Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. Wir erzählen die Geschichte dahinter. Heute: Saftschorlen von Gu&Wa.
Auf dem Weg zu einem Konzert der kanadischen Indie-Rock-Bank The Weakerthans trinkt der Neuhamburger Marco Borth eine Rhabarbersaftschorle – und ist begeistert. „Das ist ja megaerfrischend. Erfrischender ist wohl nur noch Gurke“, denkt Borth. Am nächsten Tag presst er eine Gurke aus, tut etwas Minze hinzu und ist vom Geschmack überzeugt. Es ist die Geburtsstunde seiner Geschäftsidee. Oder besser die Geburtssekunde. Denn viel länger braucht er dafür nicht.
Der Gurkenmoment ist mittlerweile acht Jahre her. Heute hat der 44-Jährige vier verschiedene Sorten in Bioqualität auf den Markt gebracht. Unter der Marke Gutes & Wasser (Gu&Wa) gibt es Schorlen mit Gurke-Minze, Paprika-Zitronenmelisse, Wassermelone-Basilikum und Honigmelone-Rosmarin. Der Weg zum eigenen Getränkelabel war ein langer.
Denn zunächst steht 2012 der berufliche Re-Start auf dem Programm. Mehrere Jahre lang hatte der studierte Germanist zuvor an den Unis in Mannheim und Virginia als Dozent für Deutsch und Medienwissenschaften gearbeitet. Nun will er in einer Werbeagentur in Hamburg als Texter und Konzepter seine Karriere fortsetzen. „Irgendwann habe ich mit meinen Chefs über die Gurkenschorle gesprochen. Und die fanden das eine gute Idee“, sagt Borth.
Saft von gelben Paprika schmeckt besser als von roten
Ermuntert von seinen Vorgesetzten, sucht er einen Gurkensaftproduzenten. Er findet ihn im schwäbischen Mindelheim. Ein Getränkeentwickler kreiert acht Mischungen. „Gurke ist ein diffiziles Produkt“, sagt Borth. Er lernt etwa, dass das Getränk einen bestimmten pH-Wert braucht, damit es beim Pasteurisieren haltbar bleibt und seinen Sprudelcharakter behält. Anfang 2016 steht das finale Rezept. Allerdings sind Biogurken zu der Zeit sehr teuer. Also wird mit der ersten Produktion von 6000 Flaschen bis September gewartet. Für ein Erfrischungsdrink kein idealer Zeitpunkt. Es sollte besser im Sommer auf den Markt kommen, weiß Borth heute.
Zuerst setzte er auf den Vertrieb in der Gastronomie. Bei den Wirten sei der Drink gut angekommen, aber er hörte immer wieder, dass die Getränkekarte voll sei. Daher fokussiert sich Borth auf den Einzelhandel. Die erste Verkostung startet er bei Edeka Clausen am Wiesendamm. Die Kunden greifen zu. „Dann geht es los: Von einem Edeka zum nächsten.“ Seitdem baut er jeden Sonnabend von Februar bis November seinen Stand in einem anderen Markt auf. Im Jahr 2017 gibt es seine Gurken-Minze-Schorle in etwa 15 Märkten in der Region. „In Hamburg ist man sehr offen für neue Dinge“, sagt der Jungunternehmer. Es müsse halt schmecken und „schnell drehen“, wie es in der Branche heißt – also muss die Ware gut nachgefragt werden.
Interessierte Gesichter bei den Händlern
Parallel arbeitet Borth in seiner Freizeit an der Entwicklung einer weiteren Sorte: „Wenn man Gemüseschorlen macht, muss Paprika dabei sein.“ Er versucht es erst mit rotem Paprika. Doch der Saft verliere schnell die Farbe und schmecke gepresst langweilig, stellt er fest. Bei der gelben Variante des Fruchtgemüse harmoniert es besser. Auf Zucker verzichtet er übrigens, stattdessen kommt Agavendicksaft in seine Schorlen. „Man braucht etwas Süßes als Geschmacksträger“, sagt Borth. Zu süß sollte es aber nicht sein. Bei 70 Prozent seiner Freunde – den ersten Testern – sei der Paprika-Drink gut angekommen.
Anfang 2018 fährt Borth mit seiner neuen Kreation zu einer Edeka-Messe und stößt bei Händlern erstmals auch deutschlandweit auf interessierte Gesichter. „Meines Wissens nach ist es die einzige Paprika-Schorle. Sie kam gut an, weil sie etwas Neues war“, sagt Borth. Es hagelt Bestellungen. Plötzlich sind seine Produkte in 100 Märkten vertreten.
Auch zum Mixen mit Alkohol geeignet
Heute sind es sogar 200 Geschäfte, zu Edeka-Händlern gesellten sich Rewe-Filialen und Bioläden. Seit Kurzem sind zwei neue Sorten erhältlich. Im Juni ließ er Wassermelone-Basilikum abfüllen, im Dezember folgte Honigmelone-Rosmarin. Die Zielgruppe bezeichnet Borth als sportlich, weiblich und zwischen 20 und 40 Jahren alt. Auch zum Mixen mit Alkohol sei das Getränk übrigens geeignet – deswegen wäre ein neuer Vorstoß in der Gastronomie denkbar. Um die 100.000 Flaschen wurden bisher verkauft.
„2020 muss etwas passieren“, sagt Borth und hofft auf eine Verdoppelung des Absatzes. Als einzige Einkommensquelle reicht das noch nicht. Die Firma schreibe eine rote oder schwarze Null – wie man wolle. Drei Tage arbeitet er weiter in der Werbeagentur, der Rest der Zeit gehört Gu&Wa. Eine anstrengende Zeit, aber Borth sagt: „Es macht Megaspaß!“
Spritzig, schmeckt gut, ideal für warme Sommerabende
- Produkt: Gutes & Wasser gibt es in vier Geschmacksrichtungen: Gurke-Minze, Paprika-Zitronenmelisse, Wassermelone-Basilikum und Honigmelone-Rosmarin. Die Gurken sollen aus Deutschland stammen, die anderen Hauptzutaten aus dem Ausland. Es soll sich stets um Bioware handeln, das Getränk ist biozertifiziert. Auf den Einsatz von Farb- und Konservierungsstoffen wird laut Hersteller verzichtet. Die Produkte sind vegan, laktose- und glutenfrei und enthalten geringe Mengen von Fett, gesättigten Fettsäuren, Eiweiß und Salz.
- Inhaltsstoffe/Kalorien: In allen Sorten ist Wasser der Hauptbestandteil, dann folgt der jeweilige Saft. Er reicht von 11,8 Prozent (Paprika) über 14,4 Prozent (Gurke) auf mindestens 21 Prozent bei Wasser- und 22 Prozent bei Honigmelone. Zudem sind stets Kohlensäure, Agavendicksaft und Zitronensaftkonzentrat beigemischt. Je nach Variante kommen natürliche Aromen mit Minz- oder Zitronenmelisse-Geschmack hinzu. Der Nährwertgehalt pro 100 Milliliter wird zwischen 13 (Gurke) und 20 (Wassermelone) Kilokalorien angegeben.
- Preis/Verfügbarkeit: Für Gurke und Paprika liegt die unverbindliche Preisempfehlung bei 1,59 Euro für die 330 Milliliter fassende Glasmehrwegflasche. Für die Melonensorten werden 1,79 Euro vorgeschlagen. Begründung: Die Rohstoffe seien teurer, der Fruchtanteil höher. Für Bionade werden im Internet zwischen 79 Cent und 1,69 Euro pro 330 Milliliter aufgerufen, für Lemonaid zwischen 1,49 Euro und 2 Euro.
- Geschmack: Gu&Wa empfiehlt die Flasche vorher leicht zu schütteln und eiskalt zu servieren. Paprika zum Trinken? Das stieß auf erstaunte Gesichter. Mitunter auch die Farbe, weil viele Paprika mit der Farbe Rot verbinden. Nach dem Öffnen der Flasche nimmt man einen deutlichen Paprikageruch wahr. Die Kommentare beim Probieren: „Schmeckt gut.“ „Recht zitronig.“ „Spritzig.“ „Hinten schmeckt man die Paprika.“ „Dafür dass so wenig Zucker drin ist, schmeckt es intensiv.“ „Ideal für einen warmen Sommerabend.“
- Fazit: Die Paprika-Schorle überrascht positiv, ist mit 17 Kilokalorien pro 100 Milliliter auch für Kalorienbewusste mal drin – der Preis hält sich im Rahmen. Das Abendblatt-Urteil lautet daher vier von fünf Sternen.
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