Hamburg. Branche mit mehr als 1000 Betrieben in Hamburg fühlt sich vom Senat im Stich gelassen. Gleichbehandlung in Schleswig-Holstein.

Die Friseure arbeiten seit Anfang der Woche oft bis in die Abendstunden, um den Andrang der Kunden nach der langen Zwangspause zu bewältigen. Dagegen haben die Kosmetiksalons in der Corona-Krise noch immer geschlossen. Und das wird zunächst auch so bleiben. Als am gestrigen Dienstag der Hamburger Senat weitere Lockerungen der Corona-Maßnahmen ankündigte, blieb diese Berufsgruppe erneut außen vor.

Zwar werden Museen, Gedenkstätten und Zoos nun unter Auflagen wieder öffnen dürfen, auch soll Sport im Freien wieder möglich sein, doch die Kosmetiksalons müssen sich weiter gedulden. „Kein Signal, noch nicht einmal eine Erwähnung des Kosmetikerhandwerks. Unsere Mitgliedsbetriebe sind wütend. Und wir können das gut verstehen“, fasst Christiane Engelhardt, Sprecherin der Handwerkskammer Hamburg, die Stimmungslage in der Branche zusammen.

Mundschutz und Einmalbe­steck schon lange Alltag in Kosmetikstudios

Maren Löffler-Hergert betreibt seit 25 Jahren ihr Studio Tausendschön in Ottensen, in dem sie Behandlungen anbietet und kosmetische Produkte verkauft. Über dem Eingang hat sie ein großes Transparent aufgehängt. „#rette deine Kosmetikerin“ steht darauf. Mehr als sechs Wochen ist ihr Betrieb inzwischen geschlossen. Ihre vier Mitarbeiterinnen hat sie in Kurzarbeit geschickt.

„Ich finde es ungerecht, dass wir noch nicht öffnen dürfen“, kritisiert sie und verweist auf die Hygienebestimmungen für ihre Branche. Mundschutz und Einmalbe­steck sind hier schon lange Alltag. Besonders ärgert sie, dass auch der Verkauf von Produkten in den Salons nicht erlaubt ist. Deshalb hat Löffler-Hergert jetzt zusätzlich ein Gewerbe angemeldet. Seit Montag ist sie nicht mehr nur Inhaberin eines Kosmetiksalons, sondern betreibt das Geschäft auch als Einzelhändlerin. „Ich hoffe, dass ich so ein wenig Umsatz erwirtschaften kann.“

Kritik auch von der Handwerkskammer

Als ungerecht empfindet es auch die Handwerkskammer, dass Friseure und Kosmetiker nicht den gleichen Regeln unterliegen. „Seit Wochen sind wir im intensiven Austausch mit der Stadt, um eine Lockerung für das Kosmetiker-Handwerk und hier insbesondere für die Fußpflege zu erwirken“, beschreibt Christiane Engelhardt die Bemühungen. Matthias Höwt, Geschäftsführer des Kosmetikinstituts HautKultur beklagt zudem die Ungleichbehandlung der Firmen in den Bundesländern: „Unsere Kunden können seit Montag ganz einfach für ihre Behandlung nach Schleswig-Holstein fahren,“ sagt der Inhaber des Studios am Mittelweg. Nicht wenige hätten ihm von derartigen Plänen erzählt, ihm aber seien die Hände gebunden, erzählt der Unternehmer und weist auf die leer stehenden Behandlungszimmer, in denen Massageliegen und Relaxsessel mit Handtüchern abgedeckt sind.

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    Denn wie in vielen Berufsgruppen herrscht bei der Hautpflege ein Flickenteppich an Regeln: In Schleswig-Holstein dürfen neben Friseuren auch Kosme­tiker (außer gesichtsnahe Behandlungen) und kosmetische Fußpfleger seit Montag, 4. Mai, wieder arbeiten. In Niedersachsen ist die Öffnung bereits in Planung für den 11. Mai. Den 1143 bei der Handwerkskammer eingetragenen Kosmetikbetrieben sei dies nicht zu vermitteln, beklagt Engelhard. Viele fühlten sich von der Politik vergessen.

    Rechtslage ist für Verbraucher nicht nachzuvollziehen

    Matthias Höwt hat alles dafür vorbereitet, dass Behandlungen wieder stattfinden können. Er hat FFP2-Masken bestellt, Plexiglasscheiben für die Maniküre und Abstandsregeln zwischen den Behandlungsplätzen. Doch sein Studio in Rotherbaum, in das er noch vor zwei Jahren kräftig investiert hat, muss weiter ohne Kunden auskommen. Der 42-Jährige musste bereits Kurzarbeit beantragen und Kredite aufnehmen: Für die Miete der Behandlungsräume auf immerhin mehr als 400 Quadratmetern in bester Lage und die Leasingzahlungen für die bis zu 60.000 Euro teuren Behandlungsgeräte.

    Nur fürs Foto: Matthias Höwt und
Soraya Hajibigli zeigen, wie Fußpflege
funktionieren könnte.
    Nur fürs Foto: Matthias Höwt und Soraya Hajibigli zeigen, wie Fußpflege funktionieren könnte. © Marcelo Hernandez

    Außerdem berichten ihm Kunden, dass Dermatologen und ästhetische Mediziner in Hamburg ganz regulär klassische Kosmetikbehandlungen auch während der Corona-Zwangspause der Kosmetiksalons anböten. „Das ist eine ungeheuerliche Wettbewerbsverzerrung.“ Für Verbraucher ist die Rechtslage auch nicht nachzuvollziehen. Kundin Renate Leuschner versteht nicht, wo das Problem ist: „Zwischen dem Gesicht der Fußpflegerin und meinem sind mindestens 1,5 Meter Abstand“, sagt sie.

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      Die Leistungen der Fußpflege sieht auch die Handwerkskammer als besonders wichtig an und fordert hier ein Umdenken von der Politik. So könnten sich etwa bei alten und pflegebedürftigen Menschen, die Unterstützung benötigen, gesundheitliche Probleme ergeben, wenn es an der Pflege mangele. Die medizinischen Podologen, die weiterhin arbeiten dürfen, seien derzeit überlastet, heißt es von Kunden.

      Kampf für die Wiedereröffnung

      „Diese Leistungen dürfen etwa in Schleswig-Holstein, aber auch in anderen Bundesländern wie Sachsen und Sachsen-Anhalt, wieder erbracht werden“, sagt Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer Hamburg. Dagegen gebe es in der Hansestadt bislang auch auf häufige Nachfragen beim Senat keinerlei Perspektive, kritisiert Stemmann. „Der Unmut der Branche tritt in der Corona-Hotline der Handwerkskammer schon jetzt massiv zutage – und es fehlt eine überzeugende Erklärung, warum sie in Hamburg in der Krise schlechter gestellt werden soll als in anderen Bundesländern.“

      Auch Roald Christoph von Adam & Eve äußert seinen Unmut: „Es ist unverständlich und ungerecht, dass Friseure öffnen dürfen, aber wir nicht“, bemängelt der Inhaber der Kosmetikstudio-Kette, die er gemeinsam mit seiner Ehefrau Filiz betreibt. Seit Wochen kämpft er für die Wiedereröffnung, ist im Gespräch mit der Politik. Adam & Eve betreibt aktuell neun Standorte in Hamburg und beschäftigt mehr als 100 Mitarbeiter – die nun weiterhin zu Hause bleiben müssen.

      Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

      • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
      • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
      • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
      • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
      • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden