichte von mehr als 100 Jahren“ – so beschreibt Geschäftsführer Philipp Stradtmann das Hamburger Unternehmen Bösch Boden Spies. Gegründet im Jahr 1913 als Handelshaus für Trockenfrüchte und Gewürze aus China und Japan, sieht es sich heute als „Import- und Innovationsagentur“: Man führt Früchte wie Acerola, Blaubeeren, Cranberrys, Pflaumen und Goldenberries sowie Mandeln und Nüsse ein, analysiert Verbrauchertrends und entwickelt Produktkonzepte für die europäische Ernährungsindustrie.
Bösch Boden Spies ist Start-up mit Firmentradition
Tatsächlich ist der Vergleich mit einem Start-up ungeachtet der langen Tradition und des Jahresumsatzes von etwa 180 Millionen Euro gar nicht so abwegig – wovon sich Hamburgs Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) am Freitag bei seinem Firmenbesuch ein Bild machen konnte.
Bösch Boden Spies residiert nicht in einem Speicherstadt-Backsteinbau, sondern in hochmodernen Räumen am Heidenkampsweg in der City-Süd, außerdem ist das Unternehmen zuletzt kräftig gewachsen – von 30 Beschäftigten im Jahr 2000 auf rund 130 heute. Viele der Mitarbeiter sind jung und haben ausländische Wurzeln, 13 Sprachen sind in der Firma vertreten.
Ernährungsexperten erarbeiten neue Produktkonzepte
Für Bösch Boden Spies kommen nach eigenen Angaben jährlich 112.000 Tonnen Früchte im Hamburger Hafen an. Sie stammten von 26 Produzenten, mit denen man zum Teil seit 90 Jahren zusammenarbeite. Umfassendes Know-how über die Produkte sei das Alleinstellungsmerkmal der Firma, so Stradtmann: „Wir fungieren als Trendscout für die Ernährungsindustrie.“ Als Trendfrucht der nächsten Jahre gilt die Wassermelone, die trotz des süßen Geschmacks relativ wenig Zucker enthält.
In einer Versuchsküche erarbeiten Ernährungsexperten mehr als 800 Produktkonzepte pro Jahr – vom Smoothie mit Kakaofruchtanteil über Fruchtriegel bis zur Erdbeer-Cranberry-Marmelade, die sich wie Ketchup aus einer Kunststofflasche drücken lässt. Häufig dienen die Konzepte aus der Laborküche nur als Anregung für die Industriekunden, aber manchmal sind sie schon sehr nah am späteren Produkt. Das gilt nach Angaben von Stradtmann zum Beispiel für die Schokoladensorte Honig-Salz-Mandel von Ritter Sport.
"Wertewandel in der Gesellschaft" steht an
Auf eine innovative Firma wie Bösch Boden Spies könne Hamburg stolz sein, sagte Westhagemann. Denn er ist überzeugt: „Bewusste Ernährung wird in der Zukunft deutlich stärkere Bedeutung bekommen.“ Michael Rund, Geschäftsführer des Unternehmens, sieht das auch so: „Wir stehen am Beginn eines Wertewandels in der Gesellschaft: Bisher haben die meisten Menschen gegessen, um zu leben. Aber in zehn Jahren wird man essen, um gesund zu sein.“
Schon heute konzentriere sich Bösch Boden Spieß zunehmend auf Produkte mit einem Ernährungs-Zusatznutzen, sagte Entwicklungsleiter Kay Schumacher. So lasse sich Salz in Grillsaucen durch den Zusatz von Trockenpflaumensaftkonzentrat reduzieren und eine ansprechendere Farbe erzielen, ohne Zuckerkulör nutzen zu müssen. All dies erproben zu können, ist laut Schumacher „ein echt cooler Job“.