Itzehoe/Bad Bramstedt/Coesfeld. Ende vergangener Woche hatte der Kreis Steinburg 87 neue Fälle gemeldet. Grüne sprechen von „unhaltbaren Zuständen“.

Die Schlacht­industrie steht wegen der hohen Zahl von Corona-Infektionen unter ihren Mitarbeitern in der Kritik: Politiker und Gewerkschafter forderten am Wochenende schärfere Kontrollen und bessere Arbeitsbedingungen – gerade für ausländische Kräfte in Sammelunterkünften, wo die Infektionsgefahr hoch sei. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach von einem „ausbeuterischen Geschäftsmodell“, mit dem nun „Schluss sein“ müsse.

Ende vergangener Woche hatte der Kreis Steinburg in Schleswig-Holstein 87 neue Corona-Fälle gemeldet. Inzwischen ist deutlich, dass gut 100 Mitarbeiter des Bramstedter Schlachthofs erkrankt sind, die zu dem starken Anstieg beigetragen haben. Viele Schlachthofmitarbeiter sind in Kellinghusen (Kreis Steinburg) untergebracht. Im Landkreis Coesfeld sind sogar mehr als 180 Beschäftigte eines Schlachthofs infiziert.

Unhaltbare Zustände in Schlachthöfen

„Corona offenbart die unhaltbaren Zustände in einigen Schlachthöfen“, sagte Hofreiter weiter. „Schon vor der Krise war bekannt, wie mies die Hygiene in vielen Betrieben ist. Das liegt auch an den extrem schlechten Arbeitsbedingungen – von mangelhafter Ausrüstung bis ausbeuterischen Arbeitszeiten.“ Ein „zentrales Problem“ sei die Unterbringung in „überbelegten, miserablen Unterkünften“.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte die Bundesländer „eindringlich“ auf, den Arbeitsschutz für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft und in der Fleischindus­trie streng zu kontrollieren, wie der Norddeutsche Rundfunk berichtete. „Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Situation in Sammelunterkünften und beim Personentransport zu legen.“ Er verwies auf Berichte über „unhaltbare Zustände beim betrieblichen Infektionsschutz“.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) verwies darauf, dass die Schlachtbranche seit Jahren „immer wieder mit miserablen Arbeitsbedingungen“ auf­falle. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wertete die Corona-Fälle als „trauriges Resultat des extremen Preisdrucks beim Fleisch“. Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, sieht „kein Regelungsdefizit, sondern ein Vollzugsdefizit“. Es müsse nun bundesweit in den Schlachthöfen Kontrollen geben.

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