Wolfsburg/San Francisco. Fast hätten sie im Dieselskandal zusammengearbeitet, nun geht VW gegen Ex-FBI-Chef Louis Freeh vor. Der Vorwurf: Geheimnisverrat.

Volkswagen erhebt schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen FBI-Chef Louis Freeh. Dabei war der sogar einmal kurz davor, dem Autohersteller dabei zu helfen, die Dieselaffäre aufzuarbeiten. Gerade daraus entspringen nun allerdings die Probleme.

Denn Freeh arbeitet inzwischen für die andere Seite, unterstützt Anwälte privater Kläger gegen VW. Und soll nun auch noch zum Gutachter in Schadenersatz-Prozessen in den USA berufen werden – was VW vereiteln will.

VW-Dieselaffäre: Ex-FBI-Chef soll Interna verkauft haben

Der Wolfsburger Konzern wirft Freeh Geheimnisverrat vor. Er soll interne Informationen des Managements an die Klägeranwälte weitergegeben oder gar verkauft haben, wie das Online-Wirtschaftsmagazin „Business Insider“ am Mittwoch berichtete.

Bei Volkswagen hieß es, man lehne Freeh als hinzugezogenen Experten bei Diesel-Klagen in den Vereinigten Staaten ab. Ein entsprechender Antrag sei bei einem Gericht in San Francisco eingereicht worden. Es gebe klare Hinweise, die darauf schließen ließen, dass er seine derzeitigen Auftraggeber mit vertraulichen Unterlagen und Aussagen aus der Zeit der Verhandlungen mit dem deutschen Konzern versorgt habe.

US-Prozesse kosteten VW mehr als 30 Milliarden Euro

Eigentlich sind die wesentlichen Prozesse rund um „Dieselgate“ in den USA inzwischen abgeräumt. Nach einem auch strafrechtlich relevanten Schuldeingeständnis wegen des Abgasbetrugs hatte sich VW Anfang 2017 mit der Regierung in Washington auf einen Milliardenvergleich verständigt.

Auch zahlreiche Kunden und Händler wurden – anders als in Europa – entschädigt, der Konzern verbuchte mittlerweile mehr als 30 Milliarden Euro an Rechtskosten. Doch es gibt weiterhin einzelne Verbraucher, die klagen – ähnlich wie in Deutschland, wo etliche Kunden wieder vom allgemeinen Musterverfahren gegen VW absprangen.

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    Freeh fiel bei VW wegen zu hoher Honorarforderungen durch

    Im Falle Freehs als Gutachter sehen die Wolfsburger allerdings einen schwerwiegenden Interessenkonflikt. Denn der Ex-Staatsanwalt, der nun die Klägerseite vertritt, war im Januar 2016 aufgrund von hohen Honorarforderungen und nach Widerstand aus dem Betriebsrat bei VW durchgefallen. Einer seiner Anwälte sagte dem Magazin, man sitze an einer Erwiderung zum VW-Antrag, Freeh nicht als Gutachter zuzulassen.

    Der heute 70-Jährige – während der Amtszeit Bill Clintons als US-Präsident (1993 bis 2001) Direktor des FBI – war auch schon als „Aufpasser“ von US-Behörden nach einer Schmiergeldaffäre bei Daimler aktiv und saß dort in einem „Integritätsbeirat“.

    Beim Konkurrenten Volkswagen wacht dagegen Larry Thompson, einst Staatssekretär im US-Justizministerium, über die Umsetzung schärferer Verhaltensregeln und Informationspflichten, zu denen sich der Autohersteller nach dem Auffliegen des Dieselskandals bereiterklärt hatte. Thompson stellte VW im vergangenen September ein verbessertes Zwischenzeugnis aus, im Sommer soll sein Abschlussbericht folgen.

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    Die Dieselaffäre beschäftigt Autohersteller und Gerichte seit Jahren. Erst vor wenigen Tagen wurden die Ermittlungen ausgeweitet. Sechs weitere Mitarbeiter wurden im VW-Dieselskandal angeklagt. Kunden treibt dabei vor allem eine Frage um: Wie kommen VW-Fahrer jetzt noch an ihr Geld?

    (dpa/cho)