Hamburg. Globetrotter-Chef Andreas Bartmann verzeichnet derzeit starke Zuwächse im Onlinegeschäft, hat aber trotzdem hohe Umsatzverluste.
Eigentlich wollte Globetrotter-Chef Andreas Bartmann 2020 mit Freunden zu einer Abenteuertour in den afrikanischen Wüstenstaat Namibia aufbrechen. Es wäre die zehnte Reise der eingeschworenen Männertruppe gewesen. „Wir haben den Plan aber wegen der Coronapandemie aufgegeben“, sagt er.
Ob und wann der Trip nachgeholt werden kann, ist vollkommen offen. Wie ihm geht es im Moment fast allen Fernwehgeplagten. Nur dass im Falle des Geschäftsführers des Outdoor-Ausrüsters grenzenloses Reisen auch Grundlage seines Geschäftsmodells ist.
Coronakrise: Abenteuer mit ungewissem Ausgang
Seit der Gründung vor 41 Jahren haben die Ausrüstungsexperten aus Hamburg, die heute zum schwedischen Fenix-Konzern gehören, schon einige Krisen überstanden. Aber eine Situation wie diese ist auch für Globetrotter ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. „Manchmal wache ich morgens auf und denke, dass alles ein schlechter Traum ist“, sagt Bartmann.
Immerhin sind nach fünf Wochen Corona-Schließung fast alle der 16 Globetrotter-Standorte in Deutschland wieder geöffnet. Auch die beiden Hamburger Filialen an der Gerhofstraße und am Wiesendamm haben auf. In dem Laden in Barmbek mit 4000 Quadratmetern sind wegen der Flächenbegrenzungen allerdings nur Teilbereiche im Erdgeschoss und im ersten Stock zugänglich.
Flickenteppich der Verordnungen nicht nachvollziebar
Das Urteil des Hamburger Oberverwaltungsgerichts vom vergangenen Donnerstag, das die Beschränkungen bestätigt hat, während andere Bundesländer sie aufgehoben haben, kommentiert Bartmann so: „Da fehlen auch mir langsam die Worte. Dieser Flickenteppich ist kaum noch zu verstehen und nachzuvollziehen.“
In den letzten Tagen hätten die Kunden und der Einzelhandel bundesweit gezeigt wie diszipliniert und vernünftig die Sache gelaufen sei – von überfüllten Geschäften und Straßen könne nicht die Rede sein. „Angst ist halt immer ein schlechter Ratgeber für Entscheidungen. Wenn eine Entscheidung dann aber bitte einheitlich.“
Öffnungszeiten bundesweit auf 12 bis 18 Uhr eingeschränkt
Bei Globetrotter sind die Öffnungszeiten bundesweit auf 12 bis 18 Uhr eingeschränkt. „Immerhin können wir uns so auf kleinem Niveau ein gewisses Geschäftsfeld wieder erobern“, sagt Bartmann, der sich die Geschäftsleitung der Firma mit Ulf Gustafsson und Henrik Hoffmann teilt. „Aktuell machen wir 20 bis 30 Prozent des normalen Umsatzes.“ 80 Mitarbeiter wurden dafür bundesweit aus der Kurzarbeit zurückgeholt.
Kundenwünsche haben sich in der Coronakrise verändert
Auch die Kundenwünsche haben sich durch die Coronakrise verändert. „Am Anfang wurde besonders stark gefriergetrocknete Notnahrung nachgefragt, die wir für Abenteuerreisende anbieten“, sagt Bartmann. „Das hat uns völlig überrascht.“
Das Coronavirus in Deutschland und weltweit:
In nicht mal drei Wochen habe das Unternehmen davon so viel verkauft wie sonst in der ganzen Saison. Auch Mittel für Wasserentkeimung und Gas- und Benzinkocher seien deutlich mehr als sonst verkauft worden. „Offenbar haben sich viele Menschen darauf vorbereitet, im Notfall ein autarkes Leben führen zu können“, so der 60-Jährige. Diese Phase sei inzwischen vorbei.
Gerade auch hoch im Kurs: Autodachzelte
Aber der Bedarf der Kunden werde sich auch langfristig an ein durch die Pandemie verändertes Reiseverhalten anpassen: Aktuell würden alle Arten von Booten gekauft, aufblasbare SUP-Bretter samt Zubehör und alles rund ums Fahrrad. Moskitonetze, Kleidung mit UV-Schutz oder große Rucksäcke für Work&Travel-Trips laufen gerade nicht so gut. „Die Menschen suchen in dieser Zeit der Beschränkungen nach Möglichkeiten aus den eigenen vier Wänden raus in die Natur zu kommen und wollen sich eine kleine Mobilität im Umfeld schaffen.“
Gerade auch hoch im Kurs: Autodachzelte. „Das ist komfortabler als ein normales Campingzelt und man ist unabhängig von touristischen Übernachtungsangeboten.“ Schon jetzt habe die Zahl der Verkäufe das Niveau des gesamten Jahres 2019 erreicht.
Globetrotter steht wirtschaftlich massiv unter Druck
Trotzdem: Auch Globetrotter steht wirtschaftlich massiv unter Druck. „Unser Vorteil ist, dass wir in einen soliden Konzern eingebunden sind“, sagt Andreas Bartmann. Zu der schwedischen Fenix-Gruppe, die Globetrotter nach einer schweren Finanzkrise 2015 komplett übernommen und in die Einzelhandelsholding Frilufts Retail integriert hatte, gehören unter anderem die Marken Fjällräven und Hanwag sowie die Handelsketten Naturkompanient (Schweden) und Partioaitta (Finnland).
Zuversichtlich stimme ihn das wachsende Online-Geschäft, so der Globetrotter-Chef. „Wir haben hohe zweistellige Zuwachsraten.“ Die Verluste der vergangenen Wochen kann das in dem Unternehmen mit 1000 Mitarbeitern, das 75 Prozent seines Geschäfts im stationären Handel erwirtschaftet, aber nicht ausgleichen.
Wie sich die Ladenschließungen mittel- und langfristig auswirken, sei noch nicht absehbar. „Ich bezweifele aber, dass wir an unseren Standorten wieder auf 100 Prozent des Umsatzniveaus kommen werden“, sagt Bartmann. Er rechne mit Verlagerungen, weil auch weniger online-affine Kunden die Vorteile des Einkaufs im Netz kennengelernt hätten.
Globetrotter hat 2019 fünf neue City-Filialen eröffnet
Zu konkreten Zahlen äußert er sich nicht. Allerdings hatte Globetrotter laut Veröffentlichung im Bundesanzeiger nach einem positiven Ergebnis 2017 das Geschäftsjahr 2018 erneut mit einem negativen Jahresergebnis in Höhe von mehr als zwei Millionen Euro bei einem Umsatz von knapp 187 Millionen Euro abgeschlossen.
Zahlen für 2019 liegen noch nicht vor. Globetrotter befinde sich nach wie vor in einer expansiven und sehr investiven Phase, so Bartmann. Unter anderem hat der Ausrüster ein neues Logistikzentrum in Mecklenburg gebaut, die IT umgestellt und allein im vergangenen Jahr fünf neue City-Filialen in Hannover, Leipzig, Nürnberg, Regensburg und Karlsruhe eröffnet.
Welche Folgen hat die Krise für die Branche?
Offen ist auch, welche Folgen die Krise für die Branche hat. Bereits vor einigen Wochen hatte die Outdoor-Kette McTrek, die in Hamburg-Bergdorf eine Filiale betreibt, Insolvenz angemeldet. „Es werden noch einige folgen“, sagt Andreas Bartmann.
Könnten auch Globetrotter-Filialen von Schließungen betroffen sein? Noch sei es zu früh für konkrete Aussagen. Aber, so der erfahrene Händler und Präsident des Handelsverbands Nord, „einige Standorte werden nicht auf das notwendige Umsatzniveau kommen können.“ Besonders in den teuren Innenstadtlagen sieht er zähe Verhandlungen mit den Vermietern voraus. Im Moment seien die Verluste noch durch staatliche Hilfen komfortabel abgepuffert, aber das werde sich ändern. „Die zweite Welle wird brutal.“