Hamburg. Hapag-Lloyd verbietet Landgänge, Otto setzt auf Homeoffice, Werke von Jungheinrich und Lufthansa Technik sind geschlossen.

Mehr als 130 Hamburger Firmen haben laut Handelskammer in China Niederlassungen. Für den Hafen ist das Reich der Mitte der mit Abstand wichtigste Handelspartner. Mehr als jeder vierte Container kommt von dort oder geht dorthin. Die Geschäftsbeziehungen mit dem Riesenstaat sind vielfältig. Für Hans Fabian Kruse, den Präsidenten des Außenhandelsverbands AGA, gibt es daher keinen Zweifel: „Das Coronavirus wird sich auf die Dispositionen der Hamburger Wirtschaft auswirken.“

Da im Großraum Shanghai und anderen Gebieten Chinas bis zum 10. Fe­bruar ein Zwangsurlaub verkündet wurde, werde dort in vielen Büros derzeit nicht gearbeitet, sagt Kruse: „Die Disposition und die Verladung von Waren laufen nicht normal, Aufträge werden so verzögert.“ Das Abendblatt machte eine Umfrage bei Hamburger Firmen, wie sie auf das Coronavirus reagieren.

Hapag-Lloyd-Sprecher wegen Coronavirus in Sorge

„Wir betrachten die Entwicklungen in China mit Sorge“, sagte ein Sprecher der Reederei Hapag-Lloyd. Die Schiffe fahren bislang ganz normal weiter dorthin. Allerdings werden Schiffsbesatzungen dort nicht mehr gewechselt. Die Crews sollen in China nicht mehr von Bord gehen und Atemmasken tragen.

Der Kaffeeröster und Einzelhändler Tchibo, der einen Großteil seiner Non-Food-Artikel aus China bezieht, schränkt Dienstreisen von und nach China ein. Die etwa 100 Mitarbeiter der Niederlassung in Hongkong arbeiteten aktuell weitgehend von zu Hause aus. Zu wirtschaftlichen Auswirkungen für das Unternehmen konnte ein Sprecher noch keine Angaben machen: „Je nachdem, wie lange es dauert, lassen sich Schäden nicht ausschließen.“ Auch Lieferengpässe seien möglich.

Otto Gruppe schließt Büros

Die Otto Gruppe schloss inzwischen alle vier Büros der Tochter Otto International in China, die dort den Einkauf für den gesamten Konzern erledigen. Betroffen sind etwa 650 Mitarbeiter in Hongkong, Shanghai, Dongguan und Qingdao, die derzeit mobil von zu Hause arbeiten. Geschäftsreisen für Otto-Mitarbeiter in die Provinz Hubei rund um Wuhan, etwa um Lieferanten zu besuchen oder an Messen und Konferenzen teilzunehmen, sind derzeit untersagt. Reisen in andere Regionen des Landes sollen möglichst verschoben werden.

Der Gabelstaplerbauer Jungheinrich betreibt in der Stadt Qingpu, die zwischen Shanghai und Wuhan liegt, ein eigenes Produktionswerk. Dessen etwa 400 Mitarbeiter sind im Zwangsurlaub. Die Produktion ruht, weil der Neujahrsurlaub dort bis 10. Februar ausgeweitet wurde. Produziert wird in Qingpu überwiegend für Asien. Auch die China-Zen­trale der Firma ist betroffen. Jungheinrich hat mehrere Dutzend deutsche Mitarbeiter in China stationiert. „In allen Bereichen des Werkes sowie in den Büros werden die Hygienevorgaben intensiviert und zusätzliche Desinfektionsmittel, Handschuhe und Mundschutz zur Verfügung gestellt“, so der Sprecher.

Das Coronavirus:

  • Die Symptome sind Fieber, Husten und Kurzatmigkeit
  • Die Inkubationszeit des Coronavirus' beträgt sieben Tage
  • Seinen Ursprung hat das Coronavirus auf einem Fischmarkt in Wuhan

Im Werk von Lufthansa Technik in Shenzhen mit 600 Mitarbeitern sind derzeit ebenfalls Ferien. Krankheitsfälle in der Belegschaft gebe es bisher nicht.

Der Kosmetikkonzern Beiersdorf hat in Wuhan ein Forschungs- und Entwicklungslabor mit etwa 30 Mitarbeitern. Zudem gibt es in der Provinz Hubei ein Werk mit 70 Mitarbeitern, in dem Haarpflegeprodukte hergestellt werden. Wegen des ausgeweiteten Neujahrsfestes ruht dort aktuell der Betrieb. Ein weiteres Werk ist in Shanghai. Sowohl an Büro- als auch an Produktionsstandorten seien Maßnahmen ergriffen worden wie wirksame Desinfektion der gesamten Einrichtung, Homeoffice und Reisebeschränkungen. Es sei noch zu früh, alle Konsequenzen zu erfassen, sagte eine Sprecherin: „Dennoch haben wir damit begonnen, potenzielle Risiken in der Wertschöpfungskette und mögliche Auswirkungen auf den diesjährigen Geschäftsplan zu planen.“

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Erwartet Verzögerungen bei der Auftragsbearbeitung: AGA-Präsident Hans Fabian Kruse.
Erwartet Verzögerungen bei der Auftragsbearbeitung: AGA-Präsident Hans Fabian Kruse. © Roland Magunia

Beim Medizingerätehersteller Weinmann sind die Auswirkungen noch überschaubar. Die Firma bezieht Komponenten etwa von Defibrillatoren aus China, hat einstweilen aber genügend davon auf Lager. „Von unseren Entwicklungsprojekten werden sich aber einige verzögern“, sagte Weinmann-Chef André Schulte. Die 15 Beschäftigen in Shanghai arbeiten vorerst im Homeoffice. Verbandschef Kruse rät angesichts der Lage und trotz der momentan verzögerten Lieferungen ohnehin zur Gelassenheit: „Das ist nichts, was nicht im Laufe des Jahres wieder aufgeholt werden kann.“