Hamburg. 110 Arbeitsplätze bleiben erhalten. Auch für ein Karstadt-Sports-Haus soll bald eine Entscheidung getroffen werden.

Wenn im Kaufhaus eine Durchsage über die Lautsprecher scheppert, geht es zumeist um Sonderangebote und andere wenig emotionale Themen. Für Kunden ist das in der Regel kaum mehr als Hintergrundrauschen. Als aber am Freitag im Alstertal-Einkaufszentrum kurz nach der Öffnung eine Stimme verkündete, dass die Filiale von Galeria Karstadt Kaufhof gerettet ist, brandete spontan Applaus auf.

„Es ist ein toller Tag“, sagte der Betriebsratsvorsitzende Michael Zuther einige Stunden später. Und auch jetzt überschlägt sich seine Stimme noch fast vor Freude. Um kurz nach 9 Uhr hatte Finanzchef Guido Mager, der eigens aus der Unternehmenszentrale in Essen angereist war, den 110 Mitarbeitern mitgeteilt, dass der frühere Kaufhof-Standort nicht mehr auf der Streichliste des angeschlagenen Warenhauskonzerns steht. „Die Erleichterung ist riesengroß“, sagte Zuther, der auch im Gesamtbetriebsrat sitzt.

Galeria Karstadt Kaufhof will nun vier Hamburger Filialen erhalten

Die Rettung der Filiale ist Teil eines Pakets. Nach Verhandlungen mit Vermietern hat der Handelsriese seine Pläne für die Schließungen von 62 von insgesamt 172 Filialen noch einmal modifiziert. „Buchstäblich in letzter Sekunde“ sei es gelungen, das Aus für weitere sechs Warenhäuser doch noch abzuwenden, schreibt der Vorsitzende der Galeria-Geschäftsführung, Miguel Müllenbach, in einem Mitarbeiterbrief.

Die Schließungen sind Teil des Sanierungsprogramms für das insolvente Unternehmen. In Hamburg hatten zunächst vier der sieben Galeria-Standorte auf der Streichliste gestanden: die beiden ehemaligen Kaufhof-Häuser in der Mönckebergstraße und im AEZ sowie Karstadt Wandsbek und Bergedorf mit insgesamt 450 Beschäftigten. Die Ankündigung hatte in der Stadt große Betroffenheit ausgelöst. Erhalten werden sollten nur das Karstadt-Stammhaus in der Mönckebergstraße sowie die Filialen in Eimsbüttel und Harburg. Jetzt ist auch der Standort im AEZ gesichert.

Wird auch ein Karstadt Sports in Hamburg erhalten?

Der Vermieter, die Hamburger ECE-Gruppe, bestätigte dem Abendblatt, dass eine Einigung für die ehemalige Kaufhof-Filiale in Poppenbüttel erzielt worden sei. „Wir haben uns nach den Verhandlungen der letzten Wochen für einige Standorte mit Galeria Karstadt Kaufhof, darunter die Filiale im Alstertal-Einkaufszentrum, grundsätzlich auf die wirtschaftlichen Eckdaten für eine Fortführung verständigen können“, sagte ECE-Sprecher Lukas Nemela. Zu den Inhalten der Verhandlungen wollte er keine Angaben machen. Die in den Gesprächen erarbeitete Lösung umfasse im Wesentlichen einen langfristigen Mietvertrag zu angepassten Konditionen. Nach seinen Angaben müssen noch einige Details geklärt werden, bevor die Verträge in Kürze unterschrieben werden sollen.

Das gilt offenbar auch für das Karstadt-Sports-Haus im Harburger Phoenix Center, das ebenfalls von ECE betrieben wird. „Auch für den Erhalt dieser Filiale sind wir zuversichtlich“, so Nemela. Auch hier gebe es eine Verständigung über die Eckdaten einer Fortführung des Mietvertrags. Für Karstadt Sports am Eingang der Mönckebergstraße zeichnet sich dagegen bislang keine Rettung ab. Insgesamt will Galeria-Eigentümer Signa, der erst kürzlich die Sportartikelkette Sportscheck übernommen hatte, 20 der bundesweit 30 Häuser schließen.

50 Häuser von Galeria Karstadt Kaufhof werden geschlossen

In den vergangenen Wochen hatte das Management des Warenhauskonzerns mit Vermietern von Kaufhäusern und Sporthäusern Gespräche über Mietnachlässe geführt. Gewerkschaft und Mitarbeiter hatten mit diversen Aktionen für den Erhalt der Filialen und der Arbeitsplätze gekämpft. Auch die Stadt Hamburg hatte sich in die Gespräche über der Kaufhaus-Standorte eingeschaltet.

Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und Oppositionsführer Dennis Thering (CDU) waren bei Kundgebungen aufgetreten. Zuletzt hatte es am vergangenen Freitag eine Protestveranstaltung vor dem Kaufhof-Haus in der Mönckebergstraße gegeben. „Das ist ein wichtiger Erfolg für die Beschäftigten. Es hat sich gelohnt, Druck zu machen und mit vielen Aktionen die Hamburger zu sensibilisieren“, sagte Heike Lattekamp, Ver.di-Fachbereichsleiterin Handel.

Insgesamt hat sich die Zahl der von Schließung bedrohten Häuser inzwischen auf 50 reduziert. Nach Zugeständnissen der Vermieter ist demnach neben dem Standort im Alstertal-Einkaufszentrum unter anderem der Fortbestand der Warenhäuser in Berlin-Lichtenberg, in Bielefeld und in Siegen gesichert. Obwohl Geschäftsführer Müllenbach den Mitarbeitern in den übrigen Häusern auf der Streichliste keine Hoffnung mehr auf Rettung machte, setzt Gesamtbetriebsratschef Jürgen Ettl darauf, weitere Filialen vor der Schließung zu bewahren. „Aufgeben ist für uns keine Option.“

In Wandsbek und Bergedorf wird weiter gehofft

Für die Beschäftigten im ehemaligen Kaufhof an Mönckebergstraße und bei Karstadt Bergedorf und Wandsbek geht das Bangen weiter. Ein Lichtblick: Laut Müllenbach bleibt Karstadt Bergedorf bis 31. Januar 2021 geöffnet.Der Vermieter des Kaufhausgebäudes in Wandsbek, die Union Investment, teilte dem Abendblatt mit: „Wir sind auf die Wünsche von Karstadt nach einer deutlichen Mietreduzierung sehr weit eingegangen und haben einen langfristigen Vertrag auf zehn Jahre angeboten.“ Der Kaufhauskonzern reagierte am Freitag – bislang sieht es allerdings nicht nach einer Einigung aus.

In Wandsbek hatten die Mitarbeiter mehr als 10.000 Unterschriften für den Fortbestand der Filiale gesammelt. Insgesamt haben in Hamburg 30.000 Menschen die Listen unterschrieben. „Wir hoffen weiter“, sagte der Wandsbeker Betriebsratschef Mark-Oliver Thöne. Die Einigung für den Standort im AEZ sei „ein Zeichen, das noch was geht“. Dort war die Stimmung am Freitag so gut wie schon sehr lange nicht mehr – inklusive stündlicher Rettungsdurchsage.