Hamburg. HWWI-Chef Henning Vöpel und Ex-Bürgermeister Klaus von Dohnanyi fordern radikalen Strukturwandel der deutschen Wirtschaft.
Mit einem gemeinsamen Papier zur Corona-Krise melden sich nun Hamburgs früherer Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und der Direktor des Hamburger Wirtschaftsforschungsinstituts HWWI, Henning Vöpel, zu Wort. Auf 14 DIN-A4-Seiten schildern die beiden prominenten Hamburger in eindringlicher Form die aktuelle ökonomische und gesellschaftliche Lage und fordern weitreichende Maßnahmen, um die Krise dauerhaft zu überwinden.
Dabei ziehen sie zu Beginn ihrer Ausführungen Parallelen zur großen Depression in den 1930er-Jahren, als hohe Arbeitslosenzahlen, immense Vermögensverluste und soziales Elend weltweit zu Krisen und in Deutschland letztlich zum Aufstieg des Nationalsozialismus führten. Dohnanyi und Vöpel machen in dem Papier klar, dass sie eine große Depression wie im 20. Jahrhundert nicht zwingend erwarten, der Staat aber dringend Maßnahmen gegen eine ökonomische Abwärtsspirale ergreifen müsse, die über reine Konjunkturmaßnahmen hinausgehen: „Die Besonderheiten der Corona-Krise erfordern mehr als ein Konjunkturprogramm.“
Wirtschaft soll die Corona-Krise nutzen
Die beiden Autoren fordern, dass die deutsche Wirtschaft die Corona-Krise nutzt, um einen aus ihrer Sicht überfälligen Strukturwandel anzuschieben. Dabei sollten Umweltschutzmaßnahmen, der Kampf gegen den Klimawandel, die Förderung moderner Mobilitätsformen und die Forcierung der Digitalisierung im Zentrum des politischen und ökonomischen Handelns stehen. Gerade in diesen Bereichen sehen beide Chancen auf eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze, die nach der Krise auch dringend benötigt würden.
Denn ihre zunächst düstere Prognose lautet: „Die Einkommen sind bei einem großen Teil der Menschen geschrumpft, Ersparnisse wurden angegriffen. Ebenso brechen die Erwartungen der Unternehmen massiv ein. Das wird vermutlich auch in den nächsten Jahren anhalten. Eine hartnäckige Deflation könnte die Folge sein. Im Kampf um das unternehmerische Überleben werden wir folglich einen harten Kosten- und Preiswettbewerb erfahren, mit möglicherweise einer Vielzahl von Insolvenzen. Besonders kleinere und mittlere Unternehmen werden wiederum betroffen sein. Das aber heißt: Nur wenn es gelingt, auch die Nachfrage im Konsum wieder zu stärken, kann eine Überwindung der Coronafolgen gelingen.“ Und hierfür müssten eben neue Jobs in Zukunftsbranchen entstehen.
Stärkung des föderalen Gedankens in Europa
Die Autoren befürworten zudem als Lehre aus der Corona-Krise eine Stärkung des föderalen Gedankens in Europa. „Der bisherige, zentralistische Ansatz Brüsseler Europapolitik hat seine Grenzen erreicht“, heißt es in dem Papier. Und weiter: „Die Bedingungen eines Wiederaufbaus in Europa werden von Land zu Land, von Region zu Region sehr unterschiedlich sein müssen.“
Finanzielle, solidarische Hilfen müssten zwar weiterhin zwischen den Staaten geleistet werden, „aber die Verantwortung für den Wiederaufbau muss bei den einzelnen Mitgliedstaaten bleiben“. Man brauche vor allem mehr Spielraum in der Industriepolitik. Vöpel machte im Gespräch mit dem Abendblatt deutlich, dass er sich aber keine Stärkung des Nationalismus wünsche. „Im Gegenteil. Gerade nach der Corona-Krise muss der europäische Gedanke gestärkt werden.“
Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde
- Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
- Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
- Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
- Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
- Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden