Berlin. Wer seinen Mietern in der Corona-Krise oder auch generell bei der Miete zu sehr entgegen kommt, riskiert deutliche Steuernachteile.

Für viele Mieter wurde die Corona-Krise zur finanziellen Belastung. Gerade in den Metropolregionen machte sich die Kombination aus teurer Miete und verringertem Einkommen durch Kurzarbeit oder Jobverlust bemerkbar. Drei Monate lang konnten Mieter ihre Zahlungen aufschieben, wenn sie aufgrund der Corona-Krise in finanzielle Engpässe geraten waren, seit Ende Juni ist dies trotz Kritik von Verbraucherschützern, Gewerkschaften und dem Mieterbund nicht mehr möglich.

Doch viele Mieter machten nicht von der Möglichkeit des Miet-Moratoriums Gebrauch, sondern suchten das Gespräch mit den Vermietern. Ein Entgegenkommen in der Corona-Krise könnte manchen Vermieter allerdings teuer zu stehen kommen. Wer zu günstig vermietet, dem drohen steuerliche Nachteile.

Finanzämter erkennen Werbungskosten nicht mehr vollständig an

Liegen die Mieteinnahmen unter 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete, erkennen Finanzämter Werbungskosten nicht mehr vollständig an. Dazu zählen etwa Ausgaben für Handwerker oder Sanierungen. Hintergrund dieser Regel ist, dass die Finanzämter die sogenannte Liebhaberei unterbinden wollen. Wird eine Wohnung also ohne Gewinnabsicht vermietet, können die Kosten nicht auf die Steuer umgelegt werden.

Sowohl bei Vermieter- als auch bei Mietervertretern stößt dies auf Unverständnis. „Eine Miete, die unter 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, hat zunächst einmal mit Liebhaberei nichts zu tun“, sagte Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, unserer Redaktion. „Der Satz müsste auf deutlich unter 50 Prozent abgesenkt werden. Ansonsten werden die Vermieter, die die Miete bewusst niedrig halten, bestraft“, forderte Siebenkotten.

„Schallende Ohrfeige für sozial eingestellte Vermieter“

Als eine „schallende Ohrfeige für alle besonders sozial eingestellten Vermieter“ wertet Kai Warnecke, Präsident des Eigentümerverbandes Haus und Grund, die Regelung. Und Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, sagte: „Die Nicht-Anrechenbarkeit von Werbungskosten bei Mieten von unter 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmieten ist eines von vielen Beispielen, wie der Staat dafür sorgt, dass Wohnen immer teurer wird.“

Anschaulich wird die Kritik am Beispiel Karlsfeld. Die oberbayerische Gemeinde liegt am Münchener Stadtrand und ist laut Mietspiegelindex des Immobilienmarkt-Analyseunternehmens F+B die teuerste Gemeinde Deutschlands. Die Kaltmiete für einen Quadratmeter liegt im Schnitt bei 10,86 Euro. Für eine 80-Quadratmeter-Wohnung muss ein Vermieter also mindestens 573 Euro verlangen, um die Werbungskosten voll absetzen zu können.

Hinzu kommt ein zweites Problem: Nicht überall werden Mietspiegel erstellt. „Das führt dann zu der Situation, dass das Finanzamt die Miete in umliegenden Wohnungen heranziehen kann, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln“, sagte Sibylle Barent, Leiterin des Steuerreferats von Haus und Grund.

Stark wachsende Regionen besonders betroffen

In stark wachsenden Regionen könne dies dazu führen, dass neue Wohnungen teuer vermietet werden, ältere Objekte dagegen günstig bleiben und somit unter die 66 Prozent fallen. „In diesem Fall müssen die Einnahmen durch die Miete voll versteuert werden, die Ausgaben können aber nicht voll abgesetzt werden“, sagte Barent. Liege die Miete beispielsweise bei 50 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete, könnten auch nur die halben Werbungskosten angesetzt werden.

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Was aber bedeutet das für den Fall, dass Vermieter ihren Mietern in der Corona-Krise entgegenkommen sind? Zunächst einmal nichts, wie das Bundesfinanzministerium auf Anfrage mitteilt. Eine Anpassung der aktuellen Regelung aufgrund der Corona-Krise sei nicht erforderlich, so eine Sprecherin. Entscheidend sei die im Mietvertrag vereinbarte Miete, sodass ein zeitlicher Erlass zu keiner Einschränkung führe. „Maßgebend sind allerdings immer die Umstände des Einzelfalls“, teilte die Sprecherin mit.

So komme es in der Realität nicht ausschließlich auf den Mietvertrag an, entgegnet Haus-und-Grund-Steuerexpertin Barent: „Manche Finanzämter prüfen nicht nur, was im Mietvertrag steht, sondern auch, was tatsächlich an Miete gezahlt wird.“

FDP-Bundestagsfraktion bereitet Gesetzesinitiative vor

Nach der Sommerpause wird sich auch der Bundestag mit dem Thema auseinandersetzen. Die FDP-Bundestagsfraktion bereitet dazu eine Gesetzesinitiative vor. „Es ist ein Skandal, dass Vermieter, die in der Corona-Krise die Mieten gesenkt haben, dafür bestraft werden“, sagte der wohnungspolitische Sprecher der FDP, Daniel Föst, unserer Redaktion.

Er forderte die Regierung auf, die „absurde Regelung“ schnellstmöglich zu beseitigen und das Einkommensteuergesetz anzupassen. „Dass vor allem soziale Vermieter mit günstigen Wohnungen besonders davon betroffen sind, schlägt dem Fass den Boden aus. Soziale Verantwortung und Empathie in der Krise gehören belohnt und nicht bestraft“, sagte Föst.

Die Sorgen von Mietern, Zahlungen nicht nachkommen zu können, verringern sich unterdessen. Das zeigt eine monatlich durchgeführte repräsentative Befragung von Haus und Grund. 4,3 Prozent der Mieter gaben im Juni an, aufgrund von Einkommenseinbußen durch die Krise ihre Miete nicht mehr bezahlen zu können. Im April hatten das 6,9 Prozent gesagt. „Die zahlreichen staatlichen Sicherungsnetze, wie das Wohngeld, zeigen Wirkung“, sagte Haus-und-Grund-Präsident Kai Warnecke. Im April zahlten während des Corona-Lockdowns 1,6 Millionen Haushalte keine Miete.