Vergleichsverhandlungen zur VW-Musterfeststellungsklage sind vorerst gescheitert. Streit über das Honorar für die Anwälte.

  • Ein Vergleich bei der VW-Musterfeststellungsklage im Dieselskandal ist gescheitert
  • Die Verbraucherzentrale und der Konzern hatten sich bereits auf eine Summe geeinigt
  • Nun eskaliert der Streit an der Höhe des Honorars für die Anwälte der Verbraucherzentrale

Berlin Entschädigung auch für deutsche VW-Dieselkunden im Abgasskandal: Die Kläger im Musterverfahren am Braunschweiger Oberlandesgericht sollen nun doch Geld vom Konzern bekommen. Insgesamt wolle man eine Summe von bis zu 830 Millionen Euro bereitstellen, teilte Volkswagen am Freitag mit. Zuvor hatte das Unternehmen die offiziellen Vergleichsverhandlungen mit dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) aufgekündigt - VW will die Sache lieber ohne die Verbraucherschützer regeln.

VW-Musterfeststellungsklage: Anwälte fordern 50 Millionen Euro

Die bereits ausgehandelten 830 Millionen Euro sollen „auch ohne die Unterstützung des Verbraucherzentrale-Bundesverbands“ angeboten werden, teilte das Unternehmen nach einer außerordentlichen Vorstandssitzung am Freitag mit.

Bereits Ende Januar hatten beide Seiten eine grundsätzliche Einigung über die Vergleichshöhe erzielt. Seither streiten VW und Verbraucherzentrale über eine pauschale Gebührenforderung der Anwälte, die in der Musterfeststellungsklage die Verbraucherzentrale vertreten.

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Die Kanzlei RUSS macht nach Informationen unserer Redaktion für die Abwicklung pauschal 50 Millionen Euro geltend und will dafür keinen konkreten Leistungsnachweis liefern.

Dieselskandal: Volkswagen will nicht zahlen

Die Forderung – rund 120 Euro pauschal pro Verbraucher – wolle die Kanzlei auch nicht von einem unabhängigen Dritten überprüfen lassen. Darauf besteht jedoch der VW-Konzern. Aus Schriftwechseln, die unserer Redaktion vorlagen, geht hervor, dass auch die Verbraucherzentrale sich für eine pauschale Abrechnung der Anwaltskosten ausspricht. Der vzbv hatte in einem Schriftwechsel eine Frist bis zu diesem Freitagmittag gesetzt.

„Einer unabhängigen rechtlichen Prüfung ihrer Gebührenordnung haben sie sich verweigert, eine Zahlung ohne einen ausreichend konkreten Leistungsnachweis oder ohne rechtlichen Grund ist für Volkswagen jedoch nicht möglich“, teilte der Konzern auf Anfrage mit. Nach Schriftwechseln geht hervor, dass der übliche Marktpreis für die Abwicklung eines solchen Vergleichs bei rund 17 Millionen Euro liegt.

Die Gebührenforderung der Anwälte bei der deutschen Musterfeststellungsklage liegt gemessen an der Vergleichssumme beim Sechsfachen dessen, was die Verteidiger im Zuge des Dieselskandals in den USA erhielten. Dort ging es um 16,7 Milliarden US-Dollar (15,4 Milliarden Euro) für die VW-Kunden, die Anwälte erhielten 175 Millionen.

Das ist die Musterfeststellungsklage

  • Bei der Musterfeststellungsklage geht es um die Grundsatzfrage, ob VW-Kunden infolge des Wertverlusts durch die Abgasmanipulationen Anspruch auf Entschädigung haben.
  • Bis zum Prozessbeginn vor dem Oberlandesgericht Braunschweig konnten sie sich kostenfrei in ein Klageregister beim Bundesjustizministerium eintragen.
  • Das neue Klageinstrument war im Zuge des VW-Dieselskandals geschaffen worden – der Konzern hatte bei weltweit elf Millionen Fahrzeugen die Abgasreinigung manipuliert.

Für die juristischen Folgen eines der größten Industrieskandale hat der Autokonzern weltweit bislang weit über 30 Milliarden Euro bezahlt, den Großteil in den USA.

In Deutschland stand der VW-Konzern einem Vergleich mit den 460.000 Verbrauchern zunächst skeptisch gegenüber. Der Autohersteller stellte den Wertverlust infrage, da die betroffenen Autos bis heute im Verkehr seien. Zum Prozessauftakt und auch bei einer Verhandlung im November hielt Volkswagen eine Einigung noch für „kaum vorstellbar“. Das Gericht drang aber auf Vergleichsverhandlungen. Parallel zur Musterfeststellungsklage laufen bundesweit mehrere zehntausend Einzelklagen gegen VW.

VW und Verbraucherzentrale verhandelten

Anfang Januar kamen VW und Verbraucherzentrale dann tatsächlich an einen Tisch. Zwischenzeitlich stand eine Entschädigungssumme von mehreren Milliarden Euro im Raum. Wäre der Vergleich zustande gekommen, hätten dem über 70 Prozent der im Klageregister eingetragenen Verbraucher zustimmen müssen. Geht der Prozess dagegen mit einem Urteil zu Ende, müssten die 460.000 mögliche Ansprüche anschließend einzeln mit hohem Aufwand und Kosten einklagen.

Die Anwälte der beteiligten RUSS-Kanzlei hatten noch im Dezember zu Protokoll gegeben, sie teilten sich das übersichtliche Honorar von 7530,80 Euro – bei der Musterfeststellungsklage gegen VW handele es sich um ein „Prestigeverfahren“ und damit um gute Werbung für die Kanzlei.

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Die Dieselaffäre beschäftigt Autohersteller und Gerichte seit Jahren. Erst vor wenigen Tagen wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Sechs weitere Mitarbeiter wurden im VW-Dieselskandal angeklagt. Kunden treibt dabei vor allem eine Frage um: Wie kommen VW-Fahrer jetzt noch an ihr Geld?