Leverkusen. Die Übernahme des Saatgutkonzerns Monsanto belastet den deutschen Traditionskonzern. Dennoch erzielt er 2019 einen Milliardengewinn.

Die Klagewelle gegen Bayer ebbt nicht ab. In den vergangenen fünf Monaten ist die Zahl der in den USA eingereichten Klagen wegen angeblicher Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter um 5900 auf 48.600 gestiegen.

Und mit weiteren Klagen sei zu rechnen, berichtete der Pharma- und Pflanzenschutzkonzern in seinem Geschäftsbericht für 2019, der am Donnerstag vorgelegt wurde. Ungewiss ist dagegen noch, wie stark die Coronavirus-Krise das Unternehmen belasten wird.

Der Kauf des US-Saatgutherstellers Monsanto, der den Unkrautvernichter Glyphosat herstellt, drückt bereits seit geraumer Zeit den Aktienwert des Leverkusener Dax-Konzerns. Auch gestern gab der Kurs nach. In den ersten drei Glyphosat-Prozessen in den USA wurde das Unternehmen zu hohen Schadenersatzzahlungen verurteilt. Doch der Konzern hat Berufung gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen eingelegt.

Nächste Klagewelle droht wegen Dicamba

Bayer-Vorstandschef Werner Baumann will das Verfahren „notfalls durch alle Instanzen“ treiben. Schließlich habe die amerikanische Umweltschutzbehörde erst im Januar bestätigt, dass von Glyphosat „keinerlei Gesundheitsrisiken für den Menschen“ ausgingen, sagte Baumann. Als wahrscheinlicher gilt aber, dass die Verfahren in einem milliardenschweren Vergleich beigelegt werden.

Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG.
Werner Baumann, Vorstandsvorsitzender der Bayer AG. © dpa | Oliver Berg

Hinter den Kulissen laufen dazu bereits Gespräche unter Führung des Mediators und Staranwalts Ken Feinberg. Alle weiteren Verfahren wurden vertagt, um den Streitparteien Zeit für Verhandlungen zu verschaffen. Bayer suche eine „abschließende Lösung für den ganzen Haftungskomplex“, sagte Baumann. Unter Zeitdruck sehe sich Bayer dabei nicht.

Allerdings droht bereits die nächste Klagewelle in den USA, wieder wegen eines Unkrautvernichters von Monsanto: Eine Geschworenen-Jury im US-Bundesstaat Missouri hat Bayer und BASF zu einer Gesamtstrafe von 265 Millionen US-Dollar verurteilt. Beide vertreiben Produkte, die auf dem Unkrautmittel Dicamba basieren. Ihren Einsatz auf benachbarten Feldern macht ein Pfirsichbauer für seine Ernteausfälle verantwortlich.

Bayer erwartet drei bis vier Prozent Umsatzwachstum

Neben diesem gibt es noch mehr als 100 weitere Klagen, heißt es. Auch dieses Urteil wird Bayer anfechten, betonte Baumann: Es seien „keine qualifizierten Beweise“ vorgelegt worden, dass Dicamba für die Ernteverluste verantwortlich sei.

Für 2019 konnte Vorstandschef Baumann insgesamt aber eine ordentliche Bilanz vorlegen. Bayer steigerte seinen bereinigten Umsatz um 3,5 Prozent auf rund 43,5 Milliarden Euro und seinen operativen Gewinn (Ebitda) um 28 Prozent auf 11,5 Milliarden Euro. Unterm Strich blieben 4,1 Milliarden Euro übrig, der Gewinnsprung geht zu großen Teilen auf den Verkauf des Chemiepark-Dienstleisters Currenta zurück, der netto 1,6 Milliarden Euro brachte. „Wir haben geliefert“, betonte Baumann mehrfach.

Auch der angekündigte Verkauf der Tiermedizinsparte Animal Health für 7,6 Milliarden Euro an den US-Konzern Elanco sei auf dem Weg. Für das laufende Geschäftsjahr erwartet Bayer drei bis vier Prozent Umsatzwachstum, der operative Gewinn soll um sieben bis neun Prozent steigen.

Wie stark der Coronavirus das Unternehmen belasten wird, ist noch ungewiss. Erst am Mittwoch sorgte ein Verdachtsfall unter Bayer-Beschäftigten in Leverkusen für Aufregung. Doch der Verdacht bestätigte sich nicht. Bislang sei seines Wissens nach konzernweit nur ein einziger Mitarbeiter in China durch das Coronavirus erkrankt, sagte Baumann. Natürlich habe der Ausbruch der Krankheit in China Auswirkungen auf die Produktion gehabt. Baumann räumte ein, von Vorprodukten auch aus China abhängig zu sein. Ab wann das zu einem Problem werden könne, lasse sich aber nicht abschätzen.

Image hat durch Glyphosat-Klagen gelitten

Dass Bayer mit eigenen Präparaten Entscheidendes zum Kampf gegen das Coronavirus beitragen und damit sogar profitieren könnte, sei derzeit nicht zu erwarten. Stefan Oelrich, Chef der Arzneimittelsparte, bestätigte aber, dass ein altes Bayer-Präparat gegen Malaria sich in einer chinesischen Klinikstudie als wirksam bei der Behandlung von Corona-Patienten erwiesen habe. Das sei aber „noch mit Vorsicht zu genießen“.

Bayer selbst suche derzeit nach Zufallstreffern, ob vorhandene Mittel, die für andere Anwendungen zugelassen sind, auch gegen Corona wirken könnten. Hier habe die künstliche Intelligenz, also der Computer, tatsächlich erste Treffer erzielt, sagte Oelrich, der aber weder ins Detail gehen noch allzu große Hoffnungen wecken wollte. Bayer sei hier „im ständigen Austausch mit den Behörden“, ließ er lediglich wissen.

Insgesamt habe das Image von Bayer durch die Glyphosat-Klagen gelitten, räumte Baumann ein. Die Reputation des Konzerns werde regelmäßig gemessen. Allerdings sei das Ansehen vor allem in Deutschland und Frankreich gesunken. In den USA seien die Imagewerte dagegen stabil geblieben und in China sogar gestiegen.