Hamburg. Versorgungszahlung an Hafenmanagerin massiv gestiegen. Betriebsrat empört. Linke spricht von „Unverschämtheit“.
Dass einige Vorstände Hamburger Unternehmen mehr verdienen als Bürgermeister Peter Tschentscher ist längst bekannt. Dass die Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Angela Titzrath, bei den jährlichen Vergütungsveröffentlichungen der Hamburger Unternehmen regelmäßig den Spitzenplatz einnimmt, ist für die an Wirtschaftsthemen interessierte Öffentlichkeit auch nicht neu.
Doch nun wird eine Millionen-Vergütung für Titzrath bekannt, die die Linksfraktion dazu veranlasst hat, eine parlamentarische Anfrage an den Senat zu stellen. Die Stadt ist schließlich im Aufsichtsrat des Unternehmens vertreten, hält immerhin 68 Prozent an der HHLA. Trotz seiner zunehmend internationalen Ausrichtung, ist der Terminalbetreiber damit immer noch mehrheitlich ein städtischer Konzern.
Großzügige Ruhegeld-Regelung für Titzrath
Umso mehr wunderte sich der Wirtschaftsexperte der Linksfraktion in der Bürgerschaft, Norbert Hackbusch, als er kürzlich auf eine außergewöhnlich großzügige Ruhegeld-Regelung für Titzrath stieß.
Diese findet sich im Geschäftsbericht der HHLA in einer Tabelle auf Seite 60. Demnach hat die HHLA-Chefin im vergangenen Jahr zuzüglich zu ihrem bekannten Jahresgehalt in Höhe von 936.359 Euro ein Versorgungsgeld von 2,79 Millionen Euro erhalten. 2018 waren es 335.898 Euro gewesen.
Geschäftsbericht weist Zahlung von 3,7 Millionen Euro aus
Insgesamt hat Titzrath laut Geschäftsbericht 3.733.094 Euro erhalten – etwa 2,5 Millionen Euro mehr als 2018. Zum Vergleich: Bürgermeister Tschentscher erhält ein Jahresgehalt von etwa 200.000 Euro.
Die Linksfraktion will nun vom Senat wissen, wie es zu der überraschend hohen Zahlung an Titzrath gekommen ist und ob es sich um eine einmalige Vergütung handelt. Manchmal werden Versorgungsgelder nämlich mit einem Mal ausgeschüttet.
In diesem Fall ist der Vorgang aber um so mehr von Interesse, als SPD und Grüne eigentlich beschlossen haben, unverhältnismäßige Einkommensunterschiede in Hamburgs öffentlichen Unternehmen zu verhindern. Der Senat hatte sich darauf verständigt, dass der Vergütungsrahmen der Chefetage abhängig von der Größe, der Struktur und der Branche des Unternehmens in einem akzeptablen Verhältnis zum Durchschnittseinkommen der Mitarbeiter stehen sollte.
Linke fordert Aufklärung
So hatte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) noch Mitte November 2019 – also vor wenigen Monaten – bei der Vorstellung des Vergütungsberichts stolz darauf hingewiesen, dass sich der Abstand zwischen den Topgehältern und dem Durchschnitt der ansonsten in den öffentlichen Unternehmen gezahlten Löhnen leicht verringert habe. „Wir haben hier zwar nur einen kleinen Schritt gemacht, aber einen messbaren“, sagte Dressel.
Damals muss ihm aber schon bekannt gewesen sein, dass Titzrath sehr viel mehr Geld bekommt, denn aus dem Geschäftsbericht der HHLA geht auch hervor, dass der Anstieg der hohen „Versorgungszusage“ für Titzrath auf den 17. Juni 2019 zurückzuführen ist. Dort ist auch von einem „nachzuverrechnenden Dienstzeitaufwand (past service cost)“ zu lesen.
Nicht eine geringere, sondern eine größere Gehaltsspreizung haben die HHLA-Mitarbeiter demnach erlebt, was auch dem Betriebsrat aufgefallen ist. In seiner Juni-Info an die Mitarbeiter heißt es: „Frau Titzrath hat sich zwischenzeitlich schon einmal ihre Gehaltserhöhung (inkl. Altersversorgung) organisiert. Für uns Kolleginnen und Kollegen bleibt ohne Lohnerhöhung nur eins: Wir versorgen Deutschland und um ein Dankeschön müssen wir selber kämpfen.“
"Unverschämtheit gegenüber Beschäftigen und Steuerzahlenden in der Stadt"
Hackbusch fordert jetzt Aufklärung. „Die Vergütungsexplosion der HHLA-Vorstandsvorsitzenden ist eine Unverschämtheit gegenüber den Beschäftigen wie den Steuerzahlenden in der Stadt“, sagt er dem Abendblatt. „Zusätzlich ist es eine besondere Frechheit des rot-grünen Senats und der Fraktionen, die sich in der letzten Legislatur lautstark damit brüsteten die Managementgehälter in den öffentlichen Unternehmen zu beschränken.
Stattdessen bekommen wir zunehmend den Eindruck, dass nicht der Senat die Unternehmen steuert. Weder der Wirtschaftssenator noch der Finanzsenator wurden von den Kooperationsgesprächen der HHLA mit Eurogate informiert. Und jetzt stellen wir fest, dass die Vorstandsvorsitzende exorbitante Vergütungen erhält.“
Laut HHLA gehört Titzrath nicht zu den Topverdienern
Die Wirtschaftsbehörde hält dagegen: Das Ruhegehalt von Frau Titzrath sei nicht um das Siebenfache gestiegen. „Es handelt sich um eine einmalige, kumulierte Zuführung zur Rückstellung für die Altersversorgung der HHLA“, sagte eine Behördensprecherin auf Anfrage. „Die Erhöhung ist das Ergebnis der Verhandlungen zur Vertragsverlängerung zwischen Frau Titzrath und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Professor Grube im Jahr 2019.“
Besonders konfrontativ dürften diese Vertragsverhandlungen nicht gewesen sein. Ex-Deutsche-Bahn-Chef Grube und Titzrath kennen und schätzen einander schon sehr lange. Sie machte im Daimler-Konzern Karriere als er dort Vorstandsmitglied war. Als Leiter der Konzernstrategie schob Grube als Vertrauter von Vorstandschef Jürgen Schrempp den Zusammenschluss mit Chrysler an, während Titzrath den DaimlerChrysler-Deal für alle Dienstleistungen und Beteiligungen verantwortete.
Die HHLA selbst macht derweil keinen Hehl aus dem großzügigen Ruhegeld für ihre Chefin: „Es handelt sich um eine Verrechnung alter Ansprüche, und es ist ein einmaliger Effekt. Alles ist transparent und findet sich im Geschäftsbericht“, sagte Unternehmenssprecher Hans-Jörg Heims dem Abendblatt. „Der Aufsichtsrat hat der Vergütungsregelung zugestimmt und darin sitzen auch Arbeitnehmervertreter.“
Im Übrigen gehöre Titzraths Vergütung nicht zu den Topverdiensten, die bei S-DAX-Unternehmen üblich seien. Ob diese Aussagen Opposition und Beschäftigte zufriedenstellen werden, bleibt abzuwarten.