Hamburg. Grenze zum Nachbarland geschlossen, aber das Ferienhaus muss bezahlt werden. Novasol wegen Stornoregeln in der Kritik.

Es hätte so schön werden können – Spaziergänge am Strand, Grillen im Garten, Softeis und Smørrebrød. Tausende Hamburger haben sich auf ihren Urlaub in Dänemark gefreut, doch viele von ihnen sind derzeit mit ihren Nerven am Ende. Es geht um Gäste, die ein Ferienhaus bei den nördlichen Nachbarn gemietet haben. Vor allem Kunden von Novasol, vereinzelt aber auch von anderen Anbietern beschweren sich im Internet und bei Reiseexperten. Sie ärgern sich über die Stornobedingungen für ihre Reise nach Dänemark, die wegen der Corona-Pandemie ausfallen muss. „Wir hatten in letzter Zeit Dutzende Anfragen von Kunden, die sich über Novasol beklagen oder Probleme mit dem Anbieter haben“, bestätigt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg dem Abendblatt.

Die Beschwerden betreffen auch Dansommer, einen Anbieter, der zur Novasol-Gruppe mit Sitz im dänischen Virum gehört. „Wir hoffen, dass Sie Ihre Reise wie geplant durchführen können und wünschen Ihnen in diesem Fall einen schönen Urlaub“, schreibt Dansommer am Freitag etwa an Stefan Weigel. Das Problem: Er kann wegen Corona nicht nach Dänemark einreisen, das ist auch Dansommer bekannt, muss nun aber 1300 Euro für sein gebuchtes Ferienhaus bezahlen. An diesem Wochenende sollte die Reise losgehen. „Ein Gutschein würde mir ja reichen“, sagt der Hamburger, aber noch nicht mal diesen habe ihm Dansommer angeboten.

„Unsere Reise wurde storniert, ohne dass wir irgendwas schriftlich bekommen haben. Ist durch Zufall aufgefallen. Ist das normal und kann ich jetzt trotzdem noch umbuchen?“, fragt eine weitere Betroffene bei Facebook. „Unabhängig von der Umbuchung finde ich die Stornogebühren von 80 Prozent bissel doll“, bemängelt derweil ein anderer Gast von Novasol.

Verstärkte Einreisebeschränkungen an allen Grenzen Dänemarks wegen Corona

Zum Hintergrund: Seit Mitte März gelten wegen Corona auch verstärkte Einreisebeschränkungen an allen Grenzen Dänemarks. Personen ohne anerkennungswürdigen Grund zur Einreise in das Land wird die Weiterfahrt an der Grenze verwehrt. Dieses Verbot gilt auch für Touristen. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen signalisierte jetzt erstmals ihre Offenheit für die Möglichkeit, Touristen etwa mit einem Mietvertrag für ein Ferienhaus ins Land zu lassen. Dies müsse aber erst in politischen Gesprächen diskutiert werden. Zur den Einreisebedingungen werde bis 1. Juni Stellung genommen. Die Situation vieler Gäste ist durch diese Regelung nun denkbar ungünstig: Sie müssen das Ferienhaus bezahlen, dürfen allerdings (bisher) nicht einreisen. Novasol hat bei den Bedingungen für die Kunden zwar teilweise nachgebessert, aber etliche Gäste sind dennoch über die ihrer Meinung nach fehlende Kulanz verärgert.

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    Auch einige Reisebüros klagen über den Anbieter. „Wir haben den Agenturvertrag mit Novasol nicht verlängert und lehnen solche Verträge auch kategorisch ab“, sagt etwa Florian Kruse vom Hamburger Reisebüro Adventure Tours. Auf Foren im Internet, die sich auf Reisebüros spezialisiert haben, klagen Agenturen, bei ihnen stünde Novasol auf der Blacklist. Der Veranstalter sei auch für sie nicht zu erreichen, bemängelt etwa Natali Bauer von Kultura Reisen. Julia Rehberg kann den Kunden, die sich auch über immer wieder veränderte Geschäftsbedingungen bei Novasol wundern, allerdings wenig helfen. „Das Pro­blem: Die Ferienhäuser stehen in Dänemark“, argumentiert die Expertin, und dort gelte eben auch dänisches Recht. Denn befindet sich die Ferienwohnung im Ausland, richten sich die Ansprüche der Kunden nach dem Recht des Landes, in dem die Unterkunft liegt.

    Unterschied zwischen Pauschalreise und Buchung eines Ferienhauses

    Bei anderen Firmen wie DanCenter oder Vermietern in Italien oder Spanien scheinen allerdings weniger Probleme wegen der Corona-Krise aufzulaufen. „Wir bekommen kaum Anfragen wegen anderer Ferienhausvermieter“, schildert Julia Rehberg ihre Erfahrungen in der gegenwärtigen Krise. Beim Deutschen Ferienhausverband verweist man auf folgende Praxis: „Wir gehen davon aus, dass Gäste Ferienhäuser und Ferienwohnungen dann kostenfrei stornieren können, wenn durch behördliche oder gesetzliche Auflagen Gebiete gesperrt sind, die touristische Vermietung untersagt ist oder Reisen für touristische Zwecke verboten sind und die Gefährdungslage durch das RKI als hoch eingestuft wird“, sagt Michelle Schwefel von der Branchenvereinigung.

    Bei Novasol selber verweist man indes auf den Unterschied zwischen einer Pauschalreise und der Buchung eines Ferienhauses. „Als reiner Vermittler von Einzelleistungen – in diesem Fall Beherbergung in Ferienwohnungen oder -häusern – unterliegt Novasol nicht dem Pauschalreiserecht“, argumentiert das Unternehmen gegenüber dem Abendblatt. Novasol vermittele Einzelleistungen – und dabei könnten Verbraucher nicht davon ausgehen, dass ihnen eine Erstattung bei Stornierung zustehe.

    Novasol bietet kostenlose Umbuchung an

    Stattdessen bietet Novasol jetzt für die meisten Kunden eine kostenlose Umbuchung bei Anreise bis zum 31. Mai 2021 an. Für viele Kunden ist diese Lösung allerdings keine Alternative. Weil das gewünschte Ferienhaus oft wesentlich teurer ist. Denn durch die starke Nachfrage nach diesen Unterkünften, in denen Urlauber unter sich sind, steigen die Preise stark an. Einige Kunden sehen auf den Belegungsplänen bei Novasol auch, dass die von ihnen gemieteten Häuser offenbar schon wieder gebucht wurden. Auch Stefan Weigel hat diesen Eindruck: Im Buchungskalender ist die Woche, in der er nach Dänemark reisen wollte, rot markiert. „Möglicherweise ist das Haus an einen anderen Gast vermietet, sodass jetzt sogar doppelte Mieteinnahmen für die Unterkunft anfallen“, vermutet der 55-Jährige „Oder der Eigentümer nutzt es selbst.“

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