Hamburg. Firmen in der Region überraschen mit neuen Produkten. In diesem Serienteil: Neues vom Tannenbaumkränze-Hersteller Gartmann.

Wer in eine Schokoladen-Dynastie mit jahrhundertelanger Familientradition geboren wird, kann die Süßigkeit eigentlich nur sehr mögen – oder hassen. Corinna Gartmann liebt Schokolade. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass im Wohnzimmer ihrer Familie in Sasel ein ganz besonderes Erbstück steht: ein original Gartmann-Schokoladen-Automat. „Heute ist es eine Rarität, vor 100 Jahren standen die Maschinen an vielen Stellen in der Stadt“, sagt die Hamburgerin, die die C.H.L. Gartmann in siebter Generation gemeinsam mit ihrem Vater führt.

Für 10 Pfennige ließ sich damals eine Rolle mit Schokodrops im Vorbeigehen ziehen. Dazu gab es in jedem Paket ein Sammelbild mit Motiven aus Märchen, Sport, Schiffen oder in Kriegszeiten auch schon mal mit Panzern, die in Alben mit Leinenumschlag verwahrt wurden. „Das waren quasi Vorläufer der Panini-Bilder“, sagt Corinna Gartmann. Auch wenn die Automaten längst aus dem Straßenbild verschwunden sind, gibt es immer noch Sammler. Bis heute bekommen die Gartmanns Anfragen nach seltenen Motiven aus der ganzen Welt.

Bekannt sind die Gartmann-Tannenbaumkränze

Bekannt ist das Hamburger Unternehmen aber vor allem für die Gartmann-Tannenbaumkränze, die jedes Jahr zur Weihnachtszeit in den Geschäften liegen. Die Kringel, bestreut mit weißen oder rosafarbenen Zuckerperlen, sind in vielen Familien absolutes Pflichtprogramm. In der Adventszeit werden sie schon bis nach Australien verschickt. Lange war es das einzige Produkt der hanseatischen Schokofabrikanten. Jetzt gibt es erstmals seit mehreren Jahrzehnten wieder eine Innovation.

Im September hat Corinna Gartmann ein Sortiment an Schoko-Crunchies auf den Markt gebracht. „Ich habe schon als Kind die Mischung aus Schokolade und Cerealien geliebt“, sagt sie. Früher hat sie beides auch schon im Wasserbad zusammengerührt. Daraus hat sie gemeinsam mit ihrem Produzenten ihre Version von Schoko-Crunchies entwickelt. „Mein Wunsch ist es, die Marke Gartmann wieder aufleben zu lassen“, sagt die 41-jährige Schokoladen-Erbin.

Seit 1810 eine hanseatische Schokoladendynastie

1810 hatte Esajas Gartmann das Unternehmen im damals dänischen Altona als Konditorei gegründet. Das Geschäft florierte. Die Familie baute bald die erste Schokoladenfabrik mit Dampfmaschine. Für richtigen Schwung sorgte Christian Heinrich Louis Gartmann, Inhaber in der dritten Generation, der dem Unternehmen den heutigen Namen C.H.L. Gartmann gab. Er ist sowohl der Erfinder der „Gartmann Tannenbaum-Schokoladenkränze“, die erstmalig im Jahr 1900 im Hamburger Fremdenblatt beworben wurden, als auch der Gartmann-Schokoladen-Automaten.

Unter verschiedenen Familienkonstellationen wurde die Firma größer, bis im Zweiten Weltkrieg Teile der Fabriken zerstört wurden. Der Großvater von Corinna Gartmann baute mit seinem Bruder die Produktion mit reduziertem Angebot zunächst wieder auf. In den 70er-Jahren verkaufte die Familie die Anlagen. Übrig blieben die Gartmann-Kringel. 1994 übernahm der heutige Inhaber, Dieter Gartmann, im Hauptberuf selbstständiger Kaufmann. Tradition verpflichtet.

Altes Familienrezept

„Unsere Tannenbaumkränze werden bis heute nach dem alten Familienrezept hergestellt“, sagt Corinna Gartmann, die vor 20 Jahren in das Geschäft mit den Weihnachtsleckereien eingestiegen war. Produziert wird bei einem Hersteller in Deutschland. Auch die weiße Pappschachtel mit dem charakteristischen Schriftzug ist unverändert. „In den vergangenen Jahren ist die Nachfrage laufend gestiegen“, sagt sie. Gab es die Kringel lange ausschließlich in Hamburg und Umgebung, waren sie in der vergangenen Saison dank Listungen bei Galeria Karstadt Kaufhof oder Manufactum in ganz Deutschland erhältlich. Zu den Mengen äußert die erste Frau an der Spitze des Familienunternehmens sich nicht. „Aber“, so die Diplom-Kauffrau, „wir wollen weiterwachsen.“

Parallel hat sie Anfang 2019 ihr Start-up CMMA Gartmann für den Onlinehandel und die Neuentwicklungen gegründet. Die Abkürzung steht – in der Tradition ihres erfolgreichen Vorfahrens – für ihre Vornamen Corinna Marion Maruri Annette. Für die Schoko-Crunchies verwendet sie Cerealien aus Italien, die langsam geröstet werden, bevor sie mit den verschiedenen Schokomischungen überzogen werden. „So bleiben sie knusprig“, sagt die Unternehmerin. Wichtig ist ihr, dass die Qualität stimmt. Die erste Resonanz der Kunden ist positiv. Aktuell sind vier Sorten auf dem Markt, Bestseller ist Salz-Karamell. Als Nächstes soll eine scharfe Variante kommen.

Sie hat auch ein kleines Biosortiment entwickelt

Absatzzahlen nennt Corinna Gartmann nicht. Aber klar ist, dass sie ihre Schoko-Crunchies in diesem Jahr deutschlandweit in die Läden bringen will. Eine Vertriebsmitarbeiterin ist bereits eingestellt. Parallel hat die zweifache Mutter ein kleines Biosortiment entwickelt, das sie online und über einige Unverpackt-Läden in Hamburg vertreibt. Dabei soll es nicht bleiben. „Ich habe noch viele Ideen und kann mir auch vorstellen, die alten Gartmann-Sorten wieder aufleben zu lassen.“ Vielleicht auch aus dem Automaten. Ihr großer Traum: eine eigene Schokoladenfabrik.

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Knackig im Biss, interessante Geschmacksvarianten, aber künstliche Zusatzstoffe

  • Produkt: Die Schoko-Crunchies von Gartmann gibt es in den Geschmacksrichtungen: Lakritz-Vollmilch, Minze-Zartbitter, Lakritz-Zartbitter und Karamell-Vollmilch. Sie werden in wieder verschließbaren Tüten in verschiedenen Pastellfarben angeboten.
  • Inhaltsstoffe/Nährwerte: Die Crunchies bestehen aus Mais-Cornflakes, die mit einer Schokoladenmischung mit verschiedenen Geschmacksstoffen überzogen werden. Der Zuckergehalt variiert je nach Sorte zwischen 22 Gramm (Minze) und 44 Gramm (Karamell). Pro 100 Gramm sind es etwa 500 Kilokalorien. Minuspunkt: Auch künstliche Zusatzstoffe, u.a. Schellack (Lakritze) sowie Palmfett, werden verarbeitet.
  • Verpackung: In den Tüten ist viel Luft. Die Produzentin erklärt das damit, dass die Crunchies sonst verklumpen und zerkrümeln. Die Verpackung besteht aus Plastik- und Aluminium-Material und ist daher kaum wiederverwertbar. Geschmack: Schon lecker. Das Urteil reicht von „Schoko-Lakritz-Geschmack wunderbar komponiert“ über „Meersalz im Abgang interessant“ bis „weniger süß als die Konkurrenz“. Positiv wurde auch die Knackigkeit der Crunchies bewertet.
  • Preis/Verfügbarkeit: Eine Tüte mit 125 Gramm kostet 2,95 Euro. Der Preis liegt damit deutlich über dem Konkurrenz-Produkt Choco Crossies von Nestlé (etwa 1,99 Euro für 150 Gramm). Erhältlich ist das Produkt in zahlreichen Supermärkten und Feinkostläden sowie im Onlineshop unter gartmannschokolade.de
  • Fazit: Ein Produkt für die unvernünftigen Momente im Leben und eine Geschmacksalternative zu Choco Crossies. Urteil der Tester: zwischen 3,5 und 4,5 Sternen. Wir geben vier Sterne.