Hamburg. Bäckermeister Sören Korte sparte 15 Jahre für den Start in die Selbstständigkeit. Heute eröffnet er in Eimsbüttel – ohne geplante Party.

Die mit Kreide beschrifteten Täfelchen liegen bereits auf dem Tresen. Das „Derbe Dinkel“ kostet 7 Euro, das „Voll auf die Nuss“ 6,50 Euro. Nur das Brot fehlt noch. Denn erst am heutigen Mittwoch wird Sören Korte (34) um 14 Uhr seine „Brotmanufaktur“ in Eimsbüttel eröffnen.

Eigentlich sollte eine befreundete Band zum Sprung in die Selbstständigkeit aufspielen. Doch statt eine Party zu feiern, muss Korte nun auf Abstands­regeln pochen. Maximal zwei Kunden dürfen in Coronazeiten in seinen kleinen Laden an der Weidenallee 61.

Virus macht auch seiner Geschäftsidee zu schaffen

„Das hatte ich mir ganz anders vorgestellt“, sagt Korte, der seit 15 Jahren jeden Cent für diesen Start gespart hat. Knapp 100.000 Euro hat er in den Laden und vor allem in seine Backstube investiert. Die steht bei „Bread“, der Bäckerei des Schweizers Christian Aeby, der sein prämiertes Brot auf Marktplätzen und in einem winzigen Laden am Eppendorfer Weg verkauft. Korte bleibt bei Aeby als Backstubenleiter angestellt.

Gut so. Denn dieser Job gibt etwas Sicherheit in schwierigen Zeiten. Zwar ist Korte mit seiner Bäckerei nicht von den Corona-Schließungen im Einzelhandel betroffen. Aber das Virus macht auch seiner Geschäftsidee zu schaffen: „Die Leute müssen ja erst mal wissen, dass es mich überhaupt gibt“, sagt Korte. Er hat kein Geld für teure Werbung „Ich bin zunächst auf Laufkundschaft angewiesen.“

Ungewöhnliche Aktion

Ein kurzer Bummel durch die Weidenallee zeigt Kortes Dilemma. Die meisten Geschäfte sind geschlossen, die Restaurants sowieso, manche haben auf Lieferdienst umgestellt. Wenige Passanten eilen über die Bürgersteige, die Busse sind fast leer. Zufällig wird die „Brotmanufaktur“ kaum entdeckt werden.

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Auch deshalb entschloss sich Korte am vergangenen Sonnabend zu einer ungewöhnlichen Aktion. Über die sozialen Netzwerke kündigte er an, dass er 200 Nussbrote verschenken wird. Entsprechend lang war die Schlange, binnen 20 Minuten waren alle Brote weg. Aber ab heute braucht er zahlungskräftige Kunden, die bereit sind, für gute und aufwändig produzierte Ware mehr zu zahlen als im Supermarkt.

Minimalistisches Konzept

Ähnlich wie „Bread“ setzt Korte auf ein minimalistisches Konzept. Es gibt weder Brötchen noch Kuchen, sondern nur Brot. Sechs Sorten, mehr nicht. Der Meister verzichtet auf eine Schneidemaschine: „Mein Brot kommt direkt aus der Backstube, das ist noch so frisch, das kann man nicht sofort schneiden.“ Seinen Laden öffnet Korte nur von 14 bis 18 Uhr, montags und sonntags ist geschlossen: „Ich setze auf Kunden, die sich für das Abendessen versorgen möchten.“

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Hjalmar Stemmann, Präsident der Handwerkskammer, drückt die Daumen: „Für die Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Krise braucht unsere Stadt mehr denn je starke Handwerksbetriebe mit innovativen Ideen. Sobald die Aufträge wieder aktuell werden, die zurzeit wegen der Pandemie auf Eis liegen, wird es in kurzer Zeit erhebliche Nachfrage nach handwerklichen Leistungen geben.“ Deshalb könne jeder, der „jetzt gründet, trotz Coronakrise einen guten Start hinlegen“. Stemmann verspricht, dass die Handwerkskammer auch in der Krise jeden Gründer beraten wird.

Spontane Nachbarschaftshilfe

Korte freut dies wie die spontane Nachbarschaftshilfe der Einzelhändler in seinem Viertel. Den Kreidestift für das Beschriften seiner Schilder spendierte ihm der benachbarte Schreibwarenladen, auch eine Kooperation mit einem Restaurant in der Nähe ist denkbar.

Mit dem erhofften Kartenlesegerät für bargeldloses Bezahlen konnte ihm indes noch niemand dienen, diese sind in Coronazeiten zu begehrt. Doch Korte hat mit zwei getrennten Handschuh-Arten für virenfreie Bargeldzahlungen vorgesorgt: Fingerhandschuhe dienen für die Annahme von Scheinen und Münzen, die großen Fäustlinge für die Ausgabe der Brote.

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