Hamburg. Infolge der Coronakrise müssen sich viele Hamburger zurzeit finanziell einschränken. Experten geben wichtige Tipps.

Aufträge brechen ein, Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit nehmen zu: Die Corona-Pandemie bringt die Finanzen und langfristigen Pläne der Hamburger durcheinander. Bei vielen ist das Geld bereits knapp, auch wenn das Kurzarbeitergeld nach drei Monaten nach den neuesten Koalitionsbeschlüssen auf bis zu 87 Prozent erhöht wird. Wöchentlich werden beim Jobcenter Hamburg 1400 Neuanträge auf Hartz IV gestellt. Das sind so viele wie sonst in einem Monat. Rund 20 Prozent der Anträge kommen von Hamburgern, bei denen das Kurzarbeitergeld nicht mehr zum Leben reicht. Welche Hilfen kann ich noch in Anspruch nehmen? Wie lässt sich die Haushaltskasse entlasten? Wer kann Hartz IV beantragen? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was mache ich zuerst, wenn ich merke, dass das Geld nicht reicht?
Am Anfang sollte ein Kassensturz stehen. „Am besten nimmt man sich dafür die Kontoauszüge der letzten drei Monate vor“, sagt Kerstin Föller von der Verbraucherzentrale Hamburg. Die Einnahmen und Ausgaben werden getrennt erfasst. So wird schnell klar, wie groß oder klein der finanzielle Spielraum bei den regelmäßigen monatlichen Einnahmen noch ist. „Die Ausgaben sollte man sich dann genauer ansehen, um zu beurteilen, wo gespart werden kann“, rät Föller. Der zweite Blick gilt dann eventuellen Rücklagen aus Tagesgeldkonten. Im Idealfall liegen dort zwei oder drei Nettogehälter. Es macht aber keinen Sinn, jetzt Aktiensparpläne mit Verlusten aufzulösen.

Welche Erleichterungen gibt es bei regelmäßigen Zahlungsverpflichtungen?
Mieten und Kreditraten können für drei Monate gestundet werden, wenn man durch die Coronakrise seinen Zahlungsverpflichtungen vorübergehend nicht nachkommen kann. Ratsam ist aber, die Zahlungen nicht einfach einzustellen, sondern zuvor Kontakt zum Geldinstitut aufzunehmen und die Zahlungspause zu begründen. „Der Verbraucher muss nachweisen, dass andernfalls der angemessene Lebensunterhalt der Familie gefährdet wäre. Wer also noch finanzielle Rücklagen hat, muss diese erst aufbrauchen“, sagt Föller. Die ausgesetzten Raten müssen nach Ablauf der drei Monate nachgezahlt werden, jedoch nicht auf einen Schlag.

Föller: „Der Kreditvertrag verlängert sich entsprechend nach hinten. Es kommt also zu keiner Doppelbelastung. So kann man wertvolle Zeit gewinnen, um auf eine wirtschaftliche Besserung zu warten oder die Finanzierung in Ruhe auf neue Beine zu stellen.“ Wohngeld vom Staat kann unter Umständen auch für Eigentümer einer selbst genutzten Wohnimmobilie in Frage kommen. Denn nicht nur Mieter, sondern auch Eigentümer einer Immobilie haben Anspruch auf Wohngeld, den Lastenzuschuss. Den Zuschuss gibt es aber nur, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.


Welche Einsparungen sind im eigenen Haushalt möglich?
Ohne Einsparungen werden die Kosten im Haushalt eher steigen, weil durch Homeoffice, Schul- und Kitaschließungen mehr Personen zu Hause sind. Dadurch steigt der Verbrauch an Wasser, Strom und Heizenergie. Da die Heizsaison vorbei ist, ergeben sich die größten Einsparmöglichkeiten beim Strom. Ein Single mit einem Verbrauch von 1500 Kilowattstunden (kWh), der noch im Grundtarif bei Vattenfall ist, kann bei einem Wechsel zu einem günstigeren Anbieter von seiner bisherigen jährlichen Energierechnung über 615 Euro rund 150 Euro einsparen, ermittelte das Vergleichsportal Check24. Einsparungen sind auch möglich, indem man in einen anderen Tarif von Vattenfall wechselt.

Der Wasserverbrauch lässt sich aber mit einigen Tricks reduzieren. Ein Zwischenstück, ein sogenannter Durchflussbegrenzer, im Duschschlauch oder am Wasserhahn sorgt dafür, dass weniger Wasser fließt. Dafür müssen nur fünf Euro investiert werden. Die Waschmaschine sollte nur angeschaltet werden, wenn die Schmutzwäsche die Trommel auch gut ausfüllt. Auch beim Duschen lässt sich sparen, wenn man weiß, das pro Minute 12 bis 15 Liter aus der Brause fließen. Nach drei Minuten sind schon rund 40 Liter verbraucht. „Viele Maßnahmen bringen zwar nur kleine Beträge, aber auch die summieren sich“, sagt Föller.

Wo lässt sich noch sparen?
„Sich nicht zu Spontankäufen im Supermarkt verführen lassen, sondern nur das einkaufen, was auf der Einkaufsliste steht“, rät Föller. Auch bei Telekommunikationsleistungen sind Einsparungen möglich. „Mit einem Anbieterwechsel oder auch nur der Ankündigung der Kündigung lässt sich die Telefon- und Internetrechnung um bis zu 50 Prozent reduzieren“, sagt Föller. Auch die Mitgliedschaft im Fitnessstudio kann auf den Prüfstand, zumal die Studios noch geschlossen sind. „Fit kann man sich auch mit speziellen Apps halten“, sagt Föller.

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Kann ich bei Versicherungen sparen?
Das kommt darauf an, wie komfortabel man mit Versicherungen ausgestattet ist. „Es gibt eine Reihe von Policen, die existenzielle finanzielle Risiken absichern und die nicht leichtfertig gekündigt werden sollten“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Dazu gehören eine private Haftpflichtversicherung, die Berufsunfähigkeitspolice sowie eine Hausrat- und Wohngebäudeversicherung. „Bei der Autoversicherung kann ein Abwahl der Vollkaskoversicherung etwas Geld sparen“, sagt die Expertin. „Wenn das Auto schon zehn Jahre alt ist, braucht es keinen Vollkaskoschutz mehr, in vielen Fällen auch schon vorher.“

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    Denn die Versicherung ersetzt ohnehin nur den Zeitwert. Zu den Policen, auf die verzichtet werden kann, zählt die Verbraucherschützerin Geräteversicherungen, Glasversicherungen, Insassen-Unfallversicherungen, die Reisegepäck- und auch die Auslandsreisekrankenversicherung dürfte 2020 wohl nicht benötigt werden. „Eine Rechtsschutzversicherung zählt zu den eher unwichtigen Versicherungsverträgen, sie muss nicht unbedingt bestehen bleiben, insbesondere wenn die finanziellen Mittel begrenzt sind“, sagt Bianca Boss vom Bund der Versicherten in Hamburg. Man muss die Kündigungsfristen beachten.

    Was mache ich, wenn das Kurzarbeitergeld nicht zum Leben reicht?
    Bevor man Miete und Stromrechnung nicht bezahlt, ist es besser ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt beim Jobcenter zu beantragen. Dazu zwei Beispiele, die das Hamburger Jobcenter Team Arbeit für das Abendblatt berechnet hat. Ein Single erhält ein Kurzarbeitergeld von 900 Euro. Die Mietkosten (Kaltmiete, Betriebskosten und Heizkosten) betragen 700 Euro. Von den verbleibenden 200 Euro kann der Lebensunterhalt nicht mehr bestritten werden. Der Single hat in dieser Modellrechnung Anspruch auf ergänzende Leistungen vom Jobcenter in Höhe von 492 Euro. In einer Familie mit zwei minderjährigen Kindern hat die Mutter einen Mini-Job, der durch die Corona-Pandemie weggefallen ist, und der Vater bekommt ein Kurzarbeitergeld von 1200 Euro. Zudem erhält die Familie 408 Euro Kindergeld. Die Miete beträgt 1200,00 Euro. Auch hier kann der Lebensunterhalt nicht mehr vollständig gedeckt werden und es besteht Anspruch auf ergänzende Leistungen vom Jobcenter in Höhe von 1316 Euro.

    Coronavirus: Verhaltensregeln und Empfehlungen der Gesundheitsbehörde

    • Reduzieren Sie Kontakte auf ein notwendiges Minimum und halten Sie Abstand von mindestens 1,50 Metern zu anderen Personen
    • Achten Sie auf eine korrekte Hust- und Niesetikette (ins Taschentuch oder in die Armbeuge)
    • Waschen Sie sich regelmäßig die Hände gründlich mit Wasser und Seife
    • Vermeiden Sie das Berühren von Augen, Nase und Mund
    • Wenn Sie persönlichen Kontakt zu einer Person hatten, bei der das Coronavirus im Labor nachgewiesen wurde, sollten Sie sich unverzüglich und unabhängig von Symptomen an ihr zuständiges Gesundheitsamt wenden

    Welche Erleichterungen für die Antragstellung gibt es?
    Für alle Menschen, die ab dem 1. März 2020 bis Ende Mai 2020 Anträge stellen, ist das deutlich einfacher geworden. „Statt der Offenlegung von Ersparnissen ist jetzt lediglich eine Erklärung nötig, nicht über größere Vermögen zu verfügen“, sagt Jobcenter-Chef Dirk Heyden. Konkret bedeutet das, eine einzelne Person kann Ersparnisse bis 60.000 Euro haben und 30.000 Euro kommen für jede weitere Person im Haushalt hinzu. „Ausgaben für die eigene Wohnung werden in tatsächlicher Höhe anerkannt, unabhängig von der bisherigen Angemessenheit. Und zwar für sechs Monate“, sagt Heyden. Auf der Internetseite www.team-arbeit-hamburg.de können Antragsformulare heruntergeladen werden.