Hamburg. Getränkekonzern will Hamburger Geschäftsstelle Ende September schließen. Gibt es schon Interessenten für das Grundstück?

Protestplakate, Demonstranten in gelben Warnwesten und Dutzende Holzkreuze mit den Namen der Betroffenen – gut 100 Beschäftigte der Hamburger Niederlassung von Coca-Cola haben am Mittwoch ihrem Unmut über die geplante Schließung des Standorts und dem damit verbundenen Wegfall von 85 der 193 Arbeitsplätzen Luft gemacht. Sie fordern den Erhalt der Geschäftsstelle in Bramfeld und der Jobs in der Hansestadt, die zum 30. September aufgelöst werde soll.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) klagt, die Coca-Cola-Beschäftigten würden „verraten und verkauft“. Die NGG und auch der Hamburger Betriebsratsvorsitzende Gernoth Koch widersprechen zudem der Aussage des Unternehmens, die Geschäftsstelle könne „nicht mehr wirtschaftlich“ betrieben werden. „Arbeit ist genug da“, sagen die Arbeitnehmervertreter.

Warum Coca Cola in Hamburg Jobs abbaut

Coca-Cola European Partners Deutschland hatte die Schließung der Standorte Hamburg, Münster, Ramstein, Kenn und Ziesendorf Ende Januar bekanntgegeben. Begründung: Der Weiterbetrieb der fünf Logistikstandorte sei nicht sinnvoll, weil die Kunden aus Handel und Gastronomie zunehmend direkt aus den Getränkewerken beliefert werden.

Einem Teil der knapp 100 in Hamburg betroffenen Lagerarbeiter, Fahrer, Verkaufsmitarbeiter, die per Telefon Kontakt zu den Kunden halten und den gewerblich Beschäftigten, die in der Werkstatt Getränkeautomaten reparieren, will das Unternehmen Arbeitsplätze an anderen Standorten anbieten.

Coca Cola: Ab Freitag wird verhandelt

Von Freitag an verhandeln Betriebsrat und Geschäftsführung über die Details. Mit der Kundgebung vor dem Betriebsgelände zwei Tage zuvor und fast vier Wochen nach Bekanntwerden der Pläne wollen Beschäftigte und Gewerkschaft Druck aufbauen. „Der Standort muss erhalten bleiben, die Schließung ist wirtschaftlich nicht notwendig“, sagt Betriebsratschef Koch über die Ziele des Gremiums.

Mindestens aber müssten die mehr als 30 Telefonarbeitsplätze in Hamburg bleiben und „so vielen Beschäftigten in Logistik und Werkstatt wie möglich ein Arbeitsplatz an einem Standort in der Region angeboten werden“. Etwa in Mölln, Neumünster oder Achim.

Nicht verhandelt wird dagegen etwa über Abfindungen. Die Modalitäten und Summen sind bereits in einem Haustarifvertrag festgeschrieben. Und sie sind selbst nach Einschätzung von Gewerkschaftssekretär Mansouri ungewöhnlich günstig für die Beschäftigten. „Für Coca-Cola werden Entlassungen richtig teuer. So teuer, dass es sich für das Unternehmen an sich nicht rechnen kann, den Standort zu schließen.“

Spekulationen um Grundstückskäufer

Dass das dennoch geschehen soll, weckt nun Argwohn und nährt Spekulationen. Soll die Geschäftsstelle trotz hoher Kosten deshalb schnell geschlossen werden, weil es Interessenten für das 26.800 Quadratmeter große Areal gibt, das teils Coca-Cola selbst gehört, teils in Erbpacht genutzt wird? „In der Belegschaft kursieren Gerüchte, ein großes Hamburger Unternehmen habe Interesse an dem Grundstück“, sagt Betriebsrat Koch. Er selbst sei wenige Tage vor der Schließungsmitteilung von Außenstehenden darauf angesprochen worden. In diesem Zusammenhang fällt immer wieder der Name Otto.

Die Zentrale des Onlinehändlers liegt direkt gegenüber auf der anderen Seite der Werner-Otto-Straße, weitere Unternehmen der Otto-Gruppe sind auch da, es gibt umfangreiche Investitionspläne. Die aber sollen ausschließlich auf bereits dem Konzern gehörenden Grundstücken realisiert werden, sagt ein Otto-Sprecher auf Abendblatt-Anfrage.

Fragen, ob das Unternehmen Interesse an dem Coca-Cola-Areal habe oder gar bereits Gespräche liefen, beantwort er unmissverständlich: „Nein." Der mit Otto eng verbandelte Einkaufscenter-Betreiber und Projektentwickler ECE erklärte auf Anfrage: "Eine konkrete Absicht bezüglich des genannten Grundstücks gibt es nicht."

Coca-Cola selbst teilte dem Abendblatt auf Anfrage mit: „Derzeit stehen die Gespräche mit den Mitarbeitern im Vordergrund. Über die ggf. Veräußerung des Geländes wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden.“

Idealer Standort für ein Hotel

Wie und wann auch immer: Das Interesse von Projektentwicklern und Investoren an den 2,7 Hektar Coca-Cola-Grundstück dürfte groß sein. Flughafen und Innenstadt sind je 15 Fahrminuten entfernt – fast ideal zum Beispiel für ein Hotel.

Nach einem Verkauf dürften die Tage der Hallen, in denen vor Jahrzehnten Boxlegende Max Schmeling das Erfrischungsgetränk produzieren ließ, gezählt sein. Auch das wollen die Beschäftigten noch abwenden. Betriebsrat Koch: „Coca-Cola muss in Hamburg weiter präsent sein.“