Berlin. In der Baubranche wird immer mehr Schwarzarbeit aufgedeckt. Die Baugewerkschaft ist alarmiert – und will das Strafmaß verschärfen.

  • Durch Schwarzarbeit gehen dem Fiskus jedes Jahr Millionen Steuern durch die Lappen – dabei im Fokus: die Baubranche
  • Exklusive Zahlen, die unserer Redaktion vorliegen, beweisen: 2019 gab es deutlich mehr Anzeigen wegen Schwarzarbeit in der Baubranche – ein Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zu 2018
  • Dabei sind die Strafen härter geworden: So stieg die Gesamtzahl der verhängten Freiheitsstrafen deutlich an

Gefälschte Rechnungen, falsch abgerechnete Arbeitszeiträume und Mitarbeiter aus dem europäischen Ausland, die nicht nach den geltenden Löhnen bezahlt werden: Die Baubranche ist berüchtigt für Methoden der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigen.

Und das nicht zu Unrecht, wie Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium zeigen, die unserer Redaktion exklusiv vorliegen. Wie aus einer Auswertung des Ministeriums von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hervorgeht, stieg die Anzahl der Strafverfahren wegen Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung 2019 auf 10.654 Fälle an – ein Plus von 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Schwarzarbeit: Kriminelle müssen für mehr als 508 Jahre ins Gefängnis

Allerdings müssen Kriminelle auf dem Bau mit drastischen Maßnahmen rechnen, wenn sie erwischt werden. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 508,5 Jahre an Freiheitsstrafen verhängt. 2018 mussten Kriminelle auf dem Bau zusammengerechnet noch 80 Jahre weniger ins Gefängnis.

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    Dabei war die Summe des entstandenen Schadens aufgrund hinterzogener Steuern und nicht gezahlter Sozialabgaben sogar mit 4,7 Prozent rückläufig. Um 364 Millionen Euro brachten Kriminelle den Staat – so weit er darum weiß. Denn die Dunkelziffer dürfte höher liegen. 2019 fanden 13.855 Arbeitgeberkontrollen statt – damit muss ein Bauunternehmen in Deutschland im im Schnitt alle fünf Jahre mit einer Kontrolle rechnen.

    Einen leichten Anstieg gab es bei den Ordnungswidrigkeiten wie etwa nicht gezahlte Mindestlöhne. 6522 Verfahren wurden geführt, 3,9 Prozent mehr als 2018. Durch die Ordnungswidrigkeiten entstand ein Schaden von 19,96 Millionen, die Firmen wurden mit Bußgeldern von 15,52 Millionen Euro belegt.

    Arbeitnehmer müssten sich enthaltenen Lohn einklagen

    Das reicht aber noch nicht, findet Robert Feiger, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU): „Das Sanktionsmaß müsste deutlich geschärft werden.“ Verstöße gegen den Mindestlohn etwa sollten nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat behandelt werden. „Wenn ich bewusst gegen gesetzliche Regelungen verstoße und den Lohn, von dem andere ihre Familien ernähren müssen, nicht bezahle, dann ist das für mich eine Straftat“, sagte Feiger.

    Robert Feiger, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), fordert eine Verschärfung des Strafmaßes.
    Robert Feiger, Vorsitzender der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), fordert eine Verschärfung des Strafmaßes. © FUNKE FotoServices | Maurizio Gambarini

    Zudem müssten Unternehmen, die gegen die Mindestlohn-Regelungen verstoßen oder Sozialversicherungsbeiträge oder Steuern hinterziehen, von der öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen werden, forderte der IG-BAU-Chef.

    Bei Verstößen gegen die Mindestlohn-Regelungen sollen laut Feiger die Arbeitgeber zudem verpflichtet werden, den enthaltenen Lohn an die Arbeitnehmer zurückzuzahlen. Bisher müssen Arbeitnehmer sich diesen einklagen – eine „perfide Situation“, findet Feiger: „Das ist, als ob ich nach einem Wohnungseinbruch den gefassten Einbrecher verklagen müsste, dass er mir mein Eigentum zurückgibt.“

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    Kontrollen zur Schwarzarbeit werden von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) ausgeführt, die Teil des Zolls ist. Der Zoll wiederum ist eine Behörde des Bundesfinanzministeriums. Finanzminister Olaf Scholz will die Schlagkräftigkeit der Behörde erhöhen – bis 2026 sollen 10.000 Finanzkontrolleure eingesetzt werden. Allerdings stellt sich damit auch die Frage, ob der Zoll somit zu einem Behördenriesen oder gar zu einer „Neben-Polizei“ werden wird. Schwarzarbeit ist in vielen Bereichen ein Problem – etwa auch bei Haushaltshilfen. Ein Viertel aller Haushaltshilfen arbeitet schwarz. Insgesamt kostet Korruption die deutsche Wirtschaft 400 Milliarden Euro – auch in Deutschland grassiert eine Schattenwirtschaft.