Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Services. Heute: Ausflüge zu Hamburgs Restaurants und Bars.

Etwas fröstelnd stehen die Teilnehmer der Taste Tour auf der Schanze vor dem roten Bus, mit dem sie an diesem Abend zu einer Rundreise durch die Szene-Lokale der Stadt aufbrechen werden. Guide Bastian Fischer öffnet die Heckklappe. Überraschung: Lokales Bier, Apfelschorlen aus dem Alten Land, Wein und Gemüselimonade aus Hamburg laden zu einem ersten Probieren ein. Und schon sind alle am Fachsimpeln: Schmeckt die Brause wirklich nach Gurke, ist Craftbier leckerer als Indus­trie-Pils? Der erste Stopp auf St. Pauli bringt die Gruppe direkt in eine Hipster-Gegend: In der Paul-Roosen-Straße eröffnet an diesem Abend das Restaurant XO, ein Ableger der In-Lokale in der Nachbarschaft.

Drinnen legt ein DJ auf, Austern liegen zum Probieren bereit, die Leute nehmen sich duftendes Brot und Kaviarbutter, dazu schenkt der Gastgeber jedem ein Glas Wein ein und erklärt die Idee des Lokals. Die Geschichten hinter den Restaurants, hinter den Gründern, Köchen oder Weinkennern zu erfahren, das zählt zu den Versprechen der Taste Tours, hier wollen sich die Gründer abheben von der Konkurrenz.

Suche nach den besten Ausgehtipps

Im Jahr 2018 gingen die kulinarischen Reisen von Taste Tours an den Start, ins Leben gerufen von den Startups „Geheimtipp Hamburg“ und Foodguide. Dahinter steht die Idee, in einer Stadt die besten Ausgehtipps zu finden. Malte Steiert (27) ist nicht nur Geschäftsführer von Foodguide, sondern auch Gründer von Taste Tours. Aus einem Pool von mittlerweile 40 Restaurants, Bars und Cafés setzt sich die Tour jeden Abend neu zusammen, in Hamburg, aber auch in Köln und München.

Natürlich geht auch die Corona-Epidemie nicht spurlos an den Touren vorbei. Derzeit sind nach Angaben des Unternehmens alle Termin bis Anfang April abgesagt. Für spätere Termine kann zwar weiter gebucht werden – aber nur unter Vorbehalt.

Wo der Bus Halt macht, bleibt eine Überraschung

Wo der Bus Halt macht, bleibt stets eine Überraschung. Nur Mit dabei sind Szene-Restaurants wie Henssler at Home und das Dim Sum Haus, aber auch Newcomer wie UeberQuell und Momo Ramen. Auch die Hamburger Barszene vertreten, mit Namen wie Chambre Basse, der Donner Bar oder dem Weinladen.

Die Gründer sprechen von einer „Premium-Foodtour“. „Das Macaibo liegt in der Holstenstraße und damit in einer Gegend, wo man nicht zwangsläufig gute Lokale erwartet“, sagt Mitgründer Patrick Kosmala über einen seiner Geheimtipps. Doch das venezolanische Restaurant sei für eine besondere kulinarische Überraschung gut – und Kosmala muss es wissen. Denn der 33-Jährige hat nicht nur eine peruanische Mutter und kennt sich daher bestens mit der südamerikanischen Küche aus, er hat auch die lateinamerikanische Streetfood-Bar Salt & Silver auf St. Pauli eröffnet.

Zehn Mitarbeiter in Hamburg

Inzwischen beschäftigt Taste Tours in Hamburg zehn Mitarbeiter, organisiert 40 Touren im Monat und hat 2019 bundesweit 5000 Gäste gehabt. Die Firma agiert in einem wachsenden Markt: So bietet etwa das als Vermittler von Ferienübernachtungen gestartete Internetportal Airbnb auch Kneipentouren in Städten an. Der Anbieter Adventure World Tours ist auf Stadtführungen spezialisiert und agiert ebenfalls in Hamburg: Er hat etwa die Tour „Elbphilharmonie und HafenCity kulinarisch – Die Foodtour“ im Programm. Bei der dreistündigen Führung durch die HafenCity bekommen die Teilnehmer fünf Spezialitäten zum Probieren.

Die Busse von Taste Tours bieten Platz für sieben Leute.
Die Busse von Taste Tours bieten Platz für sieben Leute. © Taste Tour

Kostenpunkt: ab 39 Euro. Ebenfalls auf Genuss-Abenteurer zielt Eat-The-World ab. Dieser Anbieter führt Interessenten für 39 Euro etwa durch das Grindelviertel, das als jüdisches Viertel entsprechende Speisen offeriert. Beim „Pub Crawl“ besuchen die Teilnehmer für zwölf Eur0 abends Bars in der Gegend an der Reeperbahn, wo sie jeweils einen Drink gratis bekommen. Infos zu diesen Rundgängen finden Interessierte unter neweuropetours.eu.

Probier-Reise statt Party-Ausflug

Bewusst haben sich die Gründer von Taste Tours entschieden, keinen Party-Ausflug mit reichlich Alkohol anzubieten, sondern eine Probier-Reise. „Unsere Zielgruppe sind Menschen, die mit beiden Beinen im Berufsleben stehen, meist älter als 30 Jahre“, beschreibt Malte Steiert die Teilnehmer. An dem Abend, der mit dem Besuch bei den Hipstern auf St. Pauli beginnt, fahren zwei Ehepaare mit, die die Vierzig schon überschritten haben. Sie unternehmen häufig etwas zusammen, gehen gemeinsam in Konzerte, haben auch schon bei „Eat-The-World“ mitgemacht und sind neugierig auf gute Restaurants. Die Freunde kommen aus der Nähe von Elmshorn und aus Iserbrook, sie werden die Lokale auch noch einmal privat besuchen.

Auf diese Kunden zielen die Taste Tours ab. Weniger auf Touristen als auf Einheimische, die sich Anregungen holen wollen fürs Ausgehen. „Viele Gäste werden zu Stammkunden“, sagt Steiert über die Motivation für die Restaurants, sich bei Taste Tours auch mit einem finanziellen Entgegenkommen gegenüber den Veranstaltern zu beteiligen. Die Idee geht auf: Am Ende des Abends, der mit einem Gin Tonic in der Bar Drilling endet, sind sich die Gäste einig: „Das würden wir wieder machen!“

Ein Abend mit vielen Überraschungen

  • Planung: Der Veranstalter bietet unter Hamburg.tastetours.de eine übersichtliche Website mit allen Infos: Der Kunde erfährt hier schnell, dass sieben Gäste mitfahren können, dass vier Locations angesteuert werden und die Tour für 99 Euro vier Stunden dauert. Für Fragen ist auch eine Telefonnummer angegeben, unter der Kunden zunächst einen Anrufbeantworter erreichen, dann aber einen Rückruf bekommen. Wer online bucht, sieht in einem Kalender verfügbare Termine. Zudem ist ein Feld für Unverträglichkeiten vorgesehen.
  • Buchung: Die Geschäftsbedingungen sehen vor, dass der Veranstalter Aufträge bei einer Teilnehmerzahl von unter sechs Personen stornieren kann. Alle bereits gebuchten Gäste werden dann informiert. Eine Absage der Kunden ist bis 14 Tage vor der Veranstaltung kostenfrei. 13 bis 4 Tage vor der Tour fällt eine Gebühr von 50 Prozent des Auftragswertes an; ab drei Tagen vorher muss der volle Betrag gezahlt werden.
  • Ablauf: Der Bus ist für die Touren so gestaltet, dass sich die Teilnehmer wie in einem Zugabteil gegenübersitzen. Das ist zwar eng, aber man kommt schnell ins Gespräch. Der sympathische Guide reicht Getränke, das Probieren beginnt schon bei der Fahrt und lockert die Stimmung. Zeiten werden eingehalten, ein Parkplatz für die Gäste am Startpunkt ist vorhanden.
  • Besuchte Lokale: Der Grieche Parea mit mediterranen Tapas in Eimsbüttel, ein Fischlokal mit kreativen Meerestiergerichten an der Feldstraße (Underdocks), das Restaurants XO mit Büfett und Party-Atmosphäre. Am Ende das Drilling (Bahrenfeld) mit seiner Brennerei. Die Mischung stimmt, das Versprechen von Geheimtipps wird eingehalten.
  • Preis: Die 99 Euro liegen am oberen Ende für Genusstouren. Aber die Leistung stimmt: Lecker und ausreichend sind die Probierportionen. Am Ende ist man satt und glücklich. Wermutstropfen: Die Getränke zum Essen waren knapp bemessen.
  • Fazit: Derzeit ist zwar unklar, ab wann wieder welche stattfinden – und eine Mitfahrt ist jetzt auch nicht zu empfehlen. Aber: Eine Taste Tour ist ein nicht ganz günstiges, aber lohnendes Vergnügen. Das Abendblatt-Urteil: vier Sterne.